Verfahrensgang

AG Wolfhagen (Beschluss vom 05.10.1988; Aktenzeichen 2 C 239/88)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Beklagten wird der Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 5. Oktober 1988 – 2 C 239/88 – abgeändert.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten im Termin vom 3. August 1988 veranlaßten Kosten; diese tragen die Beklagten.

Die weitergehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden gegeneinander aufgehoben.

Der Beschwerdewert wird auf 800,– DM festgesetzt.

 

Gründe

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen den Beschluß des Amtsgerichts Wolfhagen vom 5. Oktober 1988 ist gemäß § 91 a II 2 ZPO zulässig und hat auch in der Sache teilweise Erfolg.

Das Amtsgericht hat, indem es die gesamten Kosten des Rechtsstreits den Beklagten auferlegte, die Grundsätze der Billigkeit im Sinne von § 91 a I BGB nicht richtig angewandt, denn im Zeitpunkt der Erledigungserklärung war der Sachverhalt ungeklärt und bei ungeklärtem Sachverhalt kommt nur eine Kostenaufhebung in Frage (OLG Frankfurt/M. in 88, 1978, 331).

Nach dem Sach- und Streitstand im Zeitpunkt der Erledigungserklärung stand nämlich noch nicht fest, daß die Kündigung des Klägers vom 17. Mai 1988 das Mietverhältnis mit sofortiger Wirkung beendet hat. Die Kündigung könnte insbesondere nicht wegen unpünktlicher Mietzahlungen auf § 554 a BGS gestutzt werden, denn hierzu hat der Kläger nicht einmal vorgetragen, wie oft der Mietzins zu spät entrichtet worden ist, und wann die Zahlungen jeweils geleistet worden sind. Es kann daher nicht festgestellt werden, daß die Beklagten ihre vertraglichen Pflichten in dem Maße verletzt haben, daß den Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht zuzumuten war. Es kann auch nicht nach dem bisherigen Sach- und Streitstand festgestellt werden, daß die fristlose Kündigung des Klägers deshalb gerechtfertigt ist, weil die Beklagten den Bruder des Beklagten zu 1) in die Wohnung aufgenommen haben. Zwar haben die Beklagten die streitgegenständliche Wohnung allein gemietet, so daß sie den Gebrauch an der Wohnung nicht ohne weiteres an Dritte überlassen durften. Andererseits kann aber auch der Kläger den Beklagten die Aufnahme eines nahen Familienangehörigen in die Mietwohnung nicht willkürlich versagen. § 549 I BGB, der den Anspruch das Wohnungsmieters gegen den Vermieter auf Erlaubnis der Teilüberlassung des Mietgebrauchs an einen Dritten regelt, ist unmittelbar auch dann anzuwenden, wenn der Mieter einen Dritten, der weder Familienangehöriger noch Bediensteter des Mieters ist, zum Mitgebrauch in die Wohnung dauernd in den Haushalt aufnimmt (vgl. Rechtsentscheid des OLG Hamm in RES 1985 Bd. V zu § 549 Nr. 1). Unterstellt man zu Gunsten des Klägers, daß die Beklagten nach Abschluß des Mietvertrages den Bruder ohne Erlaubnis der Klägerin für dauernd in die Mietwohnung aufgenommen haben, kann der Kläger darauf nur beim Vorliegen besonderer Voraussetzungen eine fristlose Kündigung stutzen. Soweit die Beklagten die erforderliche Erlaubnis des Klägers nicht eingeholt haben, stellt dies nur eine unerhebliche Vertragsverletzung dar, weil der Kläger nach § 549 II BGB unter Umständen verpflichtet war, den Beklagten die Erlaubnis zur Aufnahme des Bruders des Beklagten zu 1) in die Wohnung zu erteilen (vgl. Urteil der Kammer vom 6. August 1987 – 1 S 132/87 –).

Zwar ist nach dem Rechtsentscheid des BayOblG vom 29. November 1983 (RES 1983 III zu § 549 Nr. 2) der Vermieter ohne Erlaubnis des Vermieters in der Regel nicht berechtigt, seinen Bruder auf Dauer in die Mietwohnung aufzunehmen, in diesem Rechtsentscheid stellt der Senat aber ausdrücklich klar, daß damit die Frage, ob der Mieter gegen eine auch unbefugte Gebrauchsüberlassung gestützte Kündigung einwenden kann, daß ihm die Erlaubnis nach § 549 II BGB hätte erteilt werden müssen (so auch Palandt), nicht verneint wird. Die Frage hatte sich nämlich in dem dem Rechtsentscheid zugrunde liegenden Sachverhalt deshalb nicht gestellt, weil dort der Beklagte ein solches berechtigtes Interesse nicht geltend gemacht hatte.

Im vorliegenden Fall haben aber die Beklagten vorgetragen, sie hätten den Bruder des Beklagten zu 1) Ende 1987 aufgrund familiärer Probleme nach Trennung von seiner Ehefrau vorübergehend bei sich in der Wohnung aufgenommen. Diesem – vom Kläger bestrittenen Vorbringen – hätte ohne Erledigung des Rechtsstreits – nachgegangen werden müssen, denn dieser Grund hätte ein berechtigtes Interesse der Beklagten an der Erteilung der Erlaubnis zur Überlassung des Mitbesitzes an der Wohnung begründet (vgl. Rechtsentscheid des BGH vom 3. Oktober 1984 in RES 1984 Bd. IV Nr. 3 zu § 549 BGB „Wohngemeinschaft II”). In dieser Entscheidung führt der BGH aus, es gehöre grundsätzlich zur freien Entscheidung des Mieters, sein Privatleben innerhalb der eigenen vier Wände nach seinen Vorstellungen zu gestalten, auch dann, wenn er mit Dritten eine auf Dauer angelegte Wohngemeinschaft bilden möchte. Das besa...

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