Verfahrensgang
AG Lüneburg (Urteil vom 14.06.2022; Aktenzeichen 48 C 67/21) |
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das am 14.06.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Lüneburg wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Das genannte Urteil wird ohne Sicherheitsleistung für vorläufig vollstreckbar erklärt.
Der Streitwert für die Berufungsinstanz wird auf 10.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Zur Begründung nimmt die Kammer auf die Darstellung des Sach- und Streitstandes in dem Beschluss vom 07.11.2022 Bezug.
Auch der Schriftsatz vom 06.12.2022 bietet keinen Anlass zu einer anderweitigen Würdigung der Sach- und Rechtslage:
A. Hauptantrag
Mit Schriftsatz vom 06.12.2022 rügt der Kläger, § 47 WEG erfasse nicht nur Altvereinbarungen, die den früheren Gesetzestext wiederholen. Er erfasse auch diejenigen Vereinbarungen, die von der Rechtslage des früheren WEG von vorneherein abweichen. § 47 WEG enthalte keine ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzung, wonach eine Gesetzeswiederholung erforderlich wäre.
I.
Unabhängig davon, ob man in den § 47 WEG das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal hineinlesen möchte, dass dieser nur Altvereinbarungen erfasst, die den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden WEG wiederholen, ist dessen Tatbestandsvoraussetzung nicht erfüllt. Im streitgegenständlichen Fall ist ein entgegenstehender Wille i.S.d. § 47 WEG anzunehmen. Dieser „Versteinerungswille” muss sich nach einer Auslegung aus der Vereinbarung selbst ergeben. Maßgebend ist also der Wortlaut und Sinn, wie er sich aus unbefangener Sicht als nächstliegende Bedeutung der Eintragung ergibt. Umstände außerhalb der Eintragung dürfen nur herangezogen werden, wenn sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BeckOK WEG/Elzer, 50. Aufl., WEG § 47). Es ist ohne weiteres erkennbar, dass ein solcher Wille hier gegeben ist. Die Eigentümer haben explizit eine vom damaligen WEG abweichende Regelung vereinbart. Die damalige Gesetzeslage hinsichtlich der Zuständigkeit und der Kostentragung entsprach in diesem Punkt auch der heutigen. Das bewusste Abwenden von den Zuständigkeiten und damit verbunden der Kostenregelung, spricht eindeutig für einen entgegenstehenden Willen. Daher ist davon auszugehen, dass die Wohnungseigentümer das Zusammenleben in der WEG eigenständig und abweichend von der damaligen und damit auch heutigen Rechtslage regeln wollten. Einen anderen Sinn und Zweck kann der Regelung nicht entnommen werden.
II.
Darüber hinaus ist die Kammer der Auffassung, dass dem § 47 WEG das ungeschriebene Tatbestandsmerkmal der wiederholenden Altvereinbarung beizumessen ist, wobei es hierauf grundsätzlich nach dem oben Gesagten nicht ankommt.
1.
Zum einen meint der Kläger Gegenteiliges folge aus den Gesetzesmaterialien (vgl. BR-Drs. 168/20, S. 95). Die Gesetzesbegründung führe nämlich an erster Stelle aus, dass § 47 WEG sicherstellen soll, dass die geänderten Vorschriften des WEG „in der Regel auch in den Gemeinschaften gelten” soll, „in denen Wohnungseigentum vor Inkrafttreten der Änderungen begründet worden ist”. Eine Einschränkung auf bloß gesetzeswiederholende Alternativvereinbarungen sei dem nicht zu entnehmen. Der später in der Gesetzesbegründung erwähnte Anwendungsfall, dass eine Vereinbarung den Gesetzeswortlaut wiederholt, werde lediglich beispielhaft aufgeführt.
Dieser Einwand des Klägers verfängt nicht. Entgegen der Ansicht des Klägers handelt es sich in der Gesetzesbegründung nicht nur um eine beispielhafte Aufzählung. In der Begründung heißt es klar:
„Eine solche Vorschrift ist notwendig, da viele Gemeinschaftsordnungen den Wortlaut des bei ihrer Errichtung geltenden Gesetzes wiederholen. In der Regel wird damit nicht bezweckt, dass diese Vorschriften auch gegenüber späteren Gesetzesänderungen Vorrang genießen. Vielmehr soll die Wiederholung gesetzlicher Vorschriften in der Gemeinschaftsordnung in der Regel nur den Wohnungseigentümern und dem Verwalter die Lektüre des Gesetzes ersparen. Problematisch ist jedoch, dass es bei späteren Gesetzesänderungen zu einem zumindest formalen Widerspruch von Gemeinschaftsordnung und geändertem Gesetz kommen kann”. (BR-Drs. 168/20, S. 95)
Aus dieser Formulierung wird deutlich, dass der Gesetzgeber die Notwendigkeit des § 47 WEG gerade für solche Fälle erachtet hat, wo ursprünglich der Gesetzeswortlaut mit der Formulierung in der Gemeinschaftsordnung übereinstimmte. In einem solchen Fall lag demnach zunächst keine abweichende Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 WEG vor und war auch nicht gewollt. Sinn und Zweck war allein die damit einhergehende Ersparnis der Gesetzeslektüre. Wenn aber nun durch die geänderte Gesetzeslage der neue gesetzliche Wortlaut und die Formulierung in der Gemeinschaftsordnung nicht übereinstimmen, so würde rein formal eine abweichende Vereinbarung nach § 10 Abs. 1 WEG vorliegen. In diesem Fall müsste im Wege der Auslegung ermittelt werden, ob eine abweichende Vereinb...