Entscheidungsstichwort (Thema)

nicht geringe Menge Betäubungsmittel. JWH-018. Spice. Kräutermischung

 

Leitsatz (amtlich)

Bei einer Designer-Cannabinoid-Zubereitung (auch als "Kräutermischung" oder "Spice" bezeichnet) mit dem Wirkstoff JWH-018 liegt eine "nicht geringe Menge" im Sinne des BtMG ab 0,75 Gramm JWH-018 vor.

 

Normenkette

BtMG § 30 Abs. 1 Nr. 4, § 29a; StGB §§ 64, 67 Abs. 2

 

Tenor

Der Angeklagte wird wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge zu einer Freiheitsstrafe von

9 Jahren

kostenpflichtig verurteilt.

Die Unterbringung des Angeklagten in einer Entziehungsanstalt wird angeordnet. Vor der Maßregel sind 1 Jahr und 6 Monate der Freiheitsstrafe vorweg zu vollziehen.

Die 20,983 kg sichergestellte Designer- Cannabinoid -Zubereitung werden eingezogen.

Beim Angeklagten wird in Höhe von 1.250,00 € der Verfall des Wertersatzes erklärt.

- §§ 30 Abs. 1 Nr. 4, 29a Abs. 1 Nr. 2, 33 BtMG, 27, 52, 64, 67 Abs. 2, 73a StGB -

 

Gründe

Der Angeklagte hat am 20.09.2011 über 20 kg einer Designer-Cannabinoid-Zubereitung, die im Rauschgifthandel bewusst verharmlosend als "Räuchermischung", "Kräutermischung" oder "Spice" bezeichnet wird, mit anteilig 1,97 kg des hochgefährlichen Wirkstoffs JWH-018, über den niederländisch - deutschen Grenzübergang x nach Deutschland eingeschmuggelt. Er hatte zuvor mit einem Tatgenossen an mehreren Fahrten quer durch Deutschland teilgenommen, um ein geeignetes Schmuggelfahrzeug auszuwählen, das sodann gekauft, repariert und auf ihn zugelassen wurde. Er wusste, dass die Tat rund 20 kg eines illegalen und "wertvollen" Rauschgiftes betraf, das zum gewinnbringenden Weiterverkauf bestimmt war. Der Angeklagte wollte hierdurch - neben dem Erhalt des Fahrzeugs - einen Gewinn von zumindest 10.000 € erzielen.

I. Feststellungen zur Person

Der Angeklagte wurde in der q geboren. Sein Geburtsdatum ist nicht bekannt. Er ist - wie sich auch aus seinem Aussehen ergibt - einige Jahre älter als das von ihm bei der Übersiedlung nach Deutschland angegebene "offizielle" Geburtsdatum "23.03.1964", das er sich schon zuvor "zugelegt" hatte, um seinen Wehrdienst hinauszuschieben. Tatsächlich wurde er ca. #####/####geboren.

Er wuchs in der q auf und schloss dort nach elf Jahren Schule das Gymnasium mit dem Abitur ab. Er absolvierte danach eine Ausbildung in der Goldbranche. Von 1984 - 1986 arbeitete er als Hilfslehrer und wurde dann von 1986 - 1987 zum Militärdienst eingezogen. 1988 war er arbeitslos, im Jahre 1989 wurde er Stadtteilvorsteher ("Bürgermeister"). 1990 reiste er in die Bundesrepublik Deutschland ein und ließ sich in C4 nieder. Aus seiner in Deutschland geschlossenen Ehe gingen zwei Kinder hervor, eine 1992 geborene Tochter und ein 1998 geborener Sohn. Beide Kinder besuchen noch die Schule. Der Angeklagte führte gemeinsam mit einem Freund drei Jahre lang ein Juweliergeschäft (An- und Verkauf von Gold). Er eröffnete dann ein türkisches Teehaus, aufgrund von Problemen zog er aber 1995 mit seiner Familie nach L3 und war dort fünf Jahre lang als Fahrer für eine Supermarktkette tätig. Im Jahr 2000 machte ihm ein Bekannter das Angebot, mit ihm zusammen ein Juweliergeschäft in C4 zu übernehmen (An- und Verkauf von Gold). Der Angeklagte nahm das Angebot an und führte daraufhin anfangs von Montags bis Freitags dieses Geschäft in C4 und kehrte am Wochenende zu seiner Familie nach L3 zurück, die ihm später nach C4 folgte. Das Juweliergeschäft lief zunächst gut, 2004 musste der Angeklagte aber Insolvenz anmelden und lebt seitdem von Hartz IV, wobei er zuletzt zusätzlich gelegentlich in einem Spielautomatenladen als eine Art "Aufpasser" tätig war, wobei er dann für mehrere Tage Tätigkeit 200 - 300 € verdiente. Seine Frau arbeitete vor der Ehe bei Siemens, war dann aber Hausfrau und arbeitet derzeit in einem Jobcenter.

Der Angeklagte hat bei diversen Freunden und Bekannten Schulden in Höhe von 70.000,00 € bis 80.000,00 € und schuldete seinem Schwiegervater bis zu dessen Tod im letzten Jahr 150.000,00 DM.

Der Angeklagte, der 1989 einmal wegen Gelbsucht stationär behandelt werden musste, leidet an Diabetes mellitus Typ eins, weshalb er zuletzt im Mai 2000 stationär behandelt wurde. Seit 2004, einhergehend mit der Geschäftsinsolvenz, leidet er an Depressionen, weshalb er sich seit 2005 in psychiatrischer Behandlung befindet und mit dem Medikament Doxepin behandelt wird.

Der Angeklagte konsumierte über mehrere Jahre bis zum Jahr 2000 übermäßig Alkohol; maximal eine Flasche "Raki" am Tag. Den Alkoholkonsum löste dann die Kokainsucht ab, der Angeklagte, der in jüngeren Jahren gelegentlich Cannabis und Haschisch geraucht und Ecstasy einmal probiert hatte, konsumierte ab dem Jahr 2000 alle 2 Tage 2-3 g Kokain. Von 2005 - 2006 konsumierte er nichts, zuletzt aber wieder bis zu 2 g am Tag, was er sniefte oder rauchte.

Der Angeklagte ist in Deutschland nicht vorbestraft, in C4 wurde ein Verfahren gegen ihn wegen besonders schweren Falls de...

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