Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumungsvollstreckung nach § 885 Abs. 1 ZPO nach Zuweisung der Ehewohnung an einen Ehegatten
Leitsatz (amtlich)
Eine auf Räumung gerichtete Zwangsvollstreckung aus einem Beschluss des Familiengerichts, in dem einem Ehepartner die gesamte Ehewohnung zur alleinigen Nutzung zugewiesen wird, ist unzulässig, wenn in dem Beschluss eine Aufforderung an den Schuldner, die Wohnung binnen bestimmter Frist zu räumen, nicht enthalten ist.
Normenkette
ZPO § 885 Abs. 2, § 620 Ziff. 7
Verfahrensgang
AG Itzehoe (Beschluss vom 26.04.1985; Aktenzeichen 24 M 854/86) |
Tenor
Der Gerichtsvollzieher …, Itzehoe, wird unter Änderung des angefochtenen Beschlusses angewiesen, Zwangsvollstreckungsmaßnahmen aus Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts – Familiengericht – Itzehoe vom 26. April 1985 nicht in Form der Räumung (§ 885 Abs. 1 ZPO) zu unternehmen.
Die Gläubigerin trägt die Kosten des Verfahrens bei einem Beschwerdewert von 2.400,– DM.
Gründe
Die nach § 793 ZPO zulässige Beschwerde hat in der Sache Erfolg.
Ziffer 2 des Beschlusses des Amtsgerichts Itzehoe – Familiengericht – vom 26. April 1985, aus dem der Gerichtsvollzieher im Auftrag der Gläubigerin vollstreckt, bietet keine hinreichende Grundlage für eine auf Räumung gerichtete Zwangsvollstreckung nach § 885 Abs. 1 ZPO. Ziffer 2 des Beschlusses lautet:
„Der Antragstellerin wird die gesamte in …, belegene eheliche Wohnung in dem Einfamilienhaus zur alleinigen Nutzung zusammen mit ihren drei Kindern …, und … zugewiesen.”
Diesem Ausspruch fehlt eine Aufforderung an den Schuldner, die Wohnung – binnen einer bestimmten Frist – zu räumen. Eine auf Räumung gerichtete Zwangsvollstreckung ist ohne einen solchen Räumungsausspruch nicht rechtens (Zöller, Kommentar ZPO § 620 Anm. 8 c; Stein-Jonas, Kommentar ZPO § 885 Anm. I).
Der Entscheidung des OLG Hamburg (Familienrecht 1983, 1151), auf die sich das Amtsgericht für seine abweichende Meinung beruft, ist nichts anderes zu entnehmen. Sie ist auf die nach § 620 c ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Ehemanns jenes Verfahrens gegen den Beschluß des Amtsgerichts – Familiengericht – Hamburg vom 14. Juni 1983 (291 F 97/83 – H –) ergangen, durch den die Ehewohnung der Ehefrau zur alleinigen Nutzung zugewiesen worden ist. Diese Entscheidung befaßt sich – wie eine nähere Auseinandersetzung mit den Gründen ergibt – nicht mit der vorliegenden Problematik, sondern mit der Frage der – grundsätzlichen – Zulässigkeit der Räumungsvollstreckung nach § 885 Abs. 1 ZPO im Rahmen des § 620 Ziffer 7 ZPO, was bejaht wird. Aus der dem OLG-Beschluß zugrundeliegenden oben genannten Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg ergibt sich demgegenüber aber, daß nicht nur – wie hier – die Ehewohnung der Ehefrau zur alleinigen Nutzung unter Ausschluß des Ehemannes mit Wirkung ab 1. Juli 1983 zugewiesen worden ist, sondern daß gleichzeitig dem Ehemann auf gewiesen worden ist, bis spätestens zu dem genannten Zeitpunkt die Wohnung zu räumen. An diesem Ausspruch fehlt es vorliegend aber gerade.
Enthält danach die dem Beschluß des OLG Hamburg zugrundeliegende Entscheidung einen Räumungstitel, so stellt es keinen Widerspruch zu der hier vertretenen herrschenden Meinung dar, wenn in der Kommentarliteratur zum Beweis dafür, daß eine Entscheidung nach § 620 Ziff. 7 ZPO nach § 885 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken ist, auf eben diese Entscheidung des OLG Hamburg verwiesen wird.
Die hiervon abweichende Meinung des OLG Köln (Beschluß vom 25.1.1986, MDR 66, 761), wonach aus einem Vergleich, in welchem sich der geschiedene Ehegatte verpflichtet, dem anderen Ehegatten die alleinige Nutzung der ehelichen Wohnung zu überlassen, nach § 885 Abs. 1 ZPO zu vollstrecken sei, obwohl ein Räumungsausspruch fehlt, wird demgegenüber – soweit ersichtlich – nur noch von Stein-Jonas (a.a.O.) vertreten, allerdings mit der hier wesentlichen Einschränkung, daß bei der Zuweisung der Ehegattenwohnung an einen Ehegatten nach § 620 Ziff. 7 ZPO (ohne besonderen Räumungsausspruch) nur eine Zwangsvollstreckung nach § 890 ZPO in Betracht komme, da hier der Erfolg des § 885 Abs. 1 ZPO (objektiv) nicht gewollt sei.
In diesem Zusammenhang ist nicht zu klären, ob aus einem auf Zuweisung und Räumung lautenden Beschluß des Familiengerichts nach § 620 Ziff. 7 ZPO wegen des vorläufigen Charakters der Zuweisung überhaupt nach § 885 Abs. 1 ZPO vollstreckt werden darf (so die o.g. Entscheidung des OLG Hamburg und Baumbach-Lauterbach a.a.O.) oder ob nur eine Entscheidung nach § 888 ZPO in Betracht kommt (so OLG Köln, Familienrecht 1983, 1231).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 788 ZPO, die Festsetzung des Beschwerdewerts auf § 20 Abs. 2 Satz GKG.
Fundstellen