Entscheidungsstichwort (Thema)
Pfändung der Ansprüche des Schuldners auf Auszahlung von Eigengeld
Leitsatz (redaktionell)
1. § 850 ff. ZPO scheiden nicht bereits deshalb aus, weil das Arbeitsentgelt des Strafgefangenen gemäß § 851 ZPO vollständig unpfändbar wäre.
2. Aus § 51 Abs. 4 Satz 2 StrVollzG und unter maßgeblicher Anknüpfung an das dort verwendete Wort „unpfändbar” wird im Umkehrschluß hergeleitet, daß Arbeitsentgelt im übrigen, gegebenenfalls nach der anstaltsinternen Einordnung als Eigengeld, unbeschränkt pfändbar sei.
Normenkette
ZPO § 850 ff.; StrVollzG §§ 43, 46, 51-52
Verfahrensgang
AG Kiel (Entscheidung vom 27.03.1991) |
Tenor
Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß des Amtsgerichts Kiel vom 27. März 1991 wird auf Antrag des Schuldners dahingehend geändert, daß die fortlaufende Pfändung des aus Arbeitsentgelt des Schuldners gebildeten Eigengeldes dieses fortlaufend lediglich insoweit erfaßt, als es unter Einberechnung gemäß § 50 Abs. 2 des Strafvollzugsgesetzes bestimmter fiktiver Haftkostenbeiträge die Pfändungsfreigrenze des § 850 c ZPO in Höhe von 1.219,99 DM im jeweiligen monatlichen Abrechnungszeitraum übersteigt (§ 850k ZPO).
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Gläubigerin nach einem Wert von 2.481,84 DM zu tragen.
Gründe
Die sofortige Beschwerde ist gemäß §§ 793, 567, 569, 577 ZPO statthaft sowie form- und fristgerecht erhoben. Sie hat in der Sache auch Erfolg. Der angefochtene Beschluß war nicht bereits aus formalen Gründen aufzuheben, weil anstelle des Rechtspflegers der Richter entschieden hat. Für die Entscheidung über Anträge nach § 850k ZPO ist grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig (§ 20 Nr. 17 RPflG), so daß dem Richter bei Rechtsmitteln nur die Möglichkeit der Abhilfe oder der Vorlage an das Rechtsmittelgericht nach § 11 Abs. 2 RPflG verbleibt. Soweit im vorliegenden Fall der Rechtspfleger den Antrag vom 02. Dezember 1991 als Erinnerung gegen den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom 12. März 1991 angesehen und die Sache dem Richter vorgelegt hat und soweit dieser nach dem Wortlaut des Tenors die Erinnerung zurückgewiesen hat, berührt das die Wirksamkeit der Entscheidung nicht. Der Richter hat die Parteien zu dem Antrag gehört und ihn nach den Gründen des Beschlusses vom 06. Februar 1992 als unbegründet zurückgewiesen. Hierin liegt eine in § 5 Abs. 2 RPflG vorgesehene eigene Bearbeitung einer eigentlich dem Rechtspfleger übertragenen Sache durch den Richter, nachdem wegen der besonderen Materie eine Vorlage durch den Rechtspfleger nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 RPflG gerechtfertigt sein konnte. Sachlich ist der Pfändungschutzantrag des Schuldners vom 02. Dezember 1991 erfolgreich. Der Schuldner ist der Auffassung, die Pfändung seiner Ansprüche auf Auszahlung von Eigengeld gemäß § 52 StVollzG dürfe lediglich nach Maßgabe der sich aus den §§ 850 ff. ZPO ergebenden Beschränkungen vorgenommen werden, wobei es ihm konkret um die Anwendbarkeit der §§ 850 c, k ZPO geht. Die Kammer schließt sich der überwiegend (vgl. OLG Frankfurt/Main in NStZ 85, 96; OLG Celle, NStZ 81, 78 f. mit zustimmender Anmerkung Ballhausen; Calliess/Müller-Dietz Strafvollzugsgesetz, 5. Auflage, § 43 Rz. 6 mit Nachweisen; LG Karlsruhe, NStZ 82, 263; 90, 56 Konrad, Pfändbarkeit der Geldforderungen von Strafgefangenen, ZfStrVo 90, 203, 206; sowie die unveröffentlichten, vom Beschwerdeführer in Ablichtung vorgelegten Entscheidungen AG Lübeck vom 23.1.1992, Az.: 51 M 3514/91 und OVG Schleswig vom 16.4.1992, Az.: 5 M 22/92 (10 B 6/92), Seite 4 ff.) vertretenen Auffassung an, wonach aus Arbeitsentgelt gemäß § 43 StVollzG gebildetes Eigengeld des Strafgefangenen gemäß § 52 StVollzG lediglich nach Maßgabe der §§ 850 ff. ZPO, insbesondere der §§ 850c und k ZPO pfändbar ist.
I.
Eine Anwendung der §§ 850 ff. ZPO scheidet nicht bereits deshalb aus, weil das Arbeitsentgelt des Strafgefangenen gemäß § 851 ZPO vollständig unpfändbar wäre, wie das Landgericht Itzehoe dies annimmt (vgl. Jur Büro 1991, 871 f.).
1. Das Landgericht Itzehoe stützt seine dahingehende Auffassung auf die Annahme der Unübertragbarkeit des Anspruchs des Strafgefangenen auf Auszahlung seines Arbeitsentgelts bzw. Eigengeldes. Die Annahme der Unübertragbarkeit des entsprechenden Anspruchs beruht auf der Annahme einer allerdings nicht näher beschriebenen Zweckbindung des Anspruchs des Strafgefangenen gemäß den Bestimmungen des StVollzG. Die in diesem Gesetz bestimmten Besonderheiten in der Situation des Strafgefangenen ergeben jedoch für eine Nichtübertragbarkeit der hier in Rede stehenden, gepfändeten Eigengeldansprüche nichts.
Der herausgestrichene erzieherische und der therapeutische Wert der Arbeit des Strafgefangenen, zu der dieser gemäß § 41 StrVollzG grundsätzlich verpflichtet ist, gibt der geleisteten Arbeit unzweifelhaft einen bestimmten Sinn, der der in einem freien Arbeitsverhältnis geleisteten Arbeit nicht zukommt. Daß hieraus allerdings die grundsätzliche Unübertragbarkeit des Anspruchs auf Auszahlung des Arbeitsentgelts folgen soll, ist nicht zu erken...