Leitsatz (amtlich)
Die Beiordnung des Rechtsanwalts als Pflichtverteidiger nach (rechtskräftigem) Abschluss des Verfahrens kommt nicht in Betracht.
Verfahrensgang
AG Leipzig (Entscheidung vom 18.05.2011; Aktenzeichen 204 Ds 806 Js 34756/10) |
Tenor
Die Beschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Amtsgerichts Leipzig vom 18.05.2011 (Az.: 204 Ds 806 Js 34756/10) wird kostenfällig als unbegründet verworfen.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer lebt mit seiner Ehefrau und zwei Kindern in einer Bedarfsgemeinschaft und bezieht staatliche Sozialleistungen ("Hartz IV"). Auf Grund eines nicht genehmigten Algerienaufenthalts des Beschwerdeführers vom 04.09.2009 bis zum 25.09.2009 kam es zu einer Überzahlung der Sozialleistungen in Höhe von 333,03 EUR. Die zuständige Arbeitsgemeinschaft Leipzig stellte am 06.08.2010 (Bi. 48 d.A.) Strafanzeige und rechnete in der Folge ratenweise auf.
Mit Anklageschrift vom 18.02.2011 (B1. 71-73 d.A.) klagte die Staatsanwaltschaft Leipzig den Beschwerdeführer und seine Ehefrau unter Zugrundelegung obigen Sachverhaltes wegen Betruges zu Lasten der Arbeitsgemeinschaft Leipzig (nunmehr "Jobcenter Leipzig") an.
Nachdem das Jobcenter Leipzig mit Schreiben vom 08.03.2011, eingegangen am 11.03.2011 beim Amtsgericht Leipzig, mitgeteilt hatte, dass die überzahlte Forderung seit dem 08.03.2011 vollständig beglichen wurde (B1. 78 Rs), regte das Amtsgericht Leipzig mit Verfügung vom 14.03.2011 gegenüber der Staatsanwaltschaft an, das Verfahren gegen den Beschwerdeführer gemäß § 154 Abs. 2 StPO einzustellen (131. 80 d.A.). Die Staatsanwaltschaft stimmte dem mit Verfügung vom 23.03.2011 nicht zu, da gegen den Beschwerdeführer mehrere Verfahren anhängig seien (131. 82 d.A.).
In der Folge ließ das Amtsgericht die Anklage mit Beschluss vom 26.04.2011 (131. 83 d.A.) zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren. Ebenfalls am 26.04.2011 zeigte sich der Wahlverteidiger des Beschwerdeführers bei der Staatsanwaltschaft in dieser Sache an und beantragte Akteneinsicht (Bi. 85 d.A.). Nachdem die Staatsanwaltschaft dem Verteidiger mitgeteilt hatte, dass bereits Anklage zum Amtsgericht erhoben wurde, zeigte er mit Telefax vom 28.04.2011 (B1. 86 d.A.) beim Amtsgericht Leipzig (erneut) die Verteidigung des Beschwerdeführers an und beantragte seine Beiordnung als Pflichtverteidiger. Die Schwere der Tat würde eine Beiordnung gemäß § 140 Abs. 2 StPO rechtfertigen, da dem Beschwerdeführer im Verurteilungsfall der Widerruf einer anderen Bewährungsstrafe drohe. Im Falle der Beiordnung würde das Wahlmandat niedergelegt.
Auf Nachfrage des Amtsgerichts, weswegen ein Bewährungswiderruf drohen würde, teilte der Wahlverteidiger mit Schreiben vom 09.05.2011, eingegangen am 12.05.2011, dem Amtsgericht unter anderem mit, dass der Beschwerdeführer mit Urteil des Amtsgerichts Leipzig vorn 28.10.2010 (Az.: 211 Ds 806 Js 55022/09) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Monaten, ausgesetzt zur Bewährung, und mit Urteil des Landgerichts Leipzig (Az.: 10 Ns 806 Js 18317/09) zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 10 Monaten, ohne Bewährung, verurteilt wurde (Bi. 88 d.A.). Ferner sei noch ein Verfahren beim Amtsgericht anhängig, in dem er bereits als Pflichtverteidiger beigeordnet worden sei (Az.: 211 Ds 806 Js 60461/10). Die Bildung einer nachträglichen Gesamtstrafe käme in Betracht.
Im Hinblick auf oben genannte Verurteilungen bzw. Verfahren regte das Amtsgericht Leipzig mit Verfügung vom 12.05.2011 (Bi. 88 d.A.) gegenüber der Staatsanwaltschaft erneut eine Einstellung des Verfahrens nach § 154 Abs. 2 StPO an. Mit Verfügung vom 16.05.2011 stellte die Staatsanwaltschaft hinsichtlich der rechtskräftigen Verurteilung im Verfahren 806 Js 18317/09 einen entsprechenden Antrag (BI. 94 Rs d.A.).
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 18.05.2011 (BI. 95-96 d.A.) stellte das Amtsgericht Leipzig unter I. auf Antrag der Staatsanwaltschaft das Verfahren im Hinblick auf die im Verfahren 806 Js 18317/09 erfolgte Verurteilung zu einer 10-monatigen Gesamtfreiheitsstrafe, die dem Gericht erst mit Schriftsatz des Verteidigers vom 09.05.2011 bekannt geworden sei, gemäß § 154 Abs. 2 StPO ein. Die Kosten des Verfahrens wurden - mit Ausnahme der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers - der Staatskasse auferlegt (§§ 464, 467 Abs. 1 und Abs. 4 StPO). Unter II. wurde der Antrag des Wahlverteidigers auf Beiordnung zum Pflichtverteidiger abgelehnt, da die Voraussetzungen für eine Pflichtverteidigung nach der Einstellung des Verfahrens nicht mehr vorlägen.
Mit Schriftsatz vom 26.05.2011 erhob der Verteidiger dagegen Beschwerde, die er auf die Ablehnung der Beiordnung zum Pflichtverteidiger unter II. des Beschlusses beschränkte. Zur Begründung führte er unter Verweis auf zahlreiche landgerichtliche Entscheidungen unter anderem aus, dass auch nach Abschluss des Verfahrens seine Beiordnung zum Pflichtverteidiger zulässig sei, da er den Antrag rechtzeitig gestellt hätte und die Voraussetzungen des § 140 Abs. 2 StPO vorgelegen hätten.
Mit der Begründung, dass eine rüc...