Entscheidungsstichwort (Thema)

Mieterschutz bei Veräußerung der Mietwohnung. keine Umdeutung der Räumungsklageerhebung in eine Kündigungserklärung

 

Orientierungssatz

1. Das Recht zur Kündigung kann als Ausschnitt aus dem Vermieterrecht nicht allein übertragen werden.

2. Klageerhebung und Berufung stellen keine wirksame Kündigung dar, da es sich um an das Gericht gerichtete Prozeßhandlungen und nicht um materiell-rechtliche Kündigungserklärungen handelt.

 

Tatbestand

Die Beklagten bewohnen mit ihren beiden etwa 6 und 14 Jahre alten Kindern gemäß Mietvertrag vom 19. November 1973 mit dem Voreigentümer T. ein Reihenhaus in A., T.-Straße, bestehend aus vier Zimmern, Küche, Bad, Flur, Keller und Garage, Größe etwa 83 qm, zum monatlichen Mietzins von 360,-- DM.

Die Kläger kauften dieses Haus gemäß notariellem Vertrag mit T. am 27. März 1975 zum Preise von 139.000,-- DM. Die Beklagten wurden über den beabsichtigten Verkauf am 22. März 1975 informiert.

Mit Schreiben vom 25. März 1975 kündigte T. das Mietverhältnis zum 30. Juni 1975 unter Hinweis auf den bevorstehenden Verkauf, die Beklagten widersprachen mit Schreiben vom 1. April 1975. T. entgegnete am 8. April 1975 diesem Widerspruch ua durch den Hinweis, daß die Kläger ihnen ihre eigene Vierzimmerwohnung in H. zur Verfügung stellen wollten. Nach zwischenzeitlich durchgeführten Abwicklungsverhandlungen zwischen den Parteien kündigten die Kläger das Mietverhältnis mit Schreiben vom 23. Juni 1975 zum 30. September 1975. Hierbei verwiesen sie auf ihren Eigenbedarf für sich und ihre drei Kinder, denen sie nach Vornahme einiger Umbauten jeweils ein eigenes Zimmer zur Verfügung zu stellen trachteten. Die Beklagten räumten nicht, die Kläger widersprachen der Fortsetzung des Mietverhältnisses mit Schreiben vom 9. Oktober 1975.

Die Kläger wurden am 28. Juli 1975 als Eigentümer im Grundbuch eingetragen. Sie bewohnen derzeit eine Wohnung in H., bestehend aus vier Zimmern, Größe 76,5 qm, zum monatlichen Mietzins von 470,-- DM.

Die Kläger haben behauptet:

Die Beklagten hätten sich am 22. März 1975 mit einem Auszug zum Ende des Jahres 1975 einverstanden erklärt. Später seien sie nur noch gegen Zahlung von 7.162,-- DM bereit gewesen, wohingegen sie das Angebot zur Abgeltung von Unkosten in Höhe von 4.020,-- DM abgelehnt hätten. Die Wohnung in H. verfüge nur über zwei Kinderzimmer, 10 und 8 qm groß, in denen ihre Kinder im Alter von 13, 11 und 8 Jahren nicht familiengerecht untergebracht seien. Zwei Kinder besuchten bereits das Gymnasium in S. . Ihre monatlichen Belastungen für Miete und Abtrag beliefen sich auf 1.340,08 DM ohne Nebenkosten, das sei nicht tragbar für sie. Die Beklagten hätten die Kläger in den Verhandlungen auch bereits als Vermieter akzeptiert.

Die Kläger haben beantragt,

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, das in A., T.-Weg, belegene Reihenhaus, bestehend aus vier Zimmern nebst Küche, Bad, Flur und Nebengelaß und Garage zu räumen und an sie herauszugeben.

Die Beklagten haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie haben bestritten, eine Räumungszusage gemacht zu haben.

Sie haben die Auffassung vertreten:

Die Kündigungen seien nicht formgerecht erfolgt. T. habe nicht auf Eigenbedarf hingewiesen, die Kläger seien bei ihrer Kündigung noch nicht Eigentümer gewesen. Die Abwägung der beiderseitigen Interessen rechtfertige keine Kündigung. Der Eigentumserwerb allein reiche hierfür nicht aus. Als Angehöriger der Bundesmarine werde der Beklagte zu 1) ohnehin oft genug versetzt, ein zusätzlicher Umzug sei schon wegen der zusätzlichen Umschulung der Kinder nicht zu verlangen.

Das Amtsgericht hat die Klage durch Urteil vom 13. Januar 1976 abgewiesen. Es hat ausgeführt:

Die Kläger seien vor der Eintragung als Eigentümer nicht zur Kündigung berechtigt gewesen. Ihr Widerspruch vom 9. Oktober 1975 erfülle nicht die Formerfordernisse für eine Kündigung nach § 564b BGB. Die Klageerhebung sei als Prozeßhandlung und nicht als materielle Willenserklärung zu einer nunmehr formgerechten Kündigung zu sehen. Eine Räumungsvereinbarung sei schon nach dem Vorbringen der Kläger als nicht zustandegekommen anzusehen.

Gegen dieses ihnen am 25. Februar 1976 zugestellte Urteil haben die Kläger am 24. März 1976 Berufung eingelegt und diese am 23. April 1976 begründet.

Sie greifen das angefochtene Urteil an. Die Kläger meinen: Sie seien durch Absprachen und Verhandlungen mit den Gegnern und dem Voreigentümer bereits vor der Umschreibung wirksam in die Vermieterstellung eingetreten und hätten deshalb eine wirksame Kündigung ausgesprochen. Zumindest sei die Kündigung in der Klageschrift zu sehen, hier habe es sich um eine Klage auf künftige Räumung gehandelt.

Die Kläger wiederholen im übrigen ihre Ausführungen erster Instanz und tragen ihre Rechtsauffassung zum Eigenbedarf vor.

Die Kläger beantragen,

das angefochtene Urteil abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, das in A., T.-Weg, belegene Reihenhaus, bestehend aus vier Zimmern nebst Küche, Bad, Flur und Nebengelaß und ...

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