Verfahrensgang
AG Norderstedt (Urteil vom 08.07.2010; Aktenzeichen 44 C 845/09) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Norderstedt vom 08. Juli 2010 – Aktenzeichen: 44 C 845/09 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten des Berufungsrechtszuges.
Gründe
Auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil wird gemäß § 540 l Nr. 1 ZPO Bezug genommen.
Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache keinen Erfolg.
Der unter TOP 4 gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung vom 11.05.2009 entspricht nicht ordnungsgemäßer Verwaltung und ist daher zu Recht vom Amtsgericht für ungültig erklärt worden.
Die Wohnungseigentümer sind grundsätzlich berechtigt, über eine schon geregelte gemeinschaftliche Angelegenheit erneut zu beschließen, wobei die Befugnis dazu sich aus der autonomen Beschlusszuständigkeit der Gemeinschaft ergibt (BGHZ 113, 197, 200).
Entgegen der Auffassung der Beklagten enthält der Beschluss zu TOP 5 der Versammlung vom 20.05.2008 nicht lediglich eine allgemeine Regelung, wie mit defekten Fenstern zu verfahren ist. Beschlüsse sind wie im Grundbuch eingetragene Erklärungen aus sich heraus – objektiv und normativ – auszulegen. Umstände außerhalb des protokollierten Beschlusses dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles für jedermann ohne weiteres erkennbar sind, z.B. weil sie sich aus dem – übrigen – Versammlungsprotokoll ergeben (BGH NJW 1998, 3713). Aus dem Versammlungsprotokoll ergibt sich, dass die Wohnungseigentümer über den Antrag der Kläger entschieden haben, die Ladenfenster komplett erneuern zu lassen. Der Beschluss legt zwar allgemein fest, wie bei angezeigten defekten Fenstern hinsichtlich der Entscheidung, ob diese repariert oder erneuert werden, zu verfahren ist. Auch regelt er allgemein, dass die Kosten der Reparaturen oder Erneuerungen aus der Instandhaltungsrücklage zu begleichen sind. Bezogen auf den Antrag der Kläger, beinhaltet der Beschluss aber die Verpflichtung der Verwalterin gemäß § 27 l Nr. 1 WEG, nunmehr in den Ladengeschäften der Klägerin den Reparatur- und Erneuerungsbedarf festzustellen, die entsprechenden Arbeiten in Auftrag zu geben und die Bezahlung aus der Instandhaltungsrücklage vorzunehmen.
Der seitens der Kläger angefochtene Beschluss zu TOP 4 in der Eigentümerversammlung vom 11.05.2009 regelt in Abänderung des Beschlusses zu TOP 5 der Versammlung vom 20.05.2008, wie mit den u.U. auch von den Klägern angezeigten Wünschen nach Reparatur bzw. Fenstererneuerung zu verfahren ist. Die angezeigten Wünsche werden genehmigt. Für diese Reparaturen/Fenstererneuerungen wird aber eine nach § 16 IV WEG abweichende Regelung zur Kostenverteilung beschlossen, und zwar dahingehend, dass die Wohnungs- und Teileigentümer der betreffenden Einheiten die Kosten der Maßnahmen selbst zu tragen haben.
Bei dem Beschluss zu TOP 4 der Versammlung vom 11.05.2009 handelt es sich um einen den zu TOP 5 der Versammlung vom 20.05.2008 gefassten Beschluss abändernden Zweitbeschluss. Wie bereits oben ausgeführt, ist ein abändernder Zweitbeschluss grundsätzlich zulässig. Jeder Wohnungseigentümer kann jedoch verlangen, dass durch den Zweitbeschluss schutzwürdige Belange aus dem Inhalt und Wirkungen des Erstbeschlusses berücksichtigt werden (BGHZ 113, 197 (200); OLG Schleswig ZWE 2007, 51 (55); OLG München ZMR 2008, 560 (561)).
Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung am 20.05.2008 war den beschließenden Wohnungseigentümern aufgrund des Textes in der Einberufung der Eigentümerversammlung, aber auch nach den protokollierten Erläuterungen in der Versammlung bekannt, dass gemäß § 16 IV WEG mit einer qualifizierten Mehrheit eine Kostentragungspflicht der Kläger selbst für die Fenster in ihren Ladengeschäften beschlossen werden konnte. Von dieser Möglichkeit haben die Wohnungseigentümer keinen Gebrauch gemacht, sondern durch die Regelung, dass die Kosten der Instandhaltungsrücklage zu entnehmen sind, mithin das letztlich der in § 3 der Teilungserklärung vereinbarte gesetzliche Verteilungsschlüssel gemäß § 16 II WEG zur Anwendung kommt, den Klägern eine günstige Rechtsposition verschafft. Diese Rechtsposition durften die Wohnungseigentümer den Klägern ohne sachlichen Grund nicht entziehen. Ein solcher sachlicher Grund ist nicht gegeben. Er kann insbesondere nicht, wie die Beklagten meinen, darin gesehen werden, dass andere Wohnungseigentümer in Verkennung der Rechtslage die Kosten für Fensterreparaturen bzw. Erneuerungen selbst getragen haben. Soweit im Schrifttum die Auffassung vertreten wird, die Rechtmäßigkeit des Zweitbeschlusses unterliegt keinen besonderen Schranken (Jennißen/Elzer, WEG, vor §§ 23 bis 25, Rdnr. 113 ff.), ist dem nicht zu folgen, da diese Ansicht zur Folge hätte, dass die Einwendungsausschlußwirkung der Anfechtungsfrist nach §§ 23 IV, 46 WEG, die den Rechtsfrieden der Gemeinschaft dient, fortan praktisch ins Leere liefe. Die nachträgliche Änderung eines im Erstbeschluss bestandskräftig festgelegten Verte...