Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerspruch im Verteilungsverfahren. Konkursverwalter. Dingliches Vorkaufsrecht des Gemeinschuldners. Zwangsversteigerung. Vorläufiger Teilungsplan. Wertersatz 2 % des Verkehrswerts. Möglichkeit der besonderen Nutzung des Grundstücks
Leitsatz (redaktionell)
- Dingliche Vorkaufsrechte zu Gunsten eines Gemeinschuldners erlöschen durch den Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Der entsprechende Wertersatz gem. § 92 ZVG beläuft sich auf 2 % des nach dem Sachverständigengutachten ermittelten Verkehrswerts der versteigerten Grundstücke.
- Bei der Ermittlung des Wertersatzes ist auf das tatsächliche Interesse am Fortbestehen des Vorkaufsrechts abzustellen. Ein besonderer wirtschaftlicher Verlust könnte für den Vorkaufsberechtigten vorliegen, wenn das versteigerte Grundstück nur für ihn eine besondere Bedeutung gehabt hätte, z. B. eine besondere Nutzungsmöglichkeit o.ä..
Normenkette
ZVG §§ 90-91, 92 Abs. 1; BGB § 505 Abs. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 2.400,– DM vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
Der Kläger ist Konkursverwalter über das Vermögen des …. Zu Gunsten des Gemeinschuldners waren im Grundbuch von … Bd. … Bl. … in Abt. II unter den lfd. Nrn. 14 u. 15 zwei dingliche Vorkaufsrechte für alle Verkaufsfälle eingetragen. Dieses Grundstück (Flurstück 40/16 mit der Größe 38 m² sowie Flurstück 40/24 mit der Größe 20 a 43 m²) wurde zwangsversteigert. Nach dem Gutachten des Sachverständigen … vom 11. April 1985 betrug der Verkehrswert des Flurstücks 40/24 465.000,– DM, der des Flurstücks 40/16 1.500,– DM. Wegen der Einzelheiten des Gutachtens wird auf Bl. 25 ff der Beiakten … des Amtsgerichts Alfeld verwiesen.
Den Zuschlag erhielt in der Zwangsversteigerung Herr Tam-Wedig von Flemming aus Alfeld zu einem Gebot von 285.000,– DM.
Durch den Zuschlag sind die dinglichen Vorkaufsrechte des Klägers erloschen, § 90, 91 ZVG. Der Kläger machte daraufhin im Verteilungsverfahren Wertersatz gemäß § 92 ZVG in Höhe von insgesamt 39.329,33 DM geltend. Hiervon hat das Amtsgericht im vorläufigen Teilungsplan vom 17.4.1989 (Bd. II Bl. 69 ff. der Beiakten) lediglich 9.300,– DM für das Flurstück 40/24 sowie 30,– DM für das Flurstück 40/16 berücksichtigt. Diese Festsetzung entspricht 2 % des nach dem Sachverständigengutachten anzunehmenden Verkehrswerts.
Der Kläger hat gegen den vorläufigen Teilungsplan vom 17.4.1989 Widerspruch eingelegt und verfolgt nunmehr im Klageverfahren sein Begehren fort. Nachdem die Beklagte, für die im vorläufigen Teilungsplan vorrangig 153.480,66 DM berücksichtigt worden sind, einer anderweitigen Verteilung widersprochen hatte, ist der streitige Differenzbetrag in Höhe von 29.999,33 DM hinterlegt worden. Diesen beansprucht der Kläger mit der Behauptung, die Vorkaufsrechte hätten das belastete Grundstück in erheblichem Maße behindert. Dies sei bei der Bewertung der Vorkaufsrechte zu berücksichtigen. Er meint, der Wert des Vorkaufsrechts habe sich an dem Schaden zu orientieren, den der Kläger dadurch erleide, daß er infolge des Erlöschens in künftigen Fällen der Veräußerung das Vorkaufsrecht nicht mehr geltend machen kann.
Der Kläger beantragt:
Der Widerspruch des Klägers gegen den Teilungsplan des Amtsgerichts Alfeld vom 17. April 1989 im Verteilungsverfahren – … – ist begründet. Der Teilungsplan wird dahin geändert, daß der Kläger mit seiner Forderung in Höhe von 29.999,33 DM vor derjenigen der Beklagten zu befriedigen ist. Die Beklagte wird verurteilt, einer Auszahlung dieses Betrages vom Sonderkonto bei der Volksbank Alfeld Konto-Nr. … an den Kläger zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält die Wertfestsetzung mit 2 % des Verkehrswerts für die weggefallenen Vorkaufsrechte für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze der Parteien sowie der von ihnen überreichten Unterlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist nicht begründet. Die infolge der Zwangsversteigerung weggefallenen Vorkaufsrechte des Gemeinschuldners sind mit 9.300,– DM bzw. 30,– DM, was einem Anteil von 2 % des im Gutachten ermittelten Verkehrswerts der Grundstücke entspricht, zutreffend bewertet worden.
Gemäß § 92 Abs. 1 VG tritt an die Stelle des durch Zuschlag erloschenen Vorkaufsrecht der Anspruch auf Ersatz des Wertes aus dem Versteigerungserlös. Das Gericht hat die Höhe dieses Anspruchs auf Wertersatz zu ermitteln, wobei bei der Ersatzwertfestsetzung das tatsächliche Interesse am Fortbestehen des Rechts zu berücksichtigen ist.
Die Kammer schließt sich der herrschenden Auffassung (vgl. etwa Steiner/Eickmann, Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung, 9. Aufl. Bd. 1 § 92 Rdnr. 49; Stoll, BB 1953, S. 49; Sichtermann, BB 1953, S. 543, jeweils m.w.N.) an, wonach im Normalfall der Wert des Vorkaufsrechts mit 2 % des Grundstückswerts anzusetzen ist. Dies rechtfertigt sich daraus, daß das Vorkaufsrecht ...