Verfahrensgang

LG Köln (Entscheidung vom 16.05.2011; Aktenzeichen 28 O 351/11)

 

Tenor

Die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 16.05.2011 - 28 O 351/11 - wird aufgehoben und der Antrag auf ihren Erlaß zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Antragsteller auferlegt.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Antragsteller kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages, sofern nicht die Antragsgegnerin zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

 

Tatbestand

Der Antragsteller wurde 1998 wegen Mordes zu 10 Jahren Jugendhaft verurteilt. Anschließend wurde gegen ihn zunächst eine vorläufige und später dann eine nachträgliche Sicherungsverwahrung verhängt. In dieser befindet er sich nunmehr seit zwei Jahren.

In Hinblick auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.12.2009 zur nachträglichen Sicherungsverwahrung hatte der Kläger einen Antrag auf Aufhebung der nachträglich verhängten Sicherungsverwahrung und Haftentlassung gestellt. Diesen Antrag hat der Bundesgerichtshof durch Beschluß vom 14.01.2010 abgelehnt. Auf eine hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde des Antragstellers sowie weiterer Beschwerdeführer hat das Bundesverfassungsgericht am 04.05.2011 entschieden, dass die nachträgliche Anordnung bzw. Verlängerung der Sicherungsanordnung verfassungswidrig sei.

Auf der Internetseite www.E.de, die ausweislich des Impressums von der W mbH & Co. KG, deren persönlich haftende Gesellschafterin die hiesige Antragsgegnerin ist, betrieben wird, erschien in diesem Zusammenhang am 29.04.2011 der als Anlage K 1 zur Antragsschrift zur Gerichtsakte gereichte und nachstehend wiedergegebene Artikel unter der Überschrift "Bundesverfassungsgericht entscheidet: Kommt der Kehlheimer Joggerin-Mörder frei?":

- Es folgt eine einseitige Bilddarstellung. -

Dieser Artikel befand sich auch in dem auf der Internetseite zum Download angebotenen E-Paper der Printversion des "E". Das in diesem Bericht veröffentliche Bildnis des Antragstellers wurde im Rahmen einer Anhörungsentscheidung des Landgerichts Regensburg zu seinem Freilassungsgesuch gefertigt. In die Aufnahme und Veröffentlichung der Fotos willigte der Antragsteller nicht ein.

Der Antragsteller ist der Auffassung, dass er durch die Veröffentlichung des Bildnisses und die Nennung seines abgekürzten Namens identifizierbar sei. Eine identifizierende Berichterstattung im Zusammenhang mit dem 12 Jahre zurückliegenden Verbrechen sei aber unzulässig, da ein zeitgeschichtliches Interesse hieran nicht mehr bestehe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass der Bericht auch die gesellschaftlichen, politischen und gerichtlichen Fragen der nachträglichen Sicherungsverwahrung thematisiere. Diese begründe kein zeitgeschichtliches Interesse an einer den Antragsteller identifizierenden Berichterstattung über die Tat; jedenfalls aber überwiege sein Resozialisierungsinteresse.

Mit Schreiben vom 09.05.2011 forderte der Antragsteller die W mbH & Co. KG zur Abgabe einer Unterlassungserklärung auf. Dies wies die W mbH & Co. KG mit Schreiben vom 12.05.2011 durch die Kanzlei Dr. S3 unter Beifügung einer Prozeßvollmacht der W mbH & Co. KG zurück. Daraufhin stellte der Antragsteller am 13.05.2011 Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die hiesige Antragsgegnerin als Komplementärin der W mbH & Co. KG.

Durch einstweilige Verfügung vom 16.05.2011 hat die Kammer der Antragsgegnerin auf Antrag des Antragstellers unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel untersagt,

über den Antragsteller identifizierend mit dem Namen "E3" und der Abkürzung seines Nachnamens "I." unter Beifügung des ihn identifizierenden Bildnisses, das in dem Beitrag "Bundesverfassungsgericht entscheidet: Kommt der Kehlheimer Joggerin-Mörder frei?" (Evom 29.04.2011) - Anlage K 1 - veröffentlicht ist, öffentlich in der Zeitung "E" oder im Internet auf der Seite www.E.de zu berichten oder dieses Bildnis zu verbreiten, soweit dies im Zusammenhang mit dem vom Antragsteller verübten Mord, wie in dem Beitrag "Bundesverfassungsgericht entscheidet: Kommt der Kehlheimer Joggerin-Mörder frei?" (E vom 29. April 2011) (Anlage K 1) geschieht.

Diese einstweilige Verfügung wurde der Antragsgegnerin auf Veranlassung des Antragstellers am 26.05.2011 durch Gerichtsvollzieher zugestellt, der das Schriftstück in den Räumlichkeiten der Antragsgegnerin einem sich dort befindlichen Auszubildenden übergab. Die Antragsgegnerin hat gegen die einstweilige Verfügung Widerspruch eingelegt.

Der Antragsteller beantragt nunmehr,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 16.05.2011, Az. 28 O 351/11, zu bestätigen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

die einstweilige Verfügung des Landgerichts Köln vom 16.05.2011, Az. 28 O 351/11, aufzuheben und den Antrag auf ihren Erlass zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerin rügt zunächst, dass die einstweilige Verfügung nicht ordnungsgemäß zugestellt und damit nicht vollzogen w...

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