Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatz. Vorgetäuschter Eigenbedarf des kranken Vermieters und Schadenersatzanspruch des gekündigten Mieters
Orientierungssatz
1. Eine Eigenbedarfskündigung ist zwar grundsätzlich berechtigt, wenn sie damit begründet wird, der in einer Dachgeschoßwohnung lebende (unstreitige kranke) Vermieter benötige die Erdgeschoßwohnung des Mieters, weil er - der Vermieter - aufgrund einer erheblichen und dauernden Verschlechterung seines Gesundheitszustandes nicht mehr in der Lage sei, Treppen zu steigen, also seine Wohnung nur noch mit großer Mühe erreichen könne, und müsse in der Erdgeschoßwohnung zudem eine dringend benötigte Pflegeperson unterbringen.
2. Eine solchermaßen begründete Eigenbedarfskündigung ist aber unrechtmäßig, wenn sich nach erfolgreicher Räumungsklage herausstellt, daß die Wohnung weiterhin vermietet wurde, der neue Mieter allenfalls Handreichungen und kleine Gefälligkeiten für den Vermieter übernimmt (zB Tragung von Einkaufskörben) und der Vermieter nur ein separates Zimmer der Erdgeschoßwohnung - zeitweise - nutzt.
3. Dann kann der unberechtigt gekündigte Mieter aus positiver Verletzung des Mietvertrages Schadenersatzansprüche herleiten.
Ersetzt verlangen kann der Mieter
- die gesamten, ihn treffenden Kosten des Räumungsrechtsstreits,
- Umzugs- und Transportkosten,
- Aufwendungen im Zusammenhang mit der Wohnungssuche, so zB auch
Aufwendungsersatz wegen für Wohnungsbesichtigung aufgewendeter Urlaubszeit
und
- die Kosten für die Ummeldung eines Telefonanschlusses.
Normenkette
BGB §§ 276, 564b Abs. 2 S. 1 Nr. 2
Verfahrensgang
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das am 02.03.1994 verkündete Urteil des Amtsgerichts Pforzheim – 2 C 426/93 – wird zurückgewiesen.
Die Beklagten tragen die Kosten der Berufung.
Tatbestand
– Urteil ohne Tatbestand, § 543 ZPO –
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg, da das Amtsgericht in Ergebnis und Begründung richtig entschieden hat.
Die Angriffe der Berufung gegen die Annahme des angefochtenen Urteils, die Behauptungen der Beklagten (damalige Vermieter) zum Gesundheits- und Pflegezustand von seien falsch gewesen, greifen nicht durch. Die Beklagten mögen sich ihre Kündigung vom 01.03.1990 und ihre Klageschrift vom 12.06.1990 (2 C 288/90) in Erinnerung rufen. Danach soll bei … eine drastische Verschlechterung des Gesundheitszustandes vorgelegen haben; aus ärztlicher Sicht sei mit einer grundlegenden Besserung ihres Gesundheitszustandes nicht mehr zu rechnen; ihr sei ein Treppensteigen und Erreichen der Dachgeschoßwohnung nicht mehr möglich und zumutbar; eine dringend notwendige Pflegeperson müsse in ihrer unmittelbaren Umgebung untergebracht werden. Tatsächlich hat die Beklagte zu 1 in der Folgezeit nie ihre Dachgeschoßwohnung aufgegeben, auch wenn sie später zeitweise ein Zimmer der Erdgeschoßwohnung bewohnt hat oder haben mag. Eine wirkliche Pflegeperson ist niemals angestellt worden; die Handreichungen der Mieter der EG-Wohnung gingen über übliche Gefälligkeiten nicht hinaus. Das braucht im einzelnen nicht wiederholt zu werden. Gegenüber diesen Tatsachen kommt es auf die vorgelegten ärztlichen Atteste nicht an. Sie beweisen nur, daß die Beklagte zu 1 über etliche körperlichen Beschwerden und gesundheitliche Beeinträchtigungen zu klagen hat, nicht aber, daß sie keine Treppen mehr steigen kann oder unmittelbar auf Hilfe einer Pflegeperson angewiesen ist. Soweit die Atteste das nahelegen, beweisen sie nur, daß die Gefahr ärztlicher Gefälligkeitsatteste groß ist.
Gegen die Höhe des vom Amtsgericht zugesprochenen Schadensersatzes ist nichts zu erinnern; das hat auch die Berufung nicht getan. Soweit sie in zweiter Instanz gegen die Forderung der Kläger aufrechnen will, ist dies in dieser Instanz nicht zuzulassen, § 530 ZPO. Die Beklagten mögen, wenn sie noch Ansprüche zu haben glauben, diese in einem selbständigen Prozeß geltend machen.
Als unterlegene Partei tragen die Beklagten die Kosten der Berufung, § 97 ZPO.
Unterschriften
Beyer Vors. Richter am Landgericht, Merx Richterin, Dr. Steitz Richter
Fundstellen