Verfahrensgang
AG Lübeck (Urteil vom 02.12.1991; Aktenzeichen 20 C 3264/91) |
Tenor
Auf die Berufung der Klägerin wird das am 2. Dezember 1991 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lübeck geändert und wie folgt neu gefaßt:
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, die von der Klägerin gemietete Wohnung … bestehend aus 4 1/2 Zimmern, Küche, WC, Bad und Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Den Beklagten wird eine Räumungsfrist bis zum 31. Januar 1993 bewilligt.
Die Beklagten trägen die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner.
Tatbestand
Von der Darstellung eines Tatbestandes wird gemäß § 543 Abs. 1 ZPO abgesehen.
Entscheidungsgründe
Der Klägerin steht gegen die Beklagten gemäß § 556 BGB ein Anspruch auf Rückgabe der Mietsache zu, da das Mietverhältnis betreffend die streitige Wohnung durch die Kündigung der Klägerin vom 6. August 1991/3. September 1991 gemäß § 553 BGB beendet worden ist. Dabei kann dahinstehen, ob auch der Beklagte zu 2) gemäß § 569 a BGB in das Mietverhältnis, das ursprünglich mit der Mutter des Beklagten zu 1), Frau bestand, eingetreten ist. Da die Klägerin über Jahre hinaus Mietzinszahlungen auch durch den Beklagten zu 2) hingenommen und im übrigen die Beklagten zu 1) und 2) in gleichberechtigter Weise angesprochen hat, war jedenfalls eine Kündigung des Mietverhältnisses nicht nur gegenüber dem Beklagten zu 1), sondern auch gegenüber dem Beklagten zu 2) und seiner ebenfalls in der Wohnung lebenden Ehefrau, der Beklagten zu 3), auszusprechen. Eine Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund der von der Beklagten zu 3) während des Frühjahrs/Sommers 1991 in der streitigen Wohnung ausgeübten Prostitution gemäß § 553 BGB ist gegenüber dem Beklagten wirksam ausgesprochen worden. Gegenüber dem Beklagten zu 1) erfolgte dies bereits durch das Kündigungsschreiben vom 6. August 1991. Gegenüber den Beklagten zu 2) und 3) wurde die Kündigung wirksam erklärt mit der Klagschrift des Klägervertreters vom 3. September 1991. Da – wie auch die Kammer meint – Voraussetzung für eine wirksame Kündigung gemäß § 553 BGB; war, daß ihr eine Abmahnung vorausging, konnte das Kündigungsschreiben vom 6. August 1991 gegenüber dem Beklagten zu 2) und 3) keine Wirkung entfalten. Das dieser Kündigung vorangegangene Abmahnschreiben vom 29. Juli 1991 war zwar dem Beklagten zu 1), nicht aber den Beklagten zu 2) und 3) vor dem 6. August 1991 zugegangen. Nachdem aber das Schreiben vom 6. August 1991 zur Kenntnis der Beklagten zu 2) und 3) gelangt war, galten auch sie als abgemahnt. Eine Kündigung ihnen gegenüber konnte folglich mit Prozeßschriftsatz vom 3. September 1991 erfolgen.
Die Kündigung gemäß § 553 BGB war auch begründet. Die Ausübung von Prostitution in einer Mietwohnung ohne Zustimmung des Vermieters ist regelmäßig als vertragswidriger Gebrauch der Mietsache anzusehen. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Wohnung sich in einem jedenfalls durchschnittlich bürgerlichen Haus und einer entsprechenden Wohngegend befindet. Allein der Umstand, daß in der Nachbarschaft des Hauses … verschiedene Geschäfte und Lokale angesiedelt sind, läßt keine andere Beurteilung zu. Es bestehen keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß die Umgebung der Mietwohnung dadurch in die Nähe eines „Rotlichtviertels” gerückt und die Ausübung von Prostitution in einer Wohnung in dieser Gegend als vertragsgemäß angesehen werden könnte.
Dieser vertragswidrige Gebrauch ist von Seiten der Beklagten auch fortgesetzt worden, nachdem sie von der Klägerin wirksam abgemahnt worden waren. Dabei kann dahinstehen, ob die Beklagte zu 3) nach dem 6. August 1991 potentiellen Kunden den Zutritt zur Wohnung verweigert hat. Unstreitig ist, daß nach dem 6. August 1991 jedenfalls noch weitere Kontaktanzeigen in der „…” erschienen und daß die Beklagten nichts unternahmen, um dieses Erscheinen zu verhindern. Das Argument der Beklagten, daß eine Stornierung der bereits geschalteten, Anzeigen zu zeit- und kostenintensiv gewesen wäre, kann nicht überzeugen. Nachdem den Beklagten spätestens aufgrund der Abmahnungen der Klägerin bekannt war, wie diese das Gewerbe der Beklagten zu 3) wertete, hätten die Beklagten alles unternehmen müssen, um eine weitere Verbindung dieses Gewerbes mit der Mietsache zu unterbrechen.
Da das Mietverhältnis mithin beendet worden ist, sind die Beklagten als Gesamtschuldner zur Herausgabe der Mietsache verpflichtet.
Gemäß § 721 Abs. 1 ZPO war ihnen auf Antrag eine angemessene Räumungsfrist zu gewähren.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.
Fundstellen