Entscheidungsstichwort (Thema)

Selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung der ortsüblichen Vergleichsmiete für eine Mietwohnung

 

Orientierungssatz

(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

1. Die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens mit dem Ziel der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete ist unzulässig, wenn das Verfahren der Feststellung dient, ob die vereinbarte Miete die Wuchergrenze des StGB § 302a überschreitet.

(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)

2. Zitierung: Entgegen LG Köln, 1992-12-29, 10 T 184/92, WuM 1995, 490.

 

Tatbestand

(Aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)

Das AG Köln hat den Antrag der Antragstellerin v. 22. 12. 1994 auf Durchführung eines Beweisverfahrens gemäß §§ 485f. ZPO abgelehnt. Der Antrag war darauf gerichtet, Beweis durch Einholung eines Sachverständigengutachtens zu erheben über die Frage, ob der zwischen den Parteien vereinbarte Nettomietzins von 750,00 DM für die Wohnung im Hause am Stichtag 15. 4. 1990 mit 750,00 DM und mit 795,00 DM am Stichtag am 1. 7. 1992 den ortsüblichen Vergleichsmietzins um jeweils mehr als 50% überstieg. Das AG hat seine ablehnende Entscheidung damit begründet, der Verlust eines Beweismittels im Sinne von § 485 Abs. 1 ZPO sei nicht zu befürchten. Zudem lägen die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 ZPO nicht vor. Gegen diese Entscheidung wendet sich die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde, der das AG nicht abgeholfen hat.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde der Antragstellerin ist bedenkenfrei zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich. Zu Recht hat das AG darauf hingewiesen, daß die Voraussetzungen des § 485 Abs. 1 ZPO nicht vorliegen. Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, daß das Beweismittel verlorengeht oder seine Benutzung erschwert wird. Anhaltspunkte dafür sind seitens der Antragstellerin nicht vorgetragen worden. Gesichtspunkte sind auch nicht ersichtlich, aufgrund derer der Schluß gerechtfertigt wäre, daß ein Beweismittel verlorenginge oder seine Benutzung wesentlich erschwert würde.

Auch die Voraussetzungen des § 485 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO liegen nicht vor. Nach der vorzitierten Vorschrift kann eine Partei, auch wenn ein Rechtsstreit noch nicht anhängig ist, die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, daß der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann. Im zu entscheidenden Fall richtet sich die Sachverständigenfrage darauf, welcher ortsübliche Vergleichsmietzins zu bestimmten Stichtagen für die Wohnung verlangt werden kann und ob der vereinbarte Mietzins den ortsüblichen Vergleichsmietzins um jeweils mehr als 50% übersteigt. Demgemäß richtet sich die Beweisfrage weder auf den Zustand einer Sache, noch auf deren Wert. Daß sich die Beweisfrage nicht auf den Zustand des Mietobjekts richtet, bedarf keiner weiteren Begründung. Sie richtet sich aber ebenfalls nicht auf den Wert des Objektes, da der Wert einer Sache im Sinne von § 485 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO nicht mit der ortsüblichen Vergleichsmiete gleichgesetzt werden kann. Wert im Sinne der vorzitierten Vorschrift kann der Verkehrswert einer Sache sein, gegebenenfalls auch beispielhaft der Minderwert eines Kfz nach Unfall (vgl. Thomas-Putzo, § 485 2c). Begrifflich fällt der ortsübliche Vergleichsmietzins nicht unter §485 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO, da er für den Wert einer Sache lediglich Indizcharakter hat. Demgemäß folgt die Kammer auch nicht der Entscheidung der 10. Zivilkammer (10 T 184/92 (=WM 1995, 490)). Die Beschwerde der Antragstellerin war daher als unbegründet zurückzuweisen.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1735036

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