Verfahrensgang

AG Landau (Pfalz) (Urteil vom 27.06.2001; Aktenzeichen 5 C 468/00)

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche der zum Unfallzeitpunkt 51-jährigen Klägerin zu 1) und ihres Sohnes, des damals 26-jährigen Klägers zu 2). Beiden Klägern schwebt ein Schmerzensgeld in der Größenordnung von je 1.500,00 DM vor. Sie behaupten bei einem leichten Unfall eine HWS-Distorsion erlitten zu haben. Die vom Sachverständigen ermittelten Kollisionsdaten: delta-v 6-8 km/h; durchschnittliche Insassenbelastung 1,8g - 2,31g; Spitzenbelastung 3,27g-4,21g.

Das Erstgericht hat nach umfangreicher Beweisaufnahme die Klage abgewiesen, weil die Kläger den ihnen jeweils obliegenden Beweis dafür, dass sie durch das Unfallgeschehen tatsächlich eine Verletzung der HWS erlitten hätten, nicht durch objektive Befunde nachgewiesen hätten.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Kläger ihr Klagebegehren weiter.

Sie meinen, dass Erstgericht sei nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme unzutreffend von der Unbegründetheit der Klage ausgegangen. Das Amtsgericht habe sich bei seiner Entscheidung im wesentlichen auf das eingeholte Gutachten des SV B. Das Gericht sei in Anbetracht der Feststellungen des SV B. von einem Bagatellheckauffahrunfall ausgegangen, bei dem die biomechanische Belastung der klägerischen Fahrzeuginsassen so gering gewesen sei, dass aus orthopädischer Sicht eine Verletzung der HWS unwahrscheinlich bzw. nicht vorstellbar sei. Die Kläger seien anderer Ansicht und meinten, dass das Erstgericht sich nicht pauschal auf Wertungen berufen dürfe, welche keinerlei Allgemeingültigkeit besäßen. Das Amtsgericht habe übersehen, dass die vom SV B. ermittelten Insassenbelastungen nur knapp die von verschiedenen Gerichten bzw. in der Literatur aufgestellten Schwellenwerte verfehlten. Auch habe der SV zutreffend darauf hingewiesen, dass er von durchschnittlichen Werten im Hinblick auf Körpergröße und Gewicht der Kläger ausgegangen sei und bei Vorlage der tatsächlichen Werte entsprechende Korrekturen vorgenommen werden müßten. Dies lasse das Erstgericht unberücksichtigt. Die statistischen Grenzwerte dienten lediglich als grobe Anhalte und seien nicht dazu geeignet, einen substantiierten und mit ordnungsgemäßen Beweisantritt versehenen Klagevortrag gegenstandslos zu machen. Insbesondere habe das Amtsgericht, nachdem die Kläger entsprechend ordnungsgemäß Beweis angeboten hätten, ein medizinisches Sachverständigengutachten in Ergänzung zum kraftfahrtechnischen Gutachten einholen müssen, worauf der SV B. selbst hingewiesen habe. Es werde noch einmal ausdrücklich die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens beantragt, als SV werde Prof. Dr. M. vom Rechtsmedizinischen Institut der Universität H. vorgeschlagen.

Im Übrigen habe das Erstgericht die Anforderungen an die Kläger als beweisbelastete Partei gemäß §§ 286, 287 ZPO überspannt. Bereits das Ergebnis der Beweisaufnahme, in der die behandelnden Ärzte, die Doktores G., B. und B. mündlich oder schriftlich über die Verletzungen der Kläger und deren Ursächlichkeit vernommen worden seien, reiche aus, die Unfallbedingtheit der Verletzungen nachzuweisen. Es werde zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Sitzungsprotokolle Bezug genommen. Die den Attesten, Zeugenaussagen und schriftlichen Stellungnahmen zu entnehmenden Beschwerdeschilderungen der Kläger würden von den behandelnden Ärzten durchweg zweifelsfrei geglaubt, und neben weiteren Diagnosemaßnahmen, als Grundlage für entsprechende Therapiemaßnahmen herangezogen und dokumentiert. Das Erstgericht verkenne, dass bereits diesen Beschwerdeschilderungen, wie auch den übrigen Diagnosefeststellungen, ebenfalls Beweiskraft, zumindest aber eine derart starke Indizwirkung für das Vorliegen einer Beschleunigungsverletzung der HWS zukomme, so dass zumindest ein entsprechender Anschein anzunehmen sei, der von der Beklagtenseite auszuräumen sei (so auch LG Frankenthal, Urteil vom 19.07.1999, 2 S 93/00). Nach Ansicht der Kläger finde insoweit eine Beweislastumkehr statt.

Beide Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Landau vom 27.06.2000 die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an beide Kläger jeweils ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen nebst 4% Zinsen hieraus seit dem 03.08.1999.

Die Beklagten verteidigen das angegriffene Urteil und beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie tragen unter Berücksichtigung der Grundsatzentscheidung der Kammer vom 25.09.2001 vor, das erstinstanzliche Urteil sei allenfalls in der Begründung abzuändern, nicht aber im Ergebnis. Es werde darauf hingewiesen, dass im Streitfall keiner der behandelnden Ärzte objektive Krankheitsmerkmale und Verletzungen der HWS bzw. LWS bei den Klägern festgestellt habe.

 

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Kläger ist zulässig. Die Tatsache, dass beide Kläger durch die Abweisung ihrer Klage nur in Höhe von jeweils 1.500,00 DM beschwert sind, führt nicht zur Unzulässigkeit ihrer Berufung nach den hier anwendbaren (§ 26 Nr. 5 EGZPO) Vor...

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