Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwert einer Klage auf Entziehung des Wohnungseigentums wegen Wohngeldrückständen
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Bei der Entziehungsklage wegen Verzugs mit Wohngeld richtet sich der Geschäftswert nach dem Verkehrswert der Wohnungseigentumseinheit.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Mit Beschluß v. 15. 4. 1997 - 29 T 82/97 - hat das LG Köln den Geschäftswert der erledigten Entziehungsklage wegen Verzugs mit Wohngeld auf 5000,- DM festgesetzt und zur Begründung ausgeführt: "Der Geschäftswert einer Entziehungsklage nach § 18 WEG bemißt sich nach dem Interesse der Beteiligten, der grundsätzlich dem Verkehrswert der Eigentumswohnung entspricht. Bei einer Entziehungsklage wegen Verzugs mit Wohngeld (§ 18 Abs. 2 Nr. 2 WEG) richtet sich der Geschäftswert nach der Höhe des rückständigen Wohngelds (vgl. Bärmann/Pick/Merle, WEG, 7. Aufl. zu § 51 Rdnr. 5). Nach den Aufstellungen der Kläger war die Beklagte zeitweise mit Wohngeldzahlungen zwischen 4000,- und 5000,- DM im Rückstand, so daß der Geschäftswert auf 5000,- DM festzusetzen ist."
Auf die als Gegenvorstellung zu behandelnde weitere Beschwerde der Prozeßbevollmächtigten der Kläger v. 15. 8. 1997 hat die Kammer mit Beschluß v. 22. 10. 1997 - 29 T 264/97 - ihren Geschäftswertbeschluß v. 15. 4. 1997 dahingehend abgeändert, daß es bei der Geschäftswertfestsetzung des AG auf 150000,- DM verbleiben soll.
Entscheidungsgründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Kammer war befugt, ihre Geschäftswertfestsetzung gemäß § 31 Abs. 1 S. 2 KostO von Amts wegen zu ändern. Das gilt auch dann, wenn der Geschäftswert der 1. Instanz im Beschwerdeverfahren bereits geändert wurde. Zwar heißt es in § 31 Abs. 1 S. 2 KostO, daß eine Entscheidung über den Geschäftswert von dem Rechtsmittelgericht geändert werden kann, wenn es wegen dieser Entscheidung in der Rechtsmittelinstanz schwebt. Aus diesem Wortlaut könnte geschlossen werden, daß eine Änderung nur solange zulässig ist, wie ein Rechtsmittelverfahren anhängig ist, nicht aber, wenn das Rechtsmittelverfahren bereits durch eine Entscheidung beendet ist. Nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift soll jedoch nur ausgeschlossen werden, daß das Gericht der 1. Instanz noch eine Änderung von Amts wegen durchführt, obwohl das Rechtsmittelgericht bereits entschieden hat. Es soll nicht jegliche Änderungsmöglichkeit ausgeschlossen werden (so auch OLG Frankfurt MDR 1982, 589 für § 25 GKG, siehe auch BGH Rpfleger 1989, 385).
Eine Änderung des Geschäftswertes ist auch sachgerecht. Die Prozeßbevollmächtigten der Kläger haben zu Recht darauf hingewiesen, daß die Zugrundelegung der rückständigen Wohngelder problematisch ist. Dafür mag zwar sprechen, daß das Interesse der klagenden Wohnungseigentümer nicht dahin geht, das Eigentum an der Wohnung des Beklagten zu erhalten, sondern den Beklagten durch einen solventen und zuverlässigen Partner zu ersetzen. Den Klägern ist jedoch zuzugeben, daß eine zuverlässige Bewertung des Interesses der Kläger schwierig ist. Die Höhe des noch offenen Wohngeldes kann nämlich während des Entziehungsverfahrens laufend variieren. Außerdem geht das Interesse der Kläger auch dahin, zukünftig mit Kosten und sonstigem Aufwand verbundene Gerichtsverfahren zu vermeiden, auch dieses Interesse hätte wertmäßig einzufließen.
Weiterhin ist zu berücksichtigen, daß nicht allein auf das Interesse des Klägers, sondern gleichermaßen auf das des Beklagten abzustellen ist. Bei diesem geht es wirtschaftlich jedoch um den Entzug seines Eigentums. Das rechtfertigt es, den Rechtsgedanken des § 6 ZPO heranzuziehen, wonach der Verkehrswert der Wohnungseigentumseinheit maßgeblich ist. Das entspricht auch dem Klageantrag, nach dem der Beklagte zur Veräußerung seines Eigentums verurteilt wird.
Schließlich kann die Zugrundelegung des Verkehrswerts auch damit begründet werden, daß das Entziehungsverfahren gemäß §18 WEG eine gewisse Parallelität zur Klage auf Ausschluß eines Gesellschafters entfaltet. Auch bei dieser Klage ist der Wert des Gesellschaftsanteils maßgeblich.
Da durch den vorliegenden Beschluß eine Beschwerdeentscheidung abgeändert wird, kann gemäß §§ 31 Abs. 3, 14 Abs. 3 KostO die weitere Beschwerde zugelassen werden. Da der Geschäftswert bei der Entziehungsklage höchst streitig ist, hat die Sache auch grundsätzliche Bedeutung.
Fundstellen