Entscheidungsstichwort (Thema)
Streitwertberechnung nach GKG § 16 Abs 2
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
In die Streitwertberechnung nach GKG § 16 Abs 2 sind die Nebenkosten als Bestandteil des Mietzinses einzubeziehen (Entgegen LG Ulm, 1979-03-21, 1 T 40/78, MDR 1979, 768; Anschluß LG Heilbronn, 1980-10-14, 1 T 219/80 II, MDR 1981, 238).
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung der Kläger. Gem. § 3 des Mietvertrages hatten sie monatlich folgende Beträge zu entrichten:
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1. Mietzins |
635,- |
DM |
2. Vorauszahlungen für |
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a) Heizung |
113,- |
DM |
b) Umlagen |
90,- |
DM |
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insgesamt also |
838,- |
- DM |
Im vorliegenden Rechtsstreit nahmen die Kläger die Beklagten auf Räumung und Herausgabe der vermieteten Räumlichkeiten in Anspruch. Vor dem AG haben die Parteien einen Räumungsvergleich geschlossen. Das AG hat den Streitwert in Höhe des Jahresbruttomietzinses, nämlich auf 10056,- DM, festgesetzt (12 x 838,- DM). Die Beklagten sind der Auffassung, die Nebenkostenvorauszahlungen seien bei der Streitwertfestsetzung nicht zu berücksichtigen.
Entscheidungsgründe
Mit Recht hat das AG den Streitwert in Höhe des Jahresbruttomietzinses, also einschließlich der von den Beklagten geschuldeten Nebenkostenvorauszahlungen, festgesetzt.
Bei der Berechnung des Gebührenstreitwertes für eine Räumungsklage nach § 16 Abs. 2 GKG ist in Rechtsprechung und Literatur umstritten, ob und in welchem Umfange Nebenkosten mit zu berücksichtigen sind. Teilweise werden die vom Mieter zu tragenden Nebenkosten, insbesondere verbrauchsabhängige Kosten wie die Heizungskosten, als Entgelt für außerhalb der eigentlichen Gebrauchsüberlassung liegende Nebenleistungen des Vermieters angesehen mit der Folge, daß die Nebenkosten bei der Streitwertbemessung außer acht gelassen werden (vgl. BGHZ 18, 169; Baumbach-Lauterbach-Hartmann, ZPO, Anhang zu § 3, Stichwort "Räumung", Thomas-Putzo, ZPO, § 3 Anm. 2, Stichwort "Mietstreitigkeiten"; Hartmann, Kostengesetze, § 16 GKG Anm. 2B; LG Bonn MDR 1957, 618; AG Hannover MDR 1974, 176; LG Ulm MDR 1979, 768). Die Gegenmeinung vertritt demgegenüber einen Mietzinsbegriff unter Einschluß der Nebenkosten (vgl. Schmidt-Futterer/Blank, Wohnraumschutzgesetze, B 580 a; Schneider, Streitwertkommentar, Stichwort "Mietstreitigkeiten/Nebenleistungen"; derselbe, MDR 1977, 183; Sternel, Mietrecht, IV 41; Palandt-Putzo, BGB, § 535 Anm. 2 c); Staudinger-Emmerich, BGB, §§ 535, 536 Rn. 106; AG Braunschweig MDR 1974, 758; LG Heilbronn MDR 1981, 238).
Die Kammer folgt der letztgenannten Auffassung.
Auszugehen ist von der Vermieterleistung und dem dafür zu entrichtenden Entgelt. Dabei erscheint es wenig sachgerecht, die Leistungen des Vermieters in die "eigentliche Raumüberlassung" und in "zusätzliche Leistungen" aufzuteilen. Denn die Nebenkosten bzw. Nebenleistungen des Vermieters stehen in so engem Zusammenhang mit der Zurverfügungstellung der Wohnung, daß die Gegenleistung des Mieters von dem Begriff des Mietzinses nicht zu trennen ist. Dies ist unumstritten, wenn Mieter und Vermieter eine sogenannte "Warmmiete" oder "Inklusivmiete" vereinbaren. In diesem Falle wird allgemein die Gegenleistung des Mieters für sämtliche Leistungen des Vermieters als "Mietzins" angesehen, wobei im Regelfall davon ausgegangen werden kann, daß auch die Nebenkosten in dem Mietzins jedenfalls kalkulationsmäßig ihren Niederschlag gefunden haben. Für den Begriff des Mietzinses kann es aber nun keinen entscheidenden Unterschied machen, ob die Parteien eine Warmmiete oder - wie im vorliegenden Falle - eine Nettokaltmiete mit gleichzeitiger Umlegung der Betriebskosten vereinbaren. Im einen wie im anderen Falle stellen sich die Leistungen des Mieters als solche im Zusammenhang mit der Nutzung des Mietobjektes dar. Lediglich die Berechnungsart ist verschieden. Insbesondere es nicht gerechtfertigt, die Heizkosten als zusätzliches Entgelt außerhalb der "eigentlichen Gebrauchsüberlassung" aufzufassen, wenn sie als Vorauszahlungen mit jährlicher Abrechnung geleistet werden. Hat sich der Vermieter zur Beheizung der vermieteten Wohnung verpflichtet, so steht seine Verpflichtung zur Beheizung in so engem Zusammenhang mit der Verpflichtung zur Raumüberlassung, daß beide Pflichten nur noch als eine Einheit, nämlich als eine einheitliche Verpflichtung zur Überlassung einer beheizten Wohnung angesehen werden können (vgl. Schneider, MDR 1977, 183; AG Braunschweig MDR 1974, 758).
Auf der anderen Seite entspricht dem Interesse des Mieters an der Wohnung auch der Preis, den er für die so qualifizierte Gebrauchsüberlassung insgesamt zu zahlen hat.
Nach alledem sind die Nebenkosten als Bestandteil des Mietzinses in die Streitwertberechnung für die Räumungsklage einzubeziehen, wobei die Leistungen, die monatlich wiederkehrend erbracht werden, also die Vorauszahlungen, in Ansatz zu bringen sind. Der Streitwert beläuft sich mithin im vorliegenden Falle auf 12x838,- DM = 10056,- DM.
Fundstellen