Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungs-Grundbuch von Germersheim Bl. 6903
Verfahrensgang
AG Landau (Pfalz) (Beschluss vom 01.12.2000; Aktenzeichen 4 K 34/00) |
Tenor
1) Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Landau – Vollstreckungsgerichts – vom 01.12.2000, Az.: 4 K 34/00, wird kostenfällig zurückgewiesen.
2) Der Gegenstandswert des Vollstreckungsverfahrens wird auf 86.000,– DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Beschwerdeführerin betreibt die Zwangsvollstreckung wegen eines dinglichen und persönlichen Anspruchs aus dem im Grundbuch in Abteilung III unter Nr. 4 eingetragenenen Recht und zwar 16 % Jahreszinsen aus 196.000,– DM vom 01.01.1997 bis 09.11.1997 mit einem Betrag in Höhe von 26.917,33 DM. Der Verkehrswert wurde auf 86.000 DM festgesetzt. Im Versteiegerungstermin erschien ein Bevollmächtigter der Beschwerdeführerin, der zugleich von einer Gesellschaft für Immobilienverwaltung mbH bevollmächtigt war. Die Beschwerdeführerin behauptet unter der Vorlage von Urkunden, sie sei zu 99 % am Stammkapital der Gesellschaft beteiligt und könne damit unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben. Diese Gesellschaft gab das Meistgebot mit einem Bargebot von 40.100,– DM ab, welches verkündet wurde. Wegen der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 17.11.2000 (Bl. 88–97 der Akte nebst Anlagen) Bezug genommen.
Mit Beschluss vom 01.12.2000 hat das Amtsgericht den Zuschlag gem. § 85 a Abs. 1 ZVG versagt, weil das abgegebene Meistgebot einschließlich des Kapitalwerts der nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechte unter 5/10 des Verkehrswerts liege. Die Voraussetzungen, für eine Zuschlagserteilung nach § 85 a Abs. 3 ZVG seien, nicht gegeben, da Personengleichheit zwischen der Beschwerdeführerin und der Meistbietenden nicht bestehe (Bl. 127–128 d.A.).
Hiergegen richtet sich die am 11.12.2000 eingegangene sofortige Beschwerde der Gläubigerin, mit dem Antrag, unter Aufhebung des Beschlusses der Meistbietenden, den Zuschlag zu erteilen. Das Meistgebot von 40.100,– DM zuzüglich der bestehenbleibenden Rechte von insgesamt 200,– DM erreichten zwar nicht die Hälfte des festgesetzen Verkehrswerts. Es müsse jedoch § 85 a Abs. 3 ZVG Anwendung finden. Für die Frage des Eingreifens von § 85 a Abs. 3 ZVG sei immer zu prüfen, ob im Einzelfall die Befriedigungsfiktion des § 114 a ZVG Anwendung finde. Das sei der Fall, wenn der Berechtigte durch eine von ihm abhängige Gesellschaft das Grundstück zu einem Betrag unter der 7/10 Grenze ersteigern lasse um sich dessen Wert zuzuführen. Wegen der Einzelheiten wird auf Bl. 130–132 d.A. und Bl. 105–114 d.A. Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
II.
Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 95 ff, 97 Abs. 1, 98, 100 Abs. 1, 85 a ZVG, 567 ff, 577 ZPO, 11 Abs. 1 RPflG.), hat in der Sache aber keinen Erfolg.
1.
Die meistbietende Gesellschaft und die Gläubigerin sind nicht identisch. Eine direkte Anwendung des § 85 a Abs. 3 ZVG kommt deshalb, wie auch die Beschwerdeführerin einräumt, nicht in Betracht.
2.
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin scheidet aber auch eine analoge Anwendung aus.
2.1.
Die Kammer teilt die Auffassung der Beschwerdeführerin in ihrem Ausgangspunkt: Nach den von der Beschwerdeführerin dargestellten Beteiligungsverhältnissen greift, bei. Zuschlag an die meistbietenden Gesellschaft die Befriedigungsfiktion nach § 114 a ZVG ein (vgl. dazu BGH, Rpfl 1992, 264, 265, m.w.N.; OLG Celle, Rpfl 1989, 118 ff., Böttcher, ZVG, 3. Auflg., § 114 a Rz. 6).
Entgegen der Auffassung der Beschwerdeführerin existiert jedoch kein völliger Gleichlauf der beiden Vorschriften. Das Vollstreckungsgericht hat nur in dem gem. § 85 a Abs. 3 ZVG definierten Anwendungsbereich § 114 a ZVG – dann, auch materiell – zu prüfen. Dies bedingt nicht umgekehrt, dass bei jedem Fall materieller Befriedigungswirkung über § 114 a ZVG der Anwendungsbereich des § 85 a Abs. 3 ZVG eröffnet ist.
Zwischen den Anwendungsbereichen der beiden Normen bestehen strukturelle Unterschiede: Die §§ 74 a, 74 b, 85 a ZVG wenden sich an das Vollstreckungsgericht, das diesen Bestimmungen Handlungsanweisungen entnimmt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Der Adressat dieser Vorschriften ist als Vollstreckungsorgan an titulierte Forderungen und Grundbucheintragungen, mithin an formale Voraussetzungen gebunden. Im Unterschied hierzu enthält § 114 a ZVG keine Handlungsanweisung an das Vollstreckungsgericht. Als Adressaten kommen der befriedigungsberechtigte Ersteher bzw. ein ihm gleichstehender Dritter sowie der Vollstreckungsschuldner in Betracht. § 114 a ZVG enthält eine materiellrechtliche Regelung, die an sich in das BGB gehört (statt anderer Nachweise Muth, Rpfleger 1987, 89, 96). Deshalb wird die materiellrechtliche Zuschlagsfolge des § 114 a ZVG vom Vollstreckungsgericht auch nicht festgestellt. Über die Befriedigungswirkung des § 114 a ZVG als materielle Folge des Zuschlags hat im Streitfall das Prozessgericht zu entscheiden (Prinzip der Funktionsteilung zwischen Erkenntnis- ...