Leitsatz (amtlich)

Berufliche oder geschäftliche Angelegenheiten, die unaufschiebbar oder von solcher Bedeutung sind, dass es dem Betroffenen nicht zuzumuten ist, sie zurückzustellen, können das Nichterscheinen entschuldigen.

 

Verfahrensgang

AG Linz (Entscheidung vom 04.06.2012; Aktenzeichen 2080 Js 4633/12.3 OWi)

 

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Betroffenen wird der Beschluss des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 04. Juni 2012, Az.: 2080 Js 4633/12.3 OWi, aufgehoben.

Dem Betroffenen wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen das Urteil des Amtsgerichts Linz am Rhein vom 08. Mai 2012 gewährt.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sowie die hierauf entfallenden notwendigen Auslagen des Betroffenen trägt die Staatskasse.

Die Kosten der Wiedereinsetzung trägt der Betroffene.

 

Gründe

I.

Die Kreisverwaltung Neuwied verhängte gegen den Betroffenen mit Bußgeldbescheid vom 22. Juni 2011 wegen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 64 km/h eine Geldbuße in Höhe von 660,- EUR und ein Fahrverbot von zwei Monaten.

Gegen den Bußgeldbescheid legte der Betroffene form- und fristgerecht Einspruch ein. Termin zur Hauptverhandlung wurde zunächst auf den 10. April 2012 bestimmt. Dieser wurde später verlegt auf den 08. Mai 2012. Der Betroffene hatte mitgeteilt, dass ihm eine Ladung nicht ordnungsgemäß zugegangen war. Außerdem erklärte der Betroffene, an einem Hauptverhandlungstermin persönlich teilnehmen zu wollen. Zum Termin vom 08. Mai 2012 wurde der Betroffene am 13. April 2012 geladen. Anwaltlich vertreten war er zu diesem Zeitpunkt nicht mehr. Mit Fax vom 03. Mai 2012 bat der Betroffene den Termin aufzuheben, da er an diesem Tag einen beruflich bedingten Termin in Y. wahrnehmen müsse. Der Termin sei arbeitgeberseitig vorgeschrieben. Die Teilnahme sei zwingend. Ein Fehlen sei ihm nicht gestattet. In der Anlage beigefügt war eine Terminsbestimmung des Arbeitgebers sowie die Buchungsunterlagen für die Flüge von X. nach Y. und zurück. Am 08. Mai 2012 fand der Termin vor dem Amtsgericht Linz am Rhein statt. Es erging Verwerfungsurteil. Außerdem wurde mit Beschluss des Amtsgerichts Linz der Antrag auf Verlegung des Termins zur Hauptverhandlung zurückgewiesen. Der Betroffene habe nicht erklärt, wann der berufliche Termin bestimmt wurde. Außerdem habe er die Möglichkeit gehabt, sich durch einen Verteidiger vertreten zu lassen. Mit Fax vom 18. Mai 2012 beantragte der Betroffene über seinen Verteidiger Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Antrag waren wiederum die Buchungsunterlagen beigefügt wie auch eine Bescheinigung des Arbeitgebers, der ZZZ, wonach der Betroffene unbedingt verpflichtet war, den Termin wahrzunehmen. Der Termin, an dem 15 Personen aus ganz Deutschland koordiniert anzureisen hatten, war geplant. Aus dem Schreiben geht hervor, dass es dem Betroffenen nicht gestattet war, den Termin nicht wahrzunehmen.

Mit Beschluss vom 04. Juni 2012 wies das Amtsgericht Linz mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag auf Wiedereinsetzung in die Versäumung des Hauptverhandlungstermins am 08. Mai 2012 zurück. Zur Begründung wurde auf den Beschluss vom 08. Mai 2012 Bezug genommen.

Dieser Beschluss wurde dem Betroffenen am 05. Juni 2012, seinem Verteidiger am 06. Juni 2012 zugestellt. Mit Verteidigerfax vom 12. Juni 2012 legte der Betroffene gegen den Beschluss sofortige Beschwerde ein.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig gemäß §§ 74 Abs. 4, 46 OWiG; 46 Abs. 3 StPO. Sie wurde auch fristgerecht eingelegt (§§ 46 OWiG; 311 Abs. 2 StPO).

Die Beschwerde hat auch in der Sache Erfolg.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §§ 74 Abs. 4 OWiG, 44 StPO liegen vor. Eine solche liegt vor, wenn dem Betroffenen das Erscheinen unter Berücksichtigung der Umstände und der Bedeutung der Sache nicht zumutbar oder nicht möglich ist. Dabei geht die Pflicht, zu einem bestimmten Zeitpunkt vor Gericht zu erscheinen, der Regelung beruflicher oder privater Angelegenheiten grundsätzlich vor (vgl. Göhler, Ordnungswidrigkeitengesetz, 15. Aufl. 2009, § 74 OWiG, Rdnr. 29). Berufliche oder geschäftliche Angelegenheiten, die unaufschiebbar oder von solcher Bedeutung sind, dass es dem Betroffenen nicht zuzumuten ist, sie zurückzustellen, können das Nichterscheinen entschuldigen.

Vorliegend hat der Betroffene bereits im Vorfeld der Hauptverhandlung dessen Verlegung beantragt und die Entschuldigungsgründe vorgebracht. Diese Entschuldigungsgründe sind auch ausreichend. Der Betroffene hat nachgewiesen, dass er unaufschiebbar beruflich gebunden war und diese berufliche Angelegenheit von großer Bedeutung war. Diese Entschuldigung wurde im Wiedereinsetzungsantrag vom 18. Mai 2012 noch einmal vertieft durch die Arbeitgeberbescheinigung. Der Betroffene war am Terminstag beruflich unabkömmlich. Er hat dies dargelegt und glaubhaft gemacht.

Wiedereinsetzung war zu gewähren.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 46 OWiG; 473 Abs. 1 und Abs. 7 StPO.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI4019223

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