Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozesskostenhilfe: Prozesskostenvorschuss für Schmerzensgeldanspruch; Angaben über Einkommen und Vermögen in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Prozesskostenhilfe; hier: Prozesskostenvorschuss für Schmerzensgeldanspruch
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Anspruch auf Schmerzensgeld ist eine persönliche Angelegenheit, für die grundsätzlich eine Prozesskostenvorschusspflicht unterhaltspflichtiger Angehöriger besteht.
2. Die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse muss Angaben über das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen der unterhaltsverpflichteten Personen enthalten und daneben Aufschluss darüber geben, ob diese Personen über Vermögensgegenstände verfügen, deren Einsatz oder Verwertung zur Bestreitung eines Prozesskostenvorschusses in Betracht kommt. Dies gilt hinsichtlich Großeltern und Urgroßeltern des Kindes auch dann, wenn die Mutter, mit der das Kind zusammenlebt, Sozialhilfe bezieht.
Normenkette
ZPO §§ 115, 117 Abs. 2; PKHVV § 2 Abs. 1 Nrn. 2a, 2b; BGB § 1360a Abs. 4, § 1610 Abs. 2
Verfahrensgang
AG Koblenz (Beschluss vom 08.04.1999; Aktenzeichen 42 C 660/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Landeskasse wird der Beschluss des Amtsgerichts Koblenz vom 08. April 1999 – 42 C 660/99 – aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Gründe
Mit Beschluss vom 08. April 1999 hat das Amtsgericht dem Kläger für die erste Instanz Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung bewilligt. Gegen diese Entscheidung hat der Bezirksrevisor beim Landgericht am 23. Juni 1999 im Namen der Landeskasse Beschwerde eingelegt. Zur Begründung der Beschwerde wird vorgetragen, der Kläger habe nicht dargelegt, dass ein Prozesskostenvorschussanspruch gegenüber Vater, Mutter, Großeltern und Urgroßeltern beiderseits nicht bestehe.
Die nach § 127 Abs. 3 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde der Landeskasse hat in der Sache vorläufigen Erfolg. Eine Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Prozesskostenhilfe kann endgültig nur nach weiterer Sachaufklärung ergehen. Daher war die Sache an das Amtsgericht zurückzuverweisen.
Eine Beschwerde der Landeskasse nach § 127 Abs. 3 ZPO kann auch damit begründet werden, dass ausreichende Angaben des Antragstellers über das Einkommen von Angehörigen, die möglicherweise zu einem Prozesskostenvorschuss verpflichtet sind, nicht vorlägen (OLG Koblenz, FamRZ 1997, Seite 681). Der minderjährige Kläger macht vorliegend ein Anspruch auf Schmerzensgeld aus einem Unfallereignis geltend. Hierbei handelt es sich um eine persönliche Angelegenheit, für die grundsätzlich eine Prozesskostenvorschusspflicht unterhaltspflichtiger Angehöriger besteht (Zöller-Philippi, ZPO, § 115 Rn. 68; OLG Köln, FamRZ 1994, Seite 1409). Grundsätzlich sind dem Kläger neben der alleinerziehenden Mutter schon ein etwaiger Vater und – soweit die Mutter nicht leistungsfähig ist – auch die Großeltern oder Urgroßeltern zum Unterhalt verpflichtet (§§ 1601 f. BGB). Dementsprechend steht dem Kläger möglicherweise ein Anspruch auf Zahlung eines Prozesskostenvorschusses zu, der als einzusetzendes Vermögen i.S.d. § 115 ZPO bei der Gewährung von Prozesskostenhilfe zu berücksichtigen ist (siehe OLG Düsseldorf, DAVorm 1990, Seite 80 f.; OLG Koblenz, FamRZ 1997, 681 f.). Zwar ist ein solcher Anspruch nur zu berücksichtigen, soweit er rechtlich unzweifelhaft besteht und tatsächlich einigermaßen sicher durchsetzbar ist (Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, ZPO, 57. Aufläge, § 114 Rn. 59 „Kostenvorschuss”). Der Kläger ist jedoch verpflichtet, zur Klärung der Frage, ob neben der Mutter weitere leistungsfähige Angehörige vorhanden sind, in der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach § 117 Abs. 2 ZPO Angaben über das durchschnittliche monatliche Bruttoeinkommen der unterhaltsverpflichteten Personen zu machen und darüber hinaus Aufschluss darüber zu geben, ob diese Personen über Vermögensgegenstände verfügen, deren Einsatz oder Verwertung zur Bestreitung eines Prozesskostenvorschusses in Betracht kommt (OLG Koblenz, FamRZ 1998, Seite 760). Sollten dem Kläger diese Angaben aus nachvollziehbaren Gründen nicht möglich sein, so hat er dies ebenfalls vorzutragen.
Eine solche Erklärung ist in den von dem Kläger eingereichten Unterlagen nicht enthalten. Dieser ist daher aufzufordern, die entsprechenden Angaben nachzureichen. Hierzu und zum Zwecke einer Entscheidung wurde die Sache an das Amtsgericht zurückverwiesen.
Fundstellen
Haufe-Index 1349858 |
FamRZ 2000, 761 |
MDR 1999, 1410 |
AGS 2000, 254 |