Entscheidungsstichwort (Thema)
Forderung
Verfahrensgang
AG Karlsruhe (Urteil vom 02.06.1997; Aktenzeichen 3 C 132/97) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Karlsruhe vom 2.6.1997 – 3 C 132/97 – wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten der Berufung.
Gründe
(abgekürzt gemäß § 543 Abs. 1 ZPO)
Die Berufung ist zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat gegenüber der Beklagten keinen Anspruch gemäß § 823 Abs. 1 BGB auf Ersatz der durch eine Dachlawine hervorgerufenen Beschädigungen seines Pkw.
Die Beklagte war als Eigentümerin des Anwesens … unter dem Gesichtspunkt der Verkehrssicherung nicht dazu verpflichtet, den Verkehr auf den Verkehrsflächen vor ihrem Haus vor den Gefahren drohender Dachlawinen besonders zu schützen. Zwar stellt die Unterhaltung eines Hausanwesens neben einer Verkehrsfläche die Eröffnung eines Verkehrs dar, was dem Verantwortlichen die Pflicht auferlegt, hierbei auftretende Gefahren für die Rechtsgüter Dritter im Rahmen des Zumutbaren zu verhindern. Die Verkehrssicherungspflicht des für den Zustand eines Hausanwesens Verantwortlichen gebietet es diesem jedoch nicht uneingeschänkt, Sicherungsmaßnahmen gegen die Folgen etwa von der Dachschräge abgleitender Schneemassen zu ergreifen. Vielmehr sind der Umfang einer solchen Verpflichtung und die im Einzelfall zu treffende Vorsorge jeweils an den konkreten Verhältnissen unter Beachtung der örtlichen Übung zu bestimmen (OLG Karlsruhe, NJW 1983, 2946 f.). Nach den durch die Parteien geschilderten Umständen und einer Abwägung der örtlichen Übung des Bereichs der Stadt Karlsruhe bestand für die Beklagte weder eine Verpflichtung zur Anbringung von Schneefanggittern auf dem Dach ihres Anwesens noch zu einer Gefahrenkennzeichnung, etwa durch das Anbringen von Warnschildern oder durch das Aufstellen von Warnstangen.
1. Nach der ständigen Rechtsprechung der Kammer kann in Karlsruhe von Hauseigentümern nicht allgemein das Anbringen von Schneefanggittern auf den Dächern verlangt werden (LG Karlsruhe, VersR 1983, 788 f.). Solche sind weder durch öffentlich-rechtliche Vorschriften vorgeschrieben noch durch die privatrechtliche Verkehrssicherungspflicht geboten, da üblicherweise in der Rheinebene im Raum Karlsruhe nur so wenig Schnee fällt, daß derartige Maßnahmen zum Schutz vor Dachlawinen nicht erforderlich sind (ebenso OLG Karlsruhe. a.a.O.; für andere Regionen vgl. z. B. LG Köln NJW-RR 1986, 1404 f.; LG Duisburg NJW-RR 1986, 1405; LG München I, DAR 1987, 56 f. mit Anmerkung Berr; Schlund, DAR 1994, 49 ff.). Auch durch die Neufassung der Landesbauordnung Baden-Württemberg vom 08.08.1995 (GBl. S. 617) hat sich hieran keine Änderung ergeben: Gemäß § 27 Abs. 3 LBO n. F. müssen Dächer an öffentlichen Verkehrsflächen und über Ausgängen nur dann Vorrichtungen zum Schutz gegen das Herabfallen von Schnee und Eis haben, soweit es die Verkehrssicherheit erfordert. Ein solches Erfordernis ist im Raum Karlsruhe grundsätzlich nicht gegeben. Ob sich für den Fall etwas anderes ergibt, daß von einem Gebäude aufgrund seiner Beschaffenheit und Lage Gefahren ausgehen, die weit über den Gefahren liegen, die von vergleichbaren Objekten drohen (vgl. den der Entscheidung des OLG Karlsruhe in NJW-RR 1986, 1404 zugrundeliegenden Fall eines Kirchturmes mit 45 Grad geneigtem Kirchendach im Bereich Ortenau), kann dahingestellt bleiben, da der Kläger eine derartige besondere Gefahrenlage nicht geltend gemacht hat.
2. Die Beklagte trifft ebenfalls kein dahingehender Vorwurf, den Verkehr im Gefahrenbereich ihres Hausanwesens nicht ausreichend auf die drohende Dachlawine hingewiesen zu haben. Die Kammer hält ausdrücklich nicht mehr an ihrer bisherigen Rechtsprechung (vgl. VersR 1983, 788 f.) fest, wonach sich ein Hauseigentümer bereits dann der drohenden Gefahren des Schneefalles bewußt sein muß, wenn sich auf dem Dach seines Anwesens solche Schneemassen angesammelt haben, daß deren Abrutschen eine Gefahr für die körperliche Unversehrtheit oder das Eigentum anderer darstellen würde. Vielmehr schließt sich die Kammer der Ansicht des OLG Karlsruhe (NJW 1983, 2946, 2947) an, wonach es hierfür bei einem bis zu ca. 30 Grad geneigten Dach eines Anwesens besonderer, Abwehrmaßnahmen erforderlich machender Umstände bedarf, die dem Verantwortlichen bei zumutbarer Beobachtung der Verhältnisse anzeigen, daß mit einem Niedergehen von Schneemassen an der Dachschräge alsbald zu rechnen ist. Im städtischen Straßennetz stellt es keine Besonderheit dar, daß Straßen und Plätze, die an bebaute Grundstücke angrenzen, vielfach oder regelmäßig von Teilnehmern des stehenden bzw. ruhenden Verkehrs benutzt werden. Hierin liegt keine für sich zur Begründung einer gesteigerten Verkehrssicherungspflicht hinreichende Besonderheit. Der Kläger hat keine Ausführungen zu Umständen gemacht, aus denen sich eine besondere Gefahrenlage hätte ergeben können. Er hat vielmehr lediglich darauf verwiesen, daß in der Zeit vor dem Schadenseintritt in Karlsruhe umfangreiche Schneefälle niedergeg...