Entscheidungsstichwort (Thema)
Verbotene Eigenmacht des Vermieters durch Verweigerung des Wohnungszutritts gegenüber dem Erben des Mieters
Orientierungssatz
Wenn der Vermieter dem Erben des verstorbenen Mieters, der sich durch Vorlage eines privatschriftlichen Testaments im Original ausgewiesen hat, den Zutritt zur Wohnung (bzw die Aushändigung des Wohnungsschlüssels) verweigert, begeht er verbotene Eigenmacht, sofern berechtigte Zweifel an der Erbenstellung nicht veranlaßt sind. Der Vermieter ist in einem solchen Fall nicht berechtigt, die Gestattung des Wohnungszutritts von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.
Tenor
Die sofortige Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluß des Amtsgerichts Köln vom 9.1.1996 - 209 C 547/95 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Gründe
Der Antragsgegner ist Vermieter der Wohnung A d B .. in Köln, deren Mieterin Frau ... am ... verstarb. Am ... ließ der Antragsgegner das Schloß der Eingangstüre der Wohnung auswechseln und verwehrte in der Folgezeit der Antragstellerin, die unter Vorlage eines vom 1.4.1988 datierenden handschriftlichen Testaments der Frau ..., in dem diese sie zu ihrer Alleinerbin eingesetzt hat, um Einlaß in die Wohnung bat, den Zutritt. Die Antragstellerin hat daraufhin am ... beantragt, dem Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Verfügung aufzugeben, ihr die Wohnung sowie die Schlüssel zu dem neu angebrachten Schloß herauszugeben. Nachdem am 14.11.1995 das Testament der Frau ... durch das Nachlaßgericht eröffnet worden ist und die Antragstellerin das Eröffnungsprotokoll zu den Akten gereicht hat, hat der Antragsgegner sich im Termin vom 12.12.1995 zur Herausgabe der Schlüssel bereiterklärt, worauf beide Parteienvertreter den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und Kostenanträge gestellt haben. Das Amtsgericht hat mit dem im Tenor näher bezeichneten Beschluß die Kosten gegeneinander aufgehoben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Antragstellerin hätte unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes mit ihrem Antrag auf Herausgabe der Schlüssel Erfolg gehabt, da sie durch Vorlage des Testaments und des Protokolls über die Eröffnung des Testaments bewiesen habe, Alleinerbin der Frau ... zu sein; da der Nachweis jedoch erst im Laufe des Rechtsstreits erfolgt sei, entspreche es billigem Ermessen, die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufzuheben. Gegen diese ihm am 6.2.1996 zugestellte Entscheidung hat der Antragsgegner mit am 20.2.1996 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Beschwerde eingelegt, mit der er beantragt, den angefochtenen Beschluß abzuändern und die Kosten des Rechtsstreits der Antragstellerin aufzuerlegen. Er meint, er habe der Antragstellerin zu Recht den Zutritt zur Wohnung verwehrt, da diese den Nachweis ihrer Erbenstellung durch Vorlage eines Erbscheins hätte erbringen müssen; er hätte sich möglicherweise in erheblichem Umfang Schadenersatzansprüchen ausgesetzt, wenn er der Antragstellerin ohne weiteres Zugriff auf den Nachlaß ermöglicht hätte und sich später herausgestellt hätte, daß sie gar nicht Erbin der Frau ... sei. Die Antragstellerin sei daher ohne Anlaß vor Gericht gegangen. Da er sich sofort nach Vorlage des Protokolls über die Eröffnung des Testaments zur Herausgabe der Wohnungsschlüssel bereit erklärt habe, habe, wie im Falle eines sofortigen Anerkenntnisses, die Antragstellerin allein die Kosten zu tragen.
Die nach § 91 a Abs. 2 S. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch nicht erfolgreich.
Nachdem beide Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, war über die Kosten gemäß § 91 a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden.
Wie bereits das Amtsgericht in seiner Entscheidung zutreffend festgestellt hat, hätte die Antragstellerin ohne das erledigende Ereignis mit ihrem Verfügungsantrag Erfolg gehabt. Die Antragstellerin konnte sowohl aus § 535 S. 1 BGB als auch aus § 861 Abs. 1 BGB Herausgabe der Wohnung bzw. der Wohnungsschlüssel von dem Antragsgegner verlangen. Als Alleinerbin der Frau ... ist sie gemäß § 1922 BGB auf der Mieterseite in das zwischen dem Antragsgegner und der Erblasserin bestehende Mietverhältnis eingetreten, womit der Antragsgegner als Vermieter gemäß § 535 S. 1 BGB verpflichtet war, ihr den Gebrauch an der Wohnung zu gewähren. Indem er stattdessen das Wohnungsschloß auswechseln ließ, hat er der Antragstellerin gegenüber, auf die gemäß § 857 BGB mit Eintritt des Erbfalls auch der unmittelbare Besitz an der Mietsache übergegangen ist, verbotene Eigenmacht nach § 858 BGB begangen. Obgleich es sich bei dem erlangten Erbenbesitz um unmittelbaren Besitz ohne tatsächliche Sachherrschaft handelt, genießt der Erbe vollen Besitzschutz.
Gesichtspunkte, nach denen es billig wäre, ausnahmsweise der Antragstellerin die Kosten des Rechtsstreits aufzuerlegen, obwohl sie ohne die Erledigung in der Hauptsache obsiegt hätte, ergeben sich nicht. De...