Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Gänzlich unwirksam ist folgende Klausel im Wohnungsmietvertrag:
"Die Schönheitsreparaturen übernimmt der Mieter während der Mietdauer auf eigene Kosten. Es gilt folgender Fristenplan: Küche, Bad und WC alle zwei Jahre, die übrigen Räume alle vier Jahre. Zu den Schönheitsreparaturen gehören auch den Innenanstrich der Türen, Fenster, Fußleisten und Heizkörper, das Abziehen der Parkettböden sowie die Ausbesserung von Schäden am Verputz der Wände und Decken und am Bodenbelag. Die Schönheitsreparaturen sind ausschließlich durch Fachkräfte gemäß VOB auszuführen. Ausnahmen bedürfen der schriftlichen Zustimmung des Vermieters."
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Ein Schadensersatzanspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen unterlassener Renovierung bei Auszug aus der gemieteten Wohnung gemäß § 326 BGB i.V. mit § 9 des Mietvertrages (MV) dürfte unbegründet sein, weil erhebliche Bedenken gegen die Wirksamkeit von § 9 Abs. 2 MV bestehen, der die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter beinhaltet. § 9 enthält eine unangemessene Benachteiligung des Mieters (§ 9 Abs. 1 AGBG).
Im einzelnen gilt folgendes:
Wie der BGH wiederholt ausgeführt hat (zuletzt im RE v. 6.7.1988 WM 1988, 294, 296), stellt die von § 536 BGB abweichende, formularvertragliche Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter grundsätzlich keine unangemessene Benachteiligung desselben i.S. von § 9 AGBG dar. Der BGH hat jedoch einschränkend darauf hingewiesen (insbesondere im RE v. 1.7.1987 WM 1987, 306, 308), daß dieser Grundsatz nur die Belastung des Mieters mit Renovierungspflichten in einem üblichen und angemessenen Umfang betrifft, wofür § 28 Abs. 4 Satz 5 der II. BV sowie § 7 mit Fn. 1 des vom Bundesministerium der Justiz herausgegebenen Mustermietvertrages 1976, Fassung I, jedenfalls bei der Wohnraummiete gewisse Anhaltspunkte liefere. Nicht ausgeschlossen sei daher, daß der Mieter durch ein Übermaß ihm auferlegter Renovierungspflichten im Sinne von § 9 AGBG unangemessen benachteiligt sein könne. So liegt es hier.
Der Umfang der in § 9 Abs. 2 MV definierten Schönheitsreparaturen überschreitet den üblichen und angemessenen Umfang. Dieser ist in § 28 Abs. 4 Satz 5 der II. BV sowie § 7 Abs. 2 des Mustermietvertrags wie folgt definiert:
"das Tapezieren, Anstreichen oder Kalken der Wände und Decken, das Streichen der Fußböden, der Heizkörper einschließlich der Heizrohre, der Innentüren sowie der Fenster und Außentüren von innen."
Demgegenüber erfaßt die Klausel des § 9 Abs. 2 MV auch typische Instandhaltungsarbeiten wie "das Abziehen der Parkettböden sowie die Ausbesserung von Schäden am Verputz der Wände und Decken und am Bodenbelag". Diese übernommenen Pflichten sind für den Mieter nicht mehr - wie es für Schönheitsreparaturen im üblichen Rahmen zutrifft - überschaubar und in ihren wirtschaftlichen Auswirkungen vorauskalkulierbar.
Der in § 9 Abs. 2 MV festgelegte Fristenplan setzt für die Schönheitsreparaturarbeiten zu kurze Fristen. Während die üblichen Fristen gemäß § 7 Fn. 1 des Mustermietvertrages für Küche, Bäder und Duschen drei Jahre betragen, sieht § 9 Abs. 2 MV lediglich eine Zweijahresfrist für Küche, Bad und WC vor, für alle übrigen Räume unterschiedslos vier Jahre. Demgegenüber bemißt der Mustermietvertrag die Frist für Schönheitsreparaturen in Wohnräumen und Schlafräumen, Fluren, Dielen und Toiletten mit fünf Jahren und die Frist für alle weiteren Nebenräume mit sieben Jahren.
Ist nach alledem eine unangemessene Benachteiligung des Mieters durch die Formularklausel des § 9 Abs. 2 MV festzustellen, hat dies zur Folge, daß die Vorschrift insgesamt unwirksam ist, auch soweit sie allgemein die Schönheitsreparaturen auf den Mieter abwälzt. Denn eine verbotswidrige Klausel darf nicht durch Reduktion auf das gesetzlich gerade noch zulässige Maß teilweise aufrechterhalten werden. Die nach dem Gesetzeszweck des AGBG angemessene Rechtsfolge ist vielmehr die Totalnichtigkeit (BGHZ 84, 114).
Fundstellen