Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Getrennte Abstimmung über Jahresabrechnung und Verwalterentlastung bei Kostentrennung der Bewirtschaftungskosten in Mehrhausanlage
Verfahrensgang
AG Überlingen (Aktenzeichen UR II 91/86) |
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Amtsgerichts Überlingen vom 30.09.1986 aufgehoben.
2. Es wird festgestellt, daß in der Eigentümerversammlung vom 14.03.1986 dem Verwalter für die Wohnanlage … die vorgelegte Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1985 nicht genehmigt und für das Wirtschaftsjahr 1985 insoweit auch keine Entlastung erteilt worden ist.
3. Die Gerichtskosten des gesamten Rechtsstreits hat die Eigentümergemeinschaft … und … insgesamt zu tragen. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten der Beteiligten findet nicht statt.
4. Der Gegenstandswert des Verfahrens wird auf 10 000,00 DM festgesetzt.
Gründe
Der Antragsteller und die auf AS. 203 – 209 aufgeführten Antragsgegner sind Wohnungseigentümer der Wohnanlage … … in …. Das Wohnungseigentum wurde im Rahmen einer sogenannten Vorratsteilung gemäß § 8 WEG errichtet. Die gesamte Wohnanlage umfaßt zwei Gebäude, nämlich L-Weg und R-Weg mit je 29 Wohneinheiten. Zur Anlage gehört ferner noch eine Hausmeisterwohnung sowie eine Tiefgarage mit 58 Auto-Abstellplätzen. Beide Häuser haben getrennte Versorgungseinrichtungen (Strom, Wasser, Heizung, Müllabfuhr usw.). An gemeinsamen Kosten fallen lediglich diejenigen für den Hausmeister, den Garten sowie für die Tiefgarage an. Nach § 12 der hier maßgeblichen Teilungserklärung (vgl. AS. 81, 83) entspricht der auf jeden Wohnungseigentümer entfallende Anteil an den Bewirtschaftungskosten seinem Miteigentumsanteil am Grundstück. Nach § 13 der Teilungserklärung entscheidet die Wohnungseigentümerversammlung „durch Beschlußfassung in einer Versammlung der Wohnungseigentümer … Soweit nach Stimmenmehrheit beschlossen wird, gewährt jede Wohnung eine Stimme”.
In der Eigentümerversammlung vom 27.01.1976 wurde folgender rechtskräftiger Beschluß gefaßt:
„Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht auf einer allgemeinen Kostentrennung der Bewirtschaftungskosten und einer Teilung der Instandhaltungs-Rückstellung zwischen den Hausgemeinschaften … und …”
Dieser Beschluß wurde in den folgenden Jahren von der Verwaltung des Anwesens befolgt. Darüber hinaus wurde zu zahlreichen, die Eigentümergemeinschaft berührenden Fragen auch getrennt nach beiden Häusern abgestimmt, so insbesondere auch über die Entlastung des Verwalters für 1983 und 1984 in der Eigentümerversammlung vom 10.05.1985. Im einzelnen wird auf die im Verfahren vorgelegte Protokollmappe Bezug genommen. Bis zum 14.03.1986 ergaben sich bei diesen getrennt durchgeführten Abstimmungen keine Probleme hinsichtlich der Stimmenzahl, da bei den. Abstimmungen entweder Einstimmigkeit gegeben war oder jeweils einheitlich eine klare Mehrheit innerhalb einer Hausanlage zu dem fraglichen Abstimmungspunkt bestand. Erstmals in der Eigentümerversammlung vom 14.03.1986 ergab sich bei der Genehmigung der vorgelegten Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1985 sowie der anschließenden Entlastung des Verwalters für dieses Wirtschaftsjahr das Problem, daß der Lupinenweg 10 mehrheitlich weder die Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1985 genehmigte noch dem Verwalter hierfür Entlastung erteilte, hingegen der Rosmarinweg 40 mit allen anwesenden Stimmen die Genehmigung und Entlastung aussprach. Der Verwalter addierte für beide Vorgänge sodann die Stimmen und gelangte zu folgenden Abstimmungsergebnissen insgesamt:
Abrechnung für das Wirtschaftsjahr 1985: |
30 Ja-Stimmen |
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15 Nein-Stimmen |
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keine Enthaltung |
Entlastung für das Wirtschaftsjahr 1985: |
30 Ja-Stimmen |
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14 Nein-Stimmen |
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1 Enthaltung |
Das maßgebliche Protokoll enthält sodann die Feststellung, daß bezüglich der Abrechnung „für beide Häuser dieser Antrag angenommen war” sowie weiter die Feststellung: „Somit ist die Verwaltung für das Jahr 1985 entlastet.”
Der Antragsteller ist der Auffassung, daß in ergänzender Auslegung des Beschlusses vom 27.01.1976 nicht nur getrennt abgerechnet, sondern auch getrennt abgestimmt werden müsse, somit eine Stimmenzusammenzählung, wie am 14.03.1986 erfolgt, nicht zulässig sei.
Demgemäß hat der Antragsteller u. a. die Feststellung begehrt, daß dem Verwalter für die Wohnanlage Lupinenweg 10 hinsichtlich des Geschäftsjahres 1985 keine Entlastung erteilt und auch die Jahresabrechnung 1985 nicht genehmigt worden ist. Dieser Antrag ist allein auch Gegenstand des Beschwerdeverfahrens.
Die Antragsgegner sind dem Feststellungsbegehren entgegengetreten.
Das Amtsgericht Überlingen hat mit Beschluß vom 30.09.1986 (vgl. AS. 187) u. a. auch den erwähnten Feststellungsantrag zurückgewiesen. Zwar wurde dem Beschluß vom 27.01.1976 eine die Bestimmungen der Gemeinschaftsordnung abändernde Wirkung zugelegt. Das Erfordernis einer getrennten Abstimmung vermochte das Amtsgericht jedoch weder aus dem Wortlaut des Beschlusses noch aus seinem Sinn herzuleiten, da dieser Beschluß re...