Entscheidungsstichwort (Thema)
Spekulationsabsichten
Leitsatz (amtlich)
Zur Kündigung des Mietvertrages zum Zwecke der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks durch Hausverkauf.
Orientierungssatz
Die Kündigung des Mietvertrages zum Zwecke der wirtschaftlichen Verwertung des Grundstücks durch Hausverkauf setzt den Nachweis des Vermieters voraus, daß er durch Fortsetzung des Mietverhältnisses an dem beabsichtigten Verkauf des Hauses gehindert wäre. Das ist nur der Fall, wenn der Verkauf infolge beachtlicher persönlicher oder wirtschaftlicher Gründe (abgedruckt in Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM) geboten ist, um eine angemessene Verwertung des Hausgrundstücks zu erzielen und wenn darüber hinaus für den Vermieter die Übernahme der Kündigungsverpflichtung notwendig war, um erhebliche, ihm nicht zumutbare Nachteile zu verhindern. Die bloße Minderung des Verkaufspreises eines vermieteten Einfamilienhauses rechtfertigt die Kündigung nicht.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Mit Schreiben v. 30.4.1987 erklärte die Klägerin die Kündigung zum 31.7.1987, wobei sie auf Verkaufsabsichten hinwies und die Kündigung auf die Vorschrift des § 564b Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 BGB stützte. Die Klägerin behauptet, sie könne das Grundstück für einen Kaufpreis von 200.000,- DM an einen potentiellen Erwerber verkaufen; dieser sei jedoch nur bereit, das Objekt zu erwerben, wenn ein Mietverhältnis nicht bestünde. Die Klägerin trägt vor, ein Objekt wie das hier streitige eigne sich nicht als Renditeobjekt, sondern könne nur durch den neuen Eigentümer selbst genutzt werden. Durch den Verkauf würde sie Aufwendungen in Höhe von mindestens 3.000,- DM jährlich ersparen. Der Kaufpreis könne mit einer Mindestverzinsung von 5% per anno angelegt werden.
Entscheidungsgründe
Die Klägerin hat gegen die Beklagten keinen Anspruch auf Räumung des Mietobjektes, weil die von der Klägerin ausgesprochenen Kündigungen des Mietverhältnisses unwirksam sind. Die von der Klägerin am 30.4.1987 ausgesprochene Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB konnte das Mietverhältnis nicht beenden, weil die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen nicht dafür ausreichen, daß sie durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an einer angemessenen wirtschaftlichen Verwertung des Grundstückes gehindert und dadurch erhebliche Nachteile erleiden wird. Ob die Kündigung des Vermieters anläßlich des Verkaufs eines Wohnhauses zulässig ist, um die vertraglich eingegangenen Verpflichtungen gegenüber dem Käufer erfüllen und einen günstigeren Verkaufserlös erzielen zu können, ist von zwei Voraussetzungen abhängig. Zunächst muß der Vermieter nachweisen, daß er durch die Fortsetzung des Mietverhältnisses an dem beabsichtigten Verkauf des Hauses gehindert wäre; das ist nur der Fall, wenn der Verkauf infolge beachtlicher persönlicher oder wirtschaftlicher Gründe (nicht aus Spekulationsabsichten) geboten ist, um eine angemessene Verwertung des Hausgrundstücks zu erzielen und wenn darüber hinaus für den Vermieter die Übernahme der Kündigungsverpflichtung notwendig war, um erhebliche, ihm nicht zumutbare Nachteile zu verhindern. Die bloße Minderung des Verkaufspreises eines vermieteten Einfamilienhauses rechtfertigt die Kündigung nicht (Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, 5. Aufl., B 505 unter dd m.w.N.).
Die Klägerin hat aber bisher nicht dargetan, daß sie bereits einen bestimmten notariellen Kaufvertrag mit dem Interessenten S. geschlossen hat und daß sie darin die vertragliche Verpflichtung gegenüber S. eingegangen ist, das Hausgrundstück mietfrei zu übertragen.
Insbesondere hat die Klägerin aber nicht dargetan, daß für sie die Übernahme der Kündigungsverpflichtung notwendig war, um erhebliche, ihr nicht zumutbare Nachteile zu verhindern. Dabei ist zu berücksichtigen, daß die Erlangung günstigerer Verkaufsbedingungen nur erheblich ist, wenn diese für den Vermieter unter Berücksichtigung seiner sonstigen Vermögensverhältnisse notwendig waren und ihm ein möglicher Verkauf unter Beachtung der jeweiligen Marktlage zu ungünstigeren Bedingungen nicht zumutbar gewesen wäre (vgl. Schmidt-Futterer/Blank a.a.O.). Wie aber zwischen den Parteien nicht streitig ist, ist die Klägerin Eigentümerin mehrerer Grundstücke. Sie ist also nicht darauf angewiesen, die durch einen Verkauf erzielten Geldmittel für ihren Unterhalt, ihre Altersversorgung zu verwenden.
Die Kündigung nach § 564b Abs. 2 Nr. 3 BGB ist aber auch deswegen unwirksam, weil die Klägerin im Endergebnis durch die beabsichtigte Veräußerung nicht wesentlich schlechter steht als beim Fortbestand des Mietverhältnisses. Dabei ist entscheidend darauf abzustellen, welchen Nutzen der Vermieter unter Ausschöpfung der ihm gegebenen Möglichkeiten und beim Einsatz ihm zumutbarer Mittel aus dem Mietverhältnis ziehen kann. Aus der Entscheidung des Gesetzgebers für den Bestandsschutz der Wohnraummietverhältnisse läßt sich insoweit nämlich der Grundsatz ableiten, daß der Vermieter zunächst einmal alle ihm zumutbare...