Leitsatz (amtlich)

In der Zusatzversorgung des Öffentlichen Dienstes muss nach § 35 Abs. 3 VBLS eine Minderung der Betriebsrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme hingenommen werden. Daraus, dass ein Betriebsrentenempfänger eine andere Auslegungsmöglichkeit behauptet, ergibt sich noch keine Anwendung der Unklarheitsregelung des § 305 c Abs. 2 BGB.

 

Verfahrensgang

AG Karlsruhe (Entscheidung vom 14.09.2010; Aktenzeichen 2 C 304/10)

 

Tenor

  • 1.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 14.09.2010, Az. 2 C 304/10, wird zurückgewiesen.

  • 2.

    Der Kläger hat die Kosten der Berufung zu tragen.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

 

Gründe

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

A.

Der Kläger begehrt von der beklagten Zusatzversorgungsanstalt eine höhere Betriebsrente.

Der am XX.XX. 1949 geborene Kläger war bei der Beklagten seit dem 01. April 1980 als Beschäftigter im öffentlichen Dienst pflichtversichert.

Mit Bescheid vom 15. August 2007 hat die Deutsche Rentenversicherung ihm ab dem 01. November 2007 2004 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung in Höhe von netto 1.068,03 = brutto EUR 1.181,45 gewährt, zunächst befristet bis zum 31. Dezember 2008. Wegen vorzeitiger Inanspruchnahme wurde der Zugangsfaktor gem. § 77 Abs. 2 SGB VI um 10,80 v.H. auf 0,892 vermindert (vgl. AH II 1 - 29; hier: Anl. 6 - AH II 25). Durch Bescheid vom 19. Juni 2009 wurde dem Kläger von der Deutschen Rentenversicherung Rheinland ab dem 01. August 2009 eine Altersrente für schwerbehinderte Menschen errechnet. Der Zugangsfaktor wurde für jeden Kalendermonat, für den die frühere Rente in der Zeit vom 01. August 2009 bis zum 31. Juli 2010 2011 nicht mehr in Anspruch genommen wird, um 0,003 erhöht, woraus sich ein Zugangsfaktor von 1,0 errechnet. Da die so ermittelte Rente mit einem Betrag von netto EUR 1.232,99 = brutto EUR 1.371,50 (I 65) höher war, als die Rente wegen Erwerbsminderung, wurde diese Rente wegen Schwerbehinderung ab dem 01. August 2009 gezahlt.

Von der Beklagten erhält der Kläger seit dem 01. November 2007 eine Betriebsrente, bei der nach § 35 Abs. 3 VBLS Abschläge wegen vorzeitiger Inanspruchnahme in Höhe von 10,80 v.H. berücksichtigt wurden (Mitteilung vom 03. März 2008 - I 31 ff - hier: I 41).

Nach Vorlage des Bescheides der Deutschen Rentenversicherung Rheinland vom 19. Juni 2009 hat die Beklagte es abgelehnt, entsprechend der gesetzlichen Rente die Verringerung der Betriebsrente wegen vorzeitiger Inanspruchnahme zu korrigieren.

§ 35 Abs. 3 VBLS lautet:

.....

(3) Die Betriebsrente mindert sich für jeden Monat, für den der Zugangsfaktor nach § 77 SGB VI herabgesetzt ist, um 0,3 Prozent, höchstens jedoch um insgesamt 10,8 Prozent.

....."

Der Kläger beanstandet die Höhe seiner Betriebsrente mit Blick auf den unveränderten Abschlag in Höhe von 10,80 v.H. nach § 35 Abs. 3 VBLS, obgleich die gesetzliche Rentenversicherung bei der Zahlung einer Altersrente für schwerbehinderte Menschen einen Abschlag nach § 77 SGB VI nicht vornimmt.

Das Amtsgericht, auf dessen Urteil vom 17. September 2010 wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen Bezug genommen wird, soweit sie den nachfolgenden Feststellungen nicht wiedersprechen, hat die Klage abgewiesen.

Mit seiner dagegen gerichteten Berufung beantragt der Kläger, das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe abzuändern und weiter zu erkennen,

  • 1.

    die Beklagte zu verpflichten, die Entscheidung über die "Betriebsrente für Versicherte" vom 31.10.2007 in der Fassung der Neuberechnung vom 03.03.2008 und der Anpassung der Betriebsrente zum 01.01.2009 sowie der Anpassung der Betriebsrente zum 01.07.2009 für die Zeit ab 01.08.2009 dahingehend zu ändern, dass die Betriebsrente für Versicherte auf der Basis der bis zum Rentenbeginn am 01.11.2007 erreichten 105,78 Versorgungspunkte unter Berücksichtigung der jährlichen Anpassungen von 1% aber ohne Abschlag von 10,8% für eine vorzeitige Inanspruchnahme berechnet und ausbezahlt wird;

  • 2.

    die Nachzahlung ab Rechtshängigkeit mit 5% über dem Basiszinssatz verzinst.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Die Parteien wiederholen und vertiefen ihr erstinstanzliches Vorbringen.

Der Kläger ist unter Hinweis auf die Rechtsprechung des LG Dortmund vom 26.11.2009 - 2 S 30/08 - und des OLG Köln vom 5.10.2005 - 5 U 24/05 - der Ansicht, § 35 Abs. 3 VBLS regele keine Minderung der Betriebsrente auf Dauer, sondern lasse im Umkehrschluss die Heraufsetzung ab dem Zeitpunkt vor, in dem die gesetzliche Rente nicht mehr nach § 77 SGB VI gemindert wird. Die Rechtsprechung der erkennenden Kammer in deren Urteil vom 30.4.2010 - 6 S 20/09 (veröffentlicht in iuris) und die dieses Urteil bestätigende Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 12.1.2011 - IV ZR 118/10 sei fehlerhaft, da eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des LG Dortmund, des OLG Köln und der Regelung des § 236 a Abs. 4 SGB VI und mit § 305 c Abs. 2 BGB fehle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorbereitenden Schriftsätze nebst Anlagen verwies...

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