Nachgehend

Schleswig-Holsteinisches OLG (Beschluss vom 28.09.2005; Aktenzeichen 16 W 117/05)

 

Tenor

Das Landgericht Kiel erklärt den Rechtsweg zu den Zivilgerichten für unzulässig und verweist den Rechtsstreit auf die Rüge der Beklagten hin an das Sozialgericht Kiel (§ 17 a GVG).

 

Tatbestand

1.

Der Kläger will die Beklagte auf Unterlassung in Anspruch nehmen, weil er meint, sie verstoße gegen das Heilmittelwerbegesetz und damit das Wettbewerbsrecht, weil sie den Mitgliedern der D. Betriebskrankenkasse Kontaktlinsen und Pflegemittel zu Vorzugspreisen anbiete. Sie verlange für ein sog. Einsteiger-Komplett-Set 44,90 EUR und verweise in ihrer Werbung im Kundenmagazin der BKK darauf, der Kunde spare gegenüber der Summe der Einzelpreise 21,89 EUR bzw. fast 35 %.

Die Beklagte hält den Rechtsweg zu den Sozialgerichten für eröffnet und rügt deswegen die Unzuständigkeit des Landgerichts Kiel.

 

Entscheidungsgründe

2.

Gemäß § 17 a Abs. 2 und 3 Satz 2 GVG war vorab durch Beschluss wegen der Zuständigkeitsrüge der Beklagten die Unzulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtswegs auszusprechen.

Der Rechtsstreit gehört vor die Sozialgerichte. Das folgt aus § 51 Abs. 2 SGG, wonach die Sozialgerichte auch über privatrechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der gesetzlichen Krankenkassen entscheiden, auch soweit durch diese Angelegenheiten Dritte betroffen werden. Gemäß § 69 SGB V regeln die §§ 69140 h und 63 und 64 SGB V abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu Ärzten, Zahnärzten, Psychotherapeuten, Apotheken sowie sonstigen Leistungserbringern, wobei dies auch dann gilt, wenn dadurch Rechte Dritter betroffen sind.

Die Rechtsbeziehungen der D. BKK zur Beklagten, die sonstige Leistungserbringerin ist, unterfallen den §§ 126128 SGB V. Der Kläger ist im Verhältnis zu ihnen Dritter im Sinne der vorgenannten Vorschriften des SGG und SGB V.

Wie das BSG (BSGE 89, 24–34 = NJW-RR 2002, 1691–1694) entschieden hat, sind seit dem 01.01.2000 die Vorschriften des UWG (und des GWB) auf die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Leistungserbringern nicht mehr anwendbar, so dass hierdurch zugleich zivilrechtliche und damit wettbewerbsrechtliche Ansprüche Dritter ausgeschlossen sind. Dem hat sich das OLG Düsseldorf, GRUR-RR 2003, 378 ff. angeschlossen und ausgeführt, mangels Anwendbarkeit der Vorschriften des UWG habe ein Wettbewerbsverband weder einen Anspruch auf Unterlassung von u.a. Blutdruckmessungen, die ein Apotheker aufgrund eines entsprechenden Vertrages mit einer gesetzlichen Krankenkasse für ihre Mitglieder durchführt, noch sei er überhaupt klagebefugt.

Diese Auffassung wird außer vom Kläger-Vertreter (Diekmann u.a., NZS 2005, 187 ff. mit Rspr. hinweisen) unter anderem auch von Knispel, NZS 2001, 466 ff., vertreten, der hervorhebt, die Rechtswegzuweisung an die Sozialgerichte durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 sei unproblematisch und (grundsätzlich) unumstritten. Der Regelungsgehalt des § 69 SGB V sei auf der materiell-rechtlichen Ebene zwar umstritten. Doch ergebe sich aus dem Wortlaut („abschließende Regelung”) in Verbindung mit der bloß entsprechenden Heranziehung der Vorschriften des BGB, dass die erfassten Rechtsbeziehungen ausschließlich dem öffentlichen Recht zugeordnet seien. In diesem Sinne äußere sich auch die Gesetzesbegründung.

Dem schließt sich die Kammer an, so dass die Sache an das Sozialgericht Kiel zu verweisen war.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1700342

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