Entscheidungsstichwort (Thema)

Räumung

 

Tenor

I. Der Antragsgegner wird verurteilt, die von ihm benutzten Räume im Anwesen der Antragstellerin in … zu räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.

II. Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens.

 

Tatbestand

Die Antragstellerin hat mit dem Bruder des Antragsgegners, Herrn … am 26.03.2003 einen, so die Überschrift, „Mietvertrag für Gewerberäume” geschlossen. Auszugsweise heißt es dort:

§ 1 Mieträume

1. Vom Vermieter werden zum Betriebe einer Gaststätte die im Hause … gelegenen Räume der Gaststätte … sowie je eine abgeschlossene Gewerbeeinheit im 1. OG und im 2. OG vermietet. Vermietete Fläche: ca. 200 qm im EG, 120 qm im 1. OG sowie 140 qm im 2. OG. (…)

§ 3 Miet- und Nebenkosten

1. Miete

Die Netto-Kaltmiete (…) beträgt monatlich 850,00 EUR für das EG, 250.00 EUR für die im 1. OG und 300,00 EUR für die im 2. OG gelegenen Räume. (…)

§ 8 Benutzung der Mieträume, Untervermietung, Umweltschutz

  1. Der Mieter darf die Mieträume nur zu den in § 1 genannten gewerblichen Zwecken nutzen. (…).
  2. Untervermietung oder sonstige Gebrauchsüberlassung an Dritte darf nur mit Einwilligung des Vermieters erfolgen.

Mit Schreiben vom 28.12.2004 kündigte die Antragstellerin gegenüber dem Bruder des Antragsgegners das Mietverhältnis fristgerecht zum 30.04.2005. Sie beabsichtigt, das Anwesen Ende August/Anfang September abzureißen und hat sich diesbezüglich gegenüber dem zukünftigen Investor vertraglich verpflichtet. Die Gaststätte im Erdgeschoss sowie mittlerweile auch die Räumlichkeiten im 2. OG wurden durch den Bruder des Antragsgegners geräumt.

Der Antragsgegner nutzt die Räumlichkeiten im 1. Obergeschoss zu Wohnzwecken. Gegenüber der Antragstellerin hat er die Räumung von einer finanziellen Entschädigung in der Größenordnung von 30.000,00 EUR abhängig gemacht. Unstreitig hat sich die Antragstellerin zu keinem Zeitpunkt dazu bereit erklärt, Kosten für die vom Antragsgegner in den Räumlichkeiten ausgeführten Renovierungen zu übernehmen.

Die Antragstellerin ist der Meinung, es handele sich hier um einen Gewerberaummietvertrag mit dem Hauptmieter, sie könne vom Antragsgegner Herausgabe verlangen und dieses Ziel im Wege des einstweiligen Verfügungsverfahrens verfolgen.

Sie beantragt

Der Antragsgegner wird verpflichtet, das Anwesen der Antragstellerin … räumen und an die Antragstellerin herauszugeben.

Der Antragsgegner beantragt,

den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.

Er ist der Auffassung, es handele sich um Wohnraummiete, was der Antragstellerin auch bekannt sei.

 

Entscheidungsgründe

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ist zulässig und begründet. Wegen des anhängigen Hauptsacheverfahrens ist eine ausführliche Begründung der stattgebenden Entscheidung angezeigt.

I.

Der Antrag ist zulässig, insbesondere ist das Landgericht zuständig.

1. Das vorliegende Mietverhältnis zwischen der Antragstellerin und dem Bruder des Antragsgegners ist als Gewerberaummietverhältnis zu qualifizieren, so dass die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 23 Nr. 2 a) GVG nicht eingreift.

Für so genannte Mischmietverhältnisse hat der BGH entschieden (NJW-RR 1986, 877–879), dass für die Abgrenzung zwischen Wohnraum- und Gewerberaummiete der Vertragszweck entscheidend ist. Dabei sind alle Umstände des Einzelfalles zu würdigen, u.a. die auf die verschiedenen Nutzungsarten entfallenden Flächen sowie deren Mietwerte, soweit sich nicht bereits aus anderen Gründen ein Übergewicht eines bestimmten Gebrauchszwecks ergibt. Maßgebend ist stets der wahre Vertragszweck. Ein diesem entgegenstehender, im Vertrag vorgetäuschter, wäre unbeachtlich. Abzustellen ist somit auf die von den Parteien getroffene Zweckbestimmung, während es nach zutreffender Entscheidung des OLG Celle (ZMR 1999, 269) auf die tatsächliche Nutzung der Räume insoweit nicht ankommt, wie die Parteien den Nutzungszweck nicht einvernehmlich ändern. Für die Auslegung des Mietvertrages unter diesen Gesichtspunkten ist der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend (Kammergericht, Urteil vom 26.01.1995, 8 U 7899/93). Die somit erforderliche Auslegung nach dem tatsächlichen und übereinstimmenden Willen der Parteien (vgl. hierzu noch OLG Düsseldorf, NZM 2002, 739) ergibt im vorliegenden Fall ein Gewerberaummietverhältnis.

Zunächst sind Überschrift und Text des Mietvertrages eindeutig. Der Bruder des Antragsgegners hat sich dem hierin zutage tretenden Vertragszweck durch seine Unterschrift unterworfen. Auch die Räumlichkeiten im 1. und 2. OG werden ausdrücklich als „abgeschlossene Gewerbeeinheiten” bezeichnet. Dies wäre allerdings trotzdem unbeachtlich, wenn nach der gemeinsamen Vorstellung der Parteien eine gewerbliche Nutzung der beiden Obergeschosse von vornherein nicht in Betracht gekommen wäre. Unterstellt man insoweit den Vortrag des Antragsgegners, wonach es sich bei den beiden Geschossen um nur für Wohnzwecke geeignete Räumlichkeiten handelt, ist nach den von der Rechtsprechung erarbeiteten Kriterien auf die Flächen ...

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