Entscheidungsstichwort (Thema)
Sicherungshaft wegen Ablehnung eines Asylantrags, abgelaufener Duldungsverfügungen und drohender Entziehung der Rückführung bzw. Sicherung der Abschiebung. Verfassungsrechtliches Beschleunigungsgebot. Unbekannter Aufenthaltsort des Vormunds des Betroffenen. Erhebliche Verzögerung des Verfahrens
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Sicherungshaft eines abgelehnten Asylbewerbers ist dann rechtswirksam, wenn befristete Duldungsverfügungen abgelaufen sind, der Betroffene untergetaucht ist und der begründete Verdacht besteht, dass er sich der Abschiebung entziehen will, die Inhaftierung also zur Sicherung der Rückführung erforderlich ist.
2. Die Ausländerbehörde hat sich um die Beschaffung der Ausreisedokumente mit Nachdruck zu bemühen und auf die Einhaltung des verfassungsrechtlichen Beschleunigungsgebots zu achten, vor allem, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen minderjährigen Ausländer handelt.
3. Eine Anhörung des Vormunds des minderjährigen Betroffenen kann unterbleiben, wenn der Vormund untergetaucht ist, sein Aufenthalt nicht ermittelt werden kann und das Verfahren durch die Anhörung erheblich verzögert und verteuert werden würde.
Normenkette
AuslG § 51 Abs. 1, § 53; AufenthG § 62 Abs. 2 S. 1 Nrn. 2, 5, § 50 Abs. 1, § 58 Abs. 1, § 60a Abs. 5 S. 2; FEVG § 6 Abs. 3
Verfahrensgang
AG Neuwied (Beschluss vom 16.01.2006; Aktenzeichen 7 XIV 5251/B) |
Nachgehend
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 3.000 EUR zurückgewiesen.
Gründe
Der Betroffene, eigenen unbewiesenen Angaben zufolge sudanesischer Staatsangehöriger, reiste Anfang Oktober 2004 auf dem Seeweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragte am 8. Oktober 2004 die Anerkennung als Asylberechtigter. Sein Asylantrag wurde mit Bescheid vom 22. Oktober 2004 als offensichtlich unbegründet abgelehnt. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorliegen und Abscbiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht gegeben sind. Der Bescheid ist seit dem 31. Mai 2005 rechtskräftig.
Dem Betroffenen wurden jeweils befristete Duldungsverfügungen erteilt zwecks Beschaffung der notwendigen Passersatzpapiere als Heimreisedokumente. Die Duldung ist am 18. August 2005 abgelaufen.
Der Betroffene sollte am 7. Dezember 2005 der nigerianischen Botschaft vorgeführt werden, nachdem am 16. März 2005 der Botschaft seines behaupteten Herkunftslandes Sudan festgestellt wurde, dass er vermutlich aus Nigeria stammt. Er ist seit dem 1. Oktober 2005 unbekannten Aufenthalts und wurde von der zuständigen Verbandsgemeindeverwaltung am 23. November 2005 rückwirkend zu diesem Zeitpunkt von Amts wegen abgemeldet.
Der Betroffene wurde am 15. Januar 2006 von der Polizei bei einer Gaststättenkontrolle in Neuwied vorläufig festgenommen.
Die Ausländerbehörde, die im Wege der Amtshilfe für die Ausländerbehörde des Westerwaldkreises tätig wird, hält seine Inhaftierung zum Zwecke der Sicherung der Rückführung für erforderlich, weil er sich ohne Inhaftnahme der Abschiebung entziehen würde. Seine Ausreise sei nicht gesichert und müsse aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung überbracht werden.
Durch den angefochtenen Beschluss hat der Amtsrichter am 16. Januar 2006 auf Antrag der Ausländerbehörde bis einschließlich 15. April 2006 Abschiebungshaft angeordnet und die Entscheidung für sofort wirksam erklärt.
Hiergegen wendet sich der Betroffene mit der sofortigen Beschwerde vom 24. Januar 2006, die am 25. Januar 2006 beim Amtsgericht eingegangen ist.
Die zulässige sofortige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.
Die Abschiebungshaft ist zu Recht angeordnet worden, sie ist zur Sicherung der Abschiebung im vorliegenden Fall erforderlich.
Ein Ausländer ist nach § 62 Abs. 2 AufenthG in Sicherungshaft zu nehmen, wenn er zur Ausreise verpflichtet ist (§ 50 Abs. 1 AufenthG), die Abschiebungsvoraussetzungen vorliegen (§ 58 Abs. 1 AufenthG), der Abschiebung keine endgültigen Hindernisse entgegenstehen (§ 60 AufenthG) und die Haft zur Sicherung der Abschiebung erforderlich ist (§ 62 Abs. 2 AufenthG).
Diese Voraussetzungen liegen vor.
Es besteht Haftgrund gemäß § 62 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 und Nr. 5 Aufenthaltsgesetz. Die Duldung (§ 60 a Abs. 5 Satz 2 AufenthG) ist erloschen. Der Betroffene ist zur Ausreise verpflichtet, die Ausreisefrist ist abgelaufen Der Betroffene hat seinen Aufenthaltsort gewechselt, ohne der Ausländerbehörde eine Anschrift anzugeben, unter der er erreichbar ist (§ 62 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG). Er ist untergetaucht.
Es besteht auch der begründete Verdacht, dass der Betroffene sich der Abschiebung entziehen will (§ 62 Abs. 2 Nr. 5 AufenthG). Der Verdacht begründet sich darauf, dass der Betroffene sich nicht an dem ihm zugewiesenen Wohnort aufgehalten hat, Meldeauflagen nicht eingehalten hat und für die Ausländerbehörde nicht erreichbar war.
Dieser Sachverhalt ergibt sich aus den e...