Entscheidungsstichwort (Thema)

Anfechtung von vor Eröffnung eines Insolvenzverfahrens geleisteten Rückzahlungen auf ein gewährtes Darlehen. Zeitpunkt der Zahlungsunfähigkeit eines Insolvenzschuldners im Hinblick auf einen Anspruch auf Rückerstattung erhaltener Darlehensrückzahlungen

 

Normenkette

InsO §§ 129, 133

 

Verfahrensgang

BGH (Urteil vom 01.02.2007; Aktenzeichen IX ZR 96/04)

 

Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 18.650,47 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% seit dem 01.12.2008 zu zahlen.

2. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist gegen Leistung einer Sicherheit i.H.v. 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Der Kläger macht als Insolvenzverwalter einen Anspruch aus Insolvenzanfechtung geltend.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgericht Landau vom 01.12.2008 zum Insolvenzverwalter über das Vermögen des Hxxx Sxxx, Kxxx bestellt. Der Insolvenzschuldner betrieb eine Bäckerei mit mehreren Filialen. Der Beklagte war Arbeitnehmer des Insolvenzschuldners. Nach dem Inhalt des am 28.12.2004 geschlossenen schriftlichen Arbeitsvertrages wurde er zu einem Bruttogehalt i.H.v. 2.500,00 EUR als Verkaufsleiter eingestellt. Die Einzelheiten seiner Tätigkeit für den Insolvenzschuldner sind zwischen den Parteien streitig. Der Insolvenzschuldner leistete an den Beklagten ab Juli 2006 keine regelmäßigen Gehaltszahlungen mehr. Die Parteien des Arbeitsvertrags schlossen in der Folgezeit mehrfach – erstmals am 23.01.2007 – Darlehensverträge „für ausstehende Lohnzahlungen”, nach welchen rückständiger Lohn in Raten beglichen werden sollte. Der Insolvenzschuldner leistete anschließend entsprechende Ratenzahlungen Mit Verträgen vom 26.09.2006 und am 29.10.2007 gewährte der Beklagte dem Insolvenzschuldner weitere Darlehen über 5.000,00 EUR und 3.000,00 EUR, auf welche der Insolvenzschuldner anschließend Rückzahlung in Raten leistete. Wegen der Einzelheiten der Darlehensverträge sowie der Rückzahlungen, welche bis auf eine einzige Zahlung zwischen den Parteien unstreitig sind, wird auf die Klarschrift verwiesen.

Der Kläger behauptet, der Insolvenzschuldner sei spätestens zu Beginn des Jahres 2008 zahlungsunfähig i.S.d. § 17 Abs. 2 InsO gewesen. Der Schuldner sei nicht mehr in der Lage gewesen, seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen. So hätten im Dezember kurzfristig zur Verfügung stehende Aktiva in Höhe von 6.653.89 EUR fällige Verbindlichkeiten in Höhe von 39.647.82 EUR gegenüber erstanden im Jahr 2007 sei ein betrieblicher Verlust i.H.v. 104.191,53 EUR entstanden. Das buchmäßige Eigenkapital habe – 716.863,72 EUR betragen. Aus den laufenden Einnahmen hätten wesentliche Beträge nicht zur Verfügung gestanden. Sie seien vollständig durch Fixkosten wie Personalkosten, Leasingkosten, Steuern und Mietkosten etc. aufgezehrt worden. Grund für den Abschluss der Darlehensverträge mit dem Beklagten über rückständige Löhne sei gewesen, dass es dem Insolvenzschuldner mangels liquider Mittel nicht möglich gewesen sei, das Gehalt pünktlich zu bezahlen. Der Insolvenzschuldner habe gewusst, dass er mit den Zahlungen an den Beklagten die übrigen insolvenzgläubiger benachteiligte. Dem Beklagten sei wiederum die finanzielle Situation seines Arbeitgebers bekannt gewesen und ihm sei auch bekannt gewesen, dass der Insolvenzschuldner mit den Zahlungen an ihn die übrigen Gläubiger wissentlich benachteiligte. Der Beklagte sei für die Buchhaltung verantwortlich gewesen und ihm habe der gesamte Zahlungsverkehr oblegen. Der Beklagte sei deshalb gem. §§ 143, 133 InsO verpflichtet, die an ihn geleisteten Zahlungen zurück zu gewähren. Jedenfalls gelte dies gem. § 130 InsO für die innerhalb der letzten drei Monate vor Stellung des Insolvenzantrags erhaltenen Zahlungen.

Der Kläger beantragt:

Der Beklagte wird verurteilt, EUR 19.485,85 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5% seit dem 01.12.2008 an den Kläger zu zahlen.

Der Beklagte beantragt:

Klagabweisung.

Der Beklagte bestreitet die Zahlungsunfähigkeit des Insolvenzschuldners wie auch seine Kenntnis hierüber. Der Insolvenzschuldner sei vor Insolvenzeröffnung zu keinem Zeitpunkt zahlungsunfähig gewesen. Er sei seinen fälligen Zahlungsverpflichtungen immer nachgekommen. Der Abschluss der Darlehensverträge über den Lohn des Beklagten sei nicht mangels der erforderlichen Geldmittel erfolgt, sondern zur Erhöhung der Liquidität im Zusammenhang mit aufwändigen Umbau- und Erneuerungsarbeiten, welche der Insolvenzschuldner weitgehend aus den laufenden Einnahmen habe finanzieren wollen. Der Verschlag des Insolvenzschuldners, den Lohn über Darlehen zu bezahlen, sei auch im Hinblick darauf erfolgt, dass der Insolvenzschuldner dem Beklagten eine Übernahme des Betriebs in Aussicht gestellt habe. Der Beklagte habe keinen umfassenden Einblick in die wirtschaftlichen Verhältnisse seines Arbeitgebers gehabt. Er habe mit der Buchhaltung und dem geschäftlichen Zahlungsverkehr nichts zu tun gehabt. Oblegen ...

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