Nachgehend

OLG Köln (Urteil vom 10.05.2012; Aktenzeichen 24 U 118/11)

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin ist Bauträgerin und hat in Berlin das Bauvorhaben "Z" realisiert. In diesem Zusammenhang hatte die Klägerin die I GmbH & Co. KG, eine Kundin der Beklagten, als Generalunternehmerin (nachfolgend auch GU) mit der Erbringung umfangreicher Bauleistungen in insgesamt acht Bauabschnitten beauftragt. Grundlage ist der schriftliche GU-Vertrag vom 12.05.2005 (Anlage MWP 2).

Als Werklohn für die Vertragsleistungen der GU hatten sich die Parteien ausweislich § 6 des GU-Vertrages auf einen "Pauschalfestpreis" von netto EUR 18.400.000,00, zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer (seinerzeit noch 16%) auf brutto EUR 21.344.000,00, verständigt. Dies umfasste als "Festpreisvertrag" nach § 6 Abs. 1 und 2 des GU-Vertrages die "komplette Ausführung" im Sinne einer funktions- und betriebsbereiten Erstellung" des gesamten Bauvorhabens.

Zur Absicherung der Vertragserfüllung hatte sich die GU in § 12 des GU-Vertrages zur Begebung von bauabschnittsbezogenen Vertragserfüllungsbürgschaften in Höhe von 10% der Brutto-Auftragssumme verpflichtet. Die streitige Vertragserfüllungsbürgschaft in Höhe von EUR 122.971,83 für den dritten Bauabschnitt ist von der Beklagten (seinerzeit noch durch die ausweislich der als Anlagenkonvolut MWP 0 beigefügten Handelsregisterauszüge zwischenzeitlich auf die Beklagte verschmolzene W Garantie Zweigniederlassung der W Versicherung AG) am 30. 03.2006 gestellt worden (Anlage MWP 10).

Nach vorzeitiger Beendigung des GU-Vertrages und der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der GU nimmt die Klägerin die Beklagte aus der vorgenannten Vertragserfüllungsbürgschaft in Anspruch. Dabei wird die Klägerin in gewillkürter Prozessstandschaft für die das Bauvorhaben finanzierende F AG tätig, an die die Klägerin die Ansprüche aus der Vertragserfüllungsbürgschaft sicherungshalber abgetreten hat.

Am 14.05.2007 legte die GU ihre 9. Abschlagsrechnung (Anlage MWP 15) vor, die mit einem aus Sicht der GU offenen Rechnungsbetrag von brutto EUR 1.065.026,65 endete. Die Klägerin zahlte auf diese Abschlagsrechnung nicht mit der Begründung, es fehle an der für die Fälligkeit nach § 10 Abs. 1 des GU-Vertrages erforderlichen Leistungsstandfeststellung. Zudem machte die Klägerin ein Zurückbehaltungsrecht wegen Mängeln der Werkleistung geltend. Ausweislich des Ergebnisses der Prüfung der 9. Abschlagsrechnung durch die T mbH (nachfolgend T) vom 16.05.2007 (Anlage MWP 16) war zum damaligen Zeitpunkt von voraussichtlichen Mangelbeseitigungskosten in Höhe von EUR 328.887,84 brutto auszugehen.

Die GU stellte am 25.05.2007 die Arbeiten auf der Baustelle ein und kündigte mit Schreiben vom 29.05.2007 (Anlage MWP 19) den Bauvertrag unter Bezugnahme auf die Kündigungsandrohung vom 22.05.2007 fristlos.

Die Klägerin kündigte ihrerseits den GU-Vertrag mit der GU zum 04.06.2007 (Anlage MWP 17). Mit weiterem Schreiben vom 03.08.2007 (Anlage MWP 39) kündigte die Klägerin gegenüber der GU vorsorglich auch die Teilleistung "Mangelbeseitigung".

Unter dem 04.09.2007 legte die GU ihre Schlussrechnung vor (Anlage MWP 27). Die Klägerin wies die Rechnung als nicht prüfbar zurück.

Die Klägerin verfolgt mit der Klage einen Anspruch auf Auszahlung des vollen Bürgschaftsbetrags gemäß § 765 BGB i. V. m. § 8 Nr. 3 Abs. 1 und 2 VOB/B.

Die Klägerin ist der Ansicht, die GU habe den Generalunternehmervertrag nicht erfüllt, sondern dessen Erfüllung durch die nicht gerechtfertigte Kündigung am 29.05.2007 und ihrem anschließenden Festhalten an dieser Kündigung endgültig und ernsthaft verweigert. Die Klägerin habe daraufhin ihrerseits den Bauvertrag aus wichtigem Grund gekündigt. Die Auftragsentziehung sei gleichermaßen durch § 4 Nr. 7 und § 5 Nr. 3 VOB/B iVm. § 8 Nr. 3 VOB/B begründet.

Die Klägerin macht folgende "Überzahlung" der GU für den dritten Bauabschnitt geltend:

Zahlung an GU

1.142.967,36 EUR

Zahlung an Dritt-Unternehmen

242.028,12 EUR

Schäden für noch nicht beseitigte Mängel

113.422,00 EUR

Schäden wegen Planungsfehlern

70.400,00 EUR

Schadensersatz an Erwerber

18.567,60 EUR

Abzüglich vereinbarter Werklohn

-1.229.718,32 EUR

Schaden (besicherter Anspruch)

357.667,03 EUR

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin EUR 122.971,83 nebst Zinsen in Höhe von 8 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.04.2010 an die F AG, Q-Straße, 10783 Berlin, auf das von dieser für die Klägerin geführte Konto-Nr. #####/#### (BLZ ######) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte wendet ein, dass die Vertragserfüllungsbürgschaft gemäß §§ 307 ff. BGB aus mehreren Gründen unwirksam sei. Die Abrede sei in einer Gesamtschau im Hinblick auf die negativen Liquiditätsauswirkungen zu bewerten. Dabei seien auch Individualregelungen in die Betracht...

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