Verfahrensgang
AG Lübeck (Urteil vom 23.10.1992; Aktenzeichen 25 C 2186/92) |
Tenor
Die Berufung der Kläger gegen das am 23. Oktober 1992 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lübeck wird auf ihre Kosten mit der Maßgabe zurückgewiesen, daß das Mietverhältnis bis zum 7. September 1995 fortgesetzt wird.
Von der Darstellung eines Tatbestandes ist gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen worden.
Gründe
Dies Berufung der Kläger ist zulässig, bleibt aber in der Sache ohne Erfolg; es ist lediglich eine bestimmte Dauer der Fortsetzung des Mietverhältnisses angeordnet worden.
Der Anspruch der Kläger als Vermieter gegen die Beklagten als Mieter auf Räumung und Herausgabe der streitbefangenen Wohnung greift im Ergebnis nicht durch, wenngleich im Ausgangspunkt der von den Klägern geltend gemachte Eigenbedarf gemäß dem Kündigungsschreiben vom 30. September 1991 begründet ist (§§ 535, 556 Abs. 1, 556 a, 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Der Wunsch der Kläger, selbst in die streitbefangene Wohnung ziehen zu wollen und dadurch zugleich ihrem Sohn und seiner Verlobten hinreichenden Wohnraum in ihrer bisherigen Wohnung verschaffen zu wollen, ist vernünftig, nachvollziehbar und auch nicht rechtsmißbräuchlich.
Beide Kläger haben durch Vorlage entsprechender ärztlicher Atteste vom 17. September 1992 bzw. vom 11. November 1992 dargelegt, daß sie aus den jeweils angegebenen gesundheitlichen Gründen dringend Einzelzimmer in ruhiger Wohnlage benötigen und daß ärztlicherseits ein Umzug in die … dringend geraten ist (die Arztpraxis befindet sich in der …)
Soweit die Beklagten demgegenüber die gesundheitlichen Beschwerden der Kläger (verglichen mit ihren eigenen) als „minimal” bezeichnet haben, vermag dies nichts daran zu ändern, daß der Eigennutzungswunsch der Kläger aus den dargelegten Gründen die Voraussetzungen des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 BGB im Sinne der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (vgl. Palandt-Heinrichs BGB, 52. Auflage, Rdzif. 42 zu § 564 b BGB m.w.N.) erfüllt.
Nach der Vernehmung des Maklers … in der Berufungsverhandlung vom 13. August 1993 entfällt der Eigenbedarf der Kläger auch nicht deswegen, weil sie die streitbefangene Wohnung zwischenzeitlich durch diesen Makler zum Verkauf angeboten hätten, wie von den Beklagten behauptet wird. Der Zeuge hat nämlich vor der Kammer glaubhaft erklärt, er sei von den Klägern nicht mit dem Verkauf beauftragt worden.
Schließlich rechtfertigt auch der Hinweis der Beklagten auf ein Mieterhöhungsverlangen der Kläger nicht den Schluß, diese wollten, entgegen ihrem prozessualen Vorgehen, am Mietverhältnis mit den Beklagten festhalten.
Bei der nach allem wegen des form- und fristgerechten Widerspruchs der Beklagten gemäß § 556 a BGB vorzunehmenden Abwägung der Vermieter- und Mieterinteressen gelangt die Kammer in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht zu dem Ergebnis, daß das Mietverhältnis fortzusetzen ist, weil die vertragsgemäße Beendigung für die Mieter eine Härte bedeuten würde, die auch unter Würdigung der berechtigten Interessen der Vermieter nicht zu rechtfertigen ist.
Das hohe Lebensalter, die Schwer- und im Falle des Beklagten zu 1) auch Gehbehinderung, ca. 10jähriges Wohnen in der streitbefangenen Wohnung in einer den Bedürfnissen der Beklagten gerechten Umgebung und in der Nähe von hilfsbereiten Verwandten lassen derzeit eine Beendigung des Mietverhältnisses angesichts der gerichtsbekannten Lage auf dem Lübecker Wohnungsmarkt und der sich aufgrund des Alters und der Behinderung der Beklagten ergebenden besonderen Anforderungen an eine andere Wohnung als unzumutbar erscheinen.
Dabei hat die Kammer nicht außer Betracht gelassen, daß auch beide Kläger aus gesundheitlichen Gründen dringend der ruhigen Wohnlage bedürfen und daß auch die Wohnraumbeschaffung für ihren zur Zeit bei ihnen lebenden Sohn ein berechtigtes Anliegen darstellt, zumal auch auf der Klägerseite die Verhältnisse auf dem Lübecker Wohnungsmarkt andere Möglichkeiten einschränken.
Abweichend vom Amtsgericht hat die Kammer indes eine Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht auf unbestimmte Dauer, sondern nur für den Zeitraum bis zum 7. September 1995 angeordnet, was unter Abwägung der besonderen Interessen beider Parteien und unter Berücksichtigung der Lage auf dem Lübecker Wohnungsmarkt als erforderlich und angemessen erschien.
Eine Fortsetzung auf Lebenszeit der Beklagten hatte von vornherein als unzulässig auszuscheiden (vgl. OLG Stuttgart RE vom 06.03.1969 NJW 1969, 1070 und OLG Karlsruhe RE vom 03.07.1970 NJW 1970, 1746).
Aber auch eine Fortsetzung auf unbestimmte Dauer – wie vom Amtsgericht angeordnet – konnte trotz der für die Beklagten sprechenden Umstände hier nach Ansicht der Kammer nicht erfolgen. Nach den Gründen des o.a. Rechtsentscheids des OLG Karlsruhe, auf den sich die Beklagten berufen haben, rechtfertigen selbst ein Alter von 81 Jahren, 17jährige Wohndauer und Gebrechlichkeit nicht die Fortsetzung des Mietverhältnisses auf unbestimmte Dauer, wenn es nicht völlig ungewiß ist, ob und wann die Mieter eine Wohnung von zumutba...