Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustimmung zur Anordnung der Teilungsversteigerung
Orientierungssatz
Die Anordnung der Teilungsversteigerung eines das gesamte Vermögen von Eheleuten erschöpfenden Grundbesitzes bedarf in entsprechender Anwendung des BGB § 1365 der Zustimmung beider Ehegatten.
Gründe
Das Amtsgericht hat am 15.12.1975 auf Antrag des von seiner Familie getrennt lebenden Ehemanns die Teilungsversteigerung des beiden Eheleuten zu 1/2 gehörenden Grundbesitzes angeordnet, der im wesentlichen ihr gesamtes Vermögen ausmacht. Die hiergegen gerichtete Erinnerung der Ehefrau, die das Einfamilienhaus mit zwei Töchtern bewohnt und die dem das gesamte Vermögen der Eheleute umfassenden Versteigerungsantrag ihre Zustimmung versagt, hat das Amtsgericht zurückgewiesen.
Ihre nach §§ 95, 15 ZVG iV m §§ 766, 793 ZPO statthafte und rechtzeitige sofortige Beschwerde hat Erfolg.
Die Anordnung der Teilungsversteigerung eines das gesamte Vermögen von Eheleuten erschöpfenden Grundbesitzes bedarf in entsprechender Anwendung des § 1365 BGB der Zustimmung des an der Antragstellung nicht beteiligten Ehegatten.
Da die Eigenschaft des Grundstücks als Reichsheimstätte einem Zwangsversteigerungsverfahren nach § 180 ZVG nicht entgegensteht (vgl ua LG Köln JMBl NW 1956, 176), der Grundbesitz aber unstreitig (nahezu) das gesamte Vermögen beider Eheleute repräsentiert, hängt die Rechtmäßigkeit des Anordnungsbeschlusses ausschließlich davon ab, ob der Versteigerungsantrag in direkter oder entsprechender Anwendung des § 1365 BGB der Zustimmung des anderen Ehegatten bedarf. Bei der Entscheidung dieser in Rechtsprechung und Literatur außerordentlich umstrittenen Frage muß allerdings, da der Versteigerungsantrag als solcher mit keiner Rechtsveränderung verbunden ist und deshalb keine "Verfügung" im rechtstechnischen Sinne darstellt (ua RGZ 67, 396; 136, 353)), eine unmittelbare Anwendung des § 1365 BGB ausgeschlossen werden. Angesichts der mit einer freihändigen Veräußerung weitgehend übereinstimmenden Interessenlage der Parteien, der Schutzfunktion des § 1365 Abs 1 BGB sowie nicht zuletzt aus Gründen der Prozeßökonomie hält die Kammer jedoch in Übereinstimmung mit der nunmehr wohl überwiegenden Auffassung in der Rechtsprechung (ua OLG Celle, Familienrechtszeitschrift 1961, 30; OLG Karlsruhe, Familienrechtszeitschrift 1964, 573; OLG Koblenz, NJW 1967, 1139; OLG Köln, NJW 1968, 2250 und MDR 1971, 1013; OLG Saarbrücken, Rechtspfleger 1974, 274) eine entsprechende Anwendung des § 1365 BGB für geboten.
So kann zunächst die mit der Zustimmungsbedürftigkeit in § 1365 Abs 1 BGB bezweckte Schutzwirkung im Wege einer Widerspruchsklage nach § 771 ZPO (so ua Hanseatisches OLG, MDR 1965, 748; LG Karlsruhe, Familienrechtszeitschrift 1966, 355; LG Konstanz, NJW 1966, 2115) etwa mit der Begründung, der Auseinandersetzungsanspruch sei angesichts der besonderen Umstände des Falles durch die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft (§ 1353 BGB) ausgeschlossen (vgl § 749 Abs 2 BGB), nur mit unzulänglichen Mitteln und unsicheren Erfolgsaussichten angestrebt werden. Im übrigen ist die Verpflichtung zur Erhaltung der ehelichen Existenzgrundlage mit ihrer Absicherung durch § 1365 BGB ohnehin nur als Ausfluß der allgemeinen Verpflichtung aus § 1353 BGB und damit als Sonderregelung zu verstehen. Vor allem aber legen die jedenfalls in der materiellen Wirkung weitgehenden Übereinstimmungen zwischen Versteigerungsantrag und Veräußerung sowie Gründe der Verfahrensökonomie eine entsprechende Anwendung des § 1365 BGB auf Teilungsversteigerungsanträge nahe. Es erscheint kaum verständlich, weshalb (so die Gegenmeinung) erst die Zuschlagserteilung einer Zustimmung nach § 1365 bedürfen soll, obwohl diese im Gegensatz zur Einleitung des Versteigerungsverfahrens keiner Mitwirkung der Verfahrensbeteiligten bedarf, die Rechtsänderung sich vielmehr - ein weiterer Grund für die Gleichbehandlung mit einer Verfügung - als Folge des Versteigerungsantrags entwickelt. Schließlich ist auch aus Gründen der Verfahrensökonomie nicht einzusehen, weshalb bei grundsätzlicher Ablehnung einer Versteigerung durch den Antragsgegner das Verfahren gleichwohl bis zur Entscheidung über den Zuschlag weiterbetrieben werden soll und muß, dessen Erteilung dann vom freien Belieben des Antragsgegners abhängig ist. Den Grundsätzen der Teilungsversteigerung wäre eine derartige Verfahrensweise mit einer unmittelbaren Einflußnahme der Beteiligten auf die Zuschlagserteilung überdies ganz fremd.
Da die Antragsgegnerin im vorliegenden Fall der Teilungsversteigerung ihre Zustimmung versagt, war der Anordnungsbeschluß unter Zurückweisung des Versteigerungsantrages aufzuheben.
Fundstellen