Entscheidungsstichwort (Thema)
Straßenverkehrsgefährdung. Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluß
Verfahrensgang
AG Kaiserslautern (Beschluss vom 16.07.1990) |
Tenor
Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung des früheren Angeklagten gegen den Festsetzungsbeschluß des Rechtspflegers beim Amtsgericht Kaiserslautern vom 16. Juli 1990 wird kostenfällig verworfen.
Gründe
Durch rechtskräftiges Urteil des Amtsgerichts Kaiserslautern vom 08. Mai 1990 ist der Angeklagte freigesprochen worden, die ihm entstandenen notwendigen Auslagen sind der Staatskasse auferlegt worden. Mit Schriftsatz seines früheren Verteidigers vom 10. Mai 1990 hat der frühere Angeklagte beim Amtsgericht Kaiserslautern die Festsetzung der ihm entstandenen notwendigen Auslagen auf 1.111,50 DM beantragt. Der Rechtspfleger beim Amtsgericht Kaiserslautern hat durch Beschluß vom 16. Juli 1990, dem Verteidiger zugestellt am 01. August 1990, die dem Angekalgten zu erstattenden notwendigen Auslagen auf 1.020,30 DM festgesetzt.
Gegen diesen Beschluß hat der Verteidiger für den früheren Angeklagten mit Schriftsatz vom 02.08.1990, eingegangen am 03.08.1990, „Rechtsmittel” eingelegt, auf deren Begründung verwiesen wird. Der Bezirksrevision beim Landgericht Kaiserslautern hatte Gelegenheit zur Stellungnahme. Nach der Nichtabhilfe durch den Rechtspfleger hat auch die zuständige Richterin beim Amtsgericht dem Rechtsmittel nicht abgeholfen und die Sache zur Entscheidung dem Landgericht vorgelegt.
Die als sofortige Beschwerde zu behandelnde Erinnerung gemäß §§ 21 Abs. 2, 11 Abs. 2 Satz 4 u. 5 RPflG ist nicht begründet. Gemäß § 464 a Abs. 2 StPO gehören zu den dem früheren Angeklagten zu erstattenden notwendigen Auslagen die Gebühren und sonstigen Auslagen seines gewählten Verteidigers, soweit sie im Sinne von § 91 Abs. 2 ZPO erstattungsfähig sind. Bei den Gebühren nach §§ 83, 84 BRAGO handelt es sich um sogenannte Rahmengebühren, deren Höhe grundsätzlich vom Verteidiger nach billigem Ermessen bestimmt wird, § 12 BRAGO. Die Bestimmung der Gebühr erfolgt unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der Bedeutung der Angelegenheit, des Umfangs und der Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit sowie der Vermögens – und Einkommensverhältnisse des Auftraggebers.
Ist die Gebühr jedoch – wie hier – einem Dritten zu ersetzen, so ist die von dem Rechtsanwalt getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist. Der Rechtspfleger hat in seiner Entscheidung zu Recht ausgeführt, daß bei Bemessung der Rahmengebühr im Grundsatz von der Mittelgebühr auszugehen ist, die auch hier Anwendung finden soll, da es sich um eine Strafsache handelt, in der sämtliche Umstände durchschnittlichen Maßstäben entsprechen.
Dies hat auch der Verteidiger des früheren Angeklagten – insoweit zu Recht– in der Rechtsmittelbegründung selbst zu erkennen gegeben. Seiner weiteren Auffassung, daß „die vom Rechtsanwalt festgesetzte Gebühr nur dann unbillig ist, wenn sie die vom Gericht akzeptierte Gebühr … um mehr als 20 % übersteigt”, kann in dieser Form indessen nicht gefolgt werden. Richtig ist, daß in der Rechtsprechung die Auffassung vertreten wird, daß eine Abweichung von bis zu 20 % von der als billig erscheinenden Gebühr noch als verbindlich angesehen werden kann (vgl. Gerold-Schmidt-Madert, Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte, 10. Aufl., Randziffer 7 zu § 12 m.w.N.). Diese Auffassung wird von der Kammer im Grundsatz geteilt. Der in § 12 Abs. 1 Satz 2 BRAGO verwendete Begriff der Unbilligkeit besagt, daß das Ergebnis der Ermessensanwendung durch den Rechtsanwalt bei der Ermittlung der angemessenen Gebühr innerhalb des zur Verfügung stehenden Gebührenrahmens in dem Sinne beurteilt wird, ob die bestimmte Gebühr noch oder nicht mehr hinnehmbar ist. Das ist erst dann der Fall, wenn sich bei näherer Nachprüfung anläßlich der beantragten Festsetzung ergibt, daß eine Bewertung des Sachverhalts nach den Merkmalen des § 12 Abs. 1 Satz 1 BRAGO unter Berücksichtigung der gebotenen gleichen Behandlung gleichartiger Fälle und der gebotenen Verhältnismäßigkeit zu einer Gebühr führt, die gegenüber der vom Verteidiger bestimmten Gebühr derart abweicht, daß die Abweichung im Interesse der Gebührengerechtigkeit nicht mehr hingenommen werden kann.
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wäre die Berücksichtigung einer pauschalen, gleichsam obligatorischen Toleranzspanne von beispielsweise 20 % mit der Gebührengerechtigkeit unvereinbar, da insoweit den Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles in nur unzureichendem Maße Rechnung getragen wäre und die Gefahr bestünde, die allgemein anerkannte Unterscheidung zwischen Mindest-, Mittel- und Höchstgebühr ihrer Bedeutung zu entheben. Dies bedeutet im Umkehrschluß, daß eine Abweichung etwa von der Mittelgebühr nur dann in Betracht kommen kann, wenn im Einzelfall Umstände ersichtlich sind, die zwar nicht die Annahme der Höchstgebühr, wohl aber eine Abweichung innerhalb eines hier nicht näher festzulegenden Toleranzrahmens rechtfertigen.
Sol...