Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit der Kündigung des Mietvertrages in verdeckter Stellvertretung, insbesondere durch den Betreuer. Wirksamkeit durch die sich aus der Bestallung ergebende Vertretungsmacht
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Die Kündigung des Wohnungsmietvertrags in verdeckter Stellvertretung ist unzulässig; dies gilt auch wenn die Kündigungserklärung von der Person ausgesprochen wird, die als Betreuer für die Vertragspartei bestellt worden ist.
2. Kraft seiner sich ggf aus der Bestallung ergebenden Befugnisse kann der Betreuer eine Kündigung des Mietvertrags wirksam erklären.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts in Köln vom 27. April 1995 -- 219 C 554/94 -- wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsrechtszuges trägt der Kläger.
Gründe
Die statthafte, in der rechten Form und Frist eingelegte und begründete Berufung ist zwar zulässig, in der Sache selbst aber nicht gerechtfertigt. Mit Recht hat das Amtsgericht in der angefochtenen Entscheidung die Klage des Klägers abgewiesen. Der Kläger hat gegen den Beklagten nach den §§ 556 Abs. 1, 985 BGB keinen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der Wohnung, weil die von ihm durch seine Betreuerin ausgesprochenen Kündigungen vom 15.12.1994, 21.2.1995 und 24.7.1995 das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis nicht beendet haben.
Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 24.6.1996 vortragen läßt, er sei geschäftsfähig und die von seiner Betreuerin ausgesprochenen Kündigungen seien wirksam, weil sie in seinem Namen und mit seiner Vollmacht erklärt worden seien, so vermag dem die erkennende Kammer nicht zu folgen. Die von der Betreuerin mit Schreiben vom 15.12.1994 ausgesprochene Kündigung ist weder namens noch in Vollmacht des Klägers erklärt worden. In diesem Falle handelt es sich um eine Kündigung in verdeckter Stellvertretung, die nur in Ausnahmefällen, etwa bei sogenannten Geschäften des täglichen Lebens, bei denen es dem anderen auf die Person des Vertragspartners nicht ankommt, wirksam ist. Für ein Dauerschuldverhältnis, aus dem eine Vielzahl von Treuepflichten erwachsen, wie eben bei einem Mietvertrag, ist eine verdeckte Stellvertretung nach der Rechtsprechung nicht zulässig (so AG Hamburg WM 86, 139; LG München WM 89, 282 und AG Bergisch Gladbach WM 90, 345; Emmerich/Sonnenschein § 564 Rdn. 6; Sternel Mietrecht aktuell Rdn. 907). Damit ist diese Kündigung, jedenfalls soweit sie von der Betreuerin als rechtsgeschäftlich dazu Bevollmächtigte ausgesprochen worden sein will, als unwirksam anzusehen. Ob die Rechtsprechung zur verdeckten Stellvertretung auch in den Fällen der gesetzlichen Vertretung, also bei Ausspruch der Kündigung durch die Betreuerin kraft ihrer Bestallung gilt, bedarf an dieser Stelle keiner Entscheidung. Die Kündigungen vom 21.2. und 24.7.1995 sind ebenfalls nicht kraft rechtsgeschäftlich erteilter Vollmacht als wirksam anzusehen. Zwar ist in diesen Kündigungen klargestellt worden, dass sie für den Kläger erklärt worden sind. Es ist aber nicht auf eine rechtsgeschäftlich erteilte Vollmacht Bezug genommen worden, so dass dem Beklagten eine Zurückweisung der Kündigung wegen Nichtvorlage der Vollmachtsurkunde nach § 174 BGB nicht möglich gewesen ist. Für die Fälle der gesetzlichen Vertretung, wie es das Betreuungsverhältnis darstellt, gilt die Vorschrift des § 174 BGB nämlich nicht (Palandt-Heinrichs § 174 Rdn. 1; RG 74, 265; OLG Düsseldorf NJW-RR 93, 470; BAG BB 90, 1130; Bub/Treier Rdn. IV 5).
Die vorgenannten Kündigungen vom 15.12.1994, 21.2.1995 und 24.7.1995 sind auch nicht deshalb wirksam, weil sie von der Betreuerin kraft ihrer sich aus der Bestallung ergebenden Befugnisse ausgesprochen worden sind. Für die Kündigung eines Mietverhältnisses des Klägers braucht die Betreuerin nämlich nach §§ 1908 i, 1812 BGB die Genehmigung des Vormundschaftsgerichts, die hier nicht vorliegt. Der Tatbestand des § 1812 BGB ist gegeben. Die Betreuerin möchte nämlich durch die vorgenannten Kündigungen das Mietverhältnis des Klägers (Betreuten) mit dem Beklagten beenden. Verfügung im Sinne des § 1812 BGB ist jedes Rechtsgeschäft, durch das ein Recht übertragen, belastet, aufgehoben, inhaltlich oder in seinem Rang geändert werden soll. Durch die Kündigungen wird über Leistungsansprüche verfügt. Die Betreuerin möchte durch ihre Erklärungen den Mietvertrag beenden, kraft dessen der Kläger als Betreuter gegenwärtig und zukünftig Mietzinsleistungen gemäß § 535 Satz 2 BGB von dem Beklagten als Mieter verlangen kann. Nur durch diese Auslegung wird der umfassende Zweck der Bestimmung des § 1812 BGB, nämlich das Vermögen des Betreuten zu schützen, gewahrt. Dieser Zweck erfaßt auch den durch die Kündigungen bedingten Verlust künftiger Mietzinsansprüche. Er fordert die vormundschaftsgerichtliche Überprüfung, ob die Kündigungen des Mietverhältnisses dem Interesse der betreuten Person entsprechen. Mit dieser Auslegung des § 1812 BGB befindet sich die erkennende Kammer im Einklang mit der Rechtsprechung, ...