Leitsatz (amtlich)
Bei einer die Wohnungseigentümergemeinschaft verpflichtenden Vergütungsvereinbarung muss zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden. Eine weitergehende Delegation an den Verwalter ist – abgesehen von tatsächlich geringfügigen Vergütungsbeträgen – durch Beschluss nicht möglich.
Verfahrensgang
AG Rastatt (Urteil vom 27.05.2022; Aktenzeichen 3 C 298/21 WEG) |
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Amtsgerichts Rastatt vom 27.05.2022, Az. 3 C 298/21 WEG, wird im Kostenpunkt aufgehoben, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Der in der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 unter TOP 19 gefasste Beschluss der Eigentümerversammlung der Wohnungseigentümergemeinschaft B. – Weiterbelastung von Kosten an die Sondereigentumseinheit – wird für ungültig erklärt. 2. Der in der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 unter TOP 17 Spiegelstrich 6 gefasste Beschluss wird hinsichtlich der dort geregelten Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig erklärt.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
- Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz werden gegeneinander aufgehoben.
II. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.250,00 EUR festgesetzt.
Gründe
[abgekürzt nach § 540 Abs. 2, § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO]
I.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet und führt zur Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung.
Hinsichtlich des allein berufungsgegenständlichen TOP 17 der Eigentümerversammlung vom 15.09.2021 wird zunächst festgestellt, dass der im Tatbestand des amtsgerichtlichen Urteils festgestellte Antrag schon in erster Instanz eingeschränkt wurde. In der Klagebegründungsschrift vom 11.11.2021 heißt es auf Seite 2 (AS I 83), dass die Beschlussanfechtung beschränkt werde auf den Spiegelstrich 6 des TOP 17.
Dieser Spiegelstrich 6 lautet, dass die Verwalterin zur Führung von Beschlussklagen auf Passivseite (Auswahl eines Rechtsanwalts, Abschluss einer Honorarvereinbarung, Abstimmung der Strategie sowie zur Entscheidung über Rechtsmittel) befugt sei.
In der Klagebegründung war eine weitere thematische Verengung auf den Abschluss der Honorarvereinbarung erfolgt. Diese ergibt sich übrigens aber auch schon aus der Formulierung des Klageantrags, der eine weitere Einschränkung dahingehend enthält, dass die Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung für ungültig erklärt werden soll. Im Kern versteht daher das Gericht den Antrag so, dass eben die Delegation der Honorarvereinbarung im Falle von Beschlussklagen auf Passivseite klägerseits für nicht ordnungsgemäß gehalten wird und entsprechend die Beschlussfassung als ungültig gerügt wird.
Dieser in der Eigentümerversammlung vom15.09.2021 unter Top 17 Spiegelstrich 6 gefasste Beschluss ist hinsichtlich der dort geregelten Entscheidungskompetenz der Verwalterin zum Abschluss einer Honorarvereinbarung mit einem Anwalt für Beschlussklagen auf Passivseite für ungültig zu erklären, da er ordnungsgemäßer Verwaltung widerspricht.
Denn bei einer Vergütungsvereinbarung müsste zumindest die Person des Anwalts durch die Eigentümerversammlung bestimmt werden (vgl. zur wohl überwiegend vertretenen Auffassung: Bärmann, 15. Aufl., 2023, WEG, § 27, Rdnr. 180, 181). Auch wenn nicht genau dieser Aspekt in der Klagebegründung angeführt wurde, ist doch im Kern innerhalb der Klagebegründungsfrist klar beanstandet worden, dass insbesondere wegen der Kostenmehrung diese Delegation auf die Verwalterin gerügt wird.
Auch zum alten Recht, welches das Amtsgericht zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen macht (ähnlich auch: BeckOGK/Greiner, 1.3.2023, WEG § 27, Rn. 68 ff.), galt nichts anderes: Jenseits der Streitwertvereinbarungen (vgl. zum engen Anwendungsbereich des § 27 Abs. 2 Nr. 4, Abs. 3 S. 1 Nr. 6 WEG a.F.: Abramenko, ZWE 2009, 154) bedarf es für eine sonstige („echte”) Vergütungsvereinbarung (mit Zeithonorar o.ä.), die für eine Angelegenheit, die den Verband betrifft, mit dem Rechtsanwalt abzuschließen ist, eines Beschlusses der Wohnungseigentümer. Damit dieser den Grundsätzen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspricht, müssen (nach altem und neuem Recht) besondere Gründe vorliegen (vgl. Abramenko, ZWE 2009, 154 ff.). Denn jedenfalls im hiesigen Bezirk dürften selbst die meisten Fachanwälte in WEG-Sachen nach dem RVG abrechnen, so dass ein praktischer Bedarf für Vergütungsvereinbarungen in der Regel in WEG-Sachen nicht besteht. Hinzukommt, dass nur bei einer Abrechnung nach RVG gewährleistet ist, dass im Obsiegensfall alle Kosten vom Gegner im Rahmen des Kostenfestsetzung erlangt werden können. Bei einer Abrechnung außerhalb des gesetzlichen Preisrechts würde sich selbst bei der Beauftragung eines Freiberuflers außerdem die Frage stellen, ob Vergleichsangebote anderer Anbieter ein...