Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruflichkeit eines als Genossenschaftsbeitritt ausgestalteten Vertrages über die Einräumung von Ferienwohnrechten als Haustürgeschäft wegen Verstoßes gegen das Umgehungsverbot und provozierter Vertreterbestellung. Bestimmung der Widerrufsfrist und des örtlich zuständigen Gerichts
Orientierungssatz
1. Bei einem als Genossenschaftsbeitritt ausgestalteten entgeltlichen Vertrag, der im Kern die Bereitstellung einer Ferienunterkunft, als die Einräumung eines sogenannten Ferienwohnrechts, gegen Zahlung einer einmaligen "Einkaufssumme" und weiterer, jährlich über 99 Jahre hinweg zu entrichtender Beiträge zum Gegenstand hat, handelt es sich um eine das HWiG (juris: HTürGG) umgehende, anderweitige Gestaltung gemäß HWiG § 5, so daß ein solcher in der Wohnung des Kunden geschlossener Vertrag grundsätzlich widerruflich ist.
2. Für Streitigkeiten ist die sich aus HWiG § 7 ergebende Zuständigkeit auch dann gegeben, wenn in dem Vertragswerk eine abweichende Gerichtsstandsvereinbarung enthalten ist. Bei dem für die örtliche Zuständigkeit des Prozeßgerichts maßgebenden HWiG § 7 handelt es sich um einen ausschließlichen Gerichtsstand, so daß wegen ZPO § 40 Abs 2 in Verbindung mit HWiG § 5 Abs 3 S 1 eine abweichende Vereinbarung, sei sie auch in der Satzung einer Genossenschaft enthalten, nicht möglich ist.
3. Das Widerrufsrecht des Kunden ist nicht gemäß HWiG § 1 Abs 3 Nr 1 ausgeschlossen, weil der Vertragsschluß in der Wohnung des Kunden anläßlich eines bestellten Vertreterbesuchs erfolgt ist, wenn die "Bestellung" darin bestehen soll, daß der Kunde, der bei einem ersten Besuch des Vertreters keine Zeit zu einem Gespräch hatte, dem Vertreter bedeutet hat, er könne noch einmal "vorbeikommen". Dann nämlich liegt eine provozierte Bestellung vor, die nicht unter den Ausnahmetatbestand des HWiG § 1 Abs 2 Nr 1 fällt.
4. Auch ist der Widerruf nicht durch den Ablauf der Monatsfrist des HWiG § 2 Abs 1 S 4 ausgeschlossen, wenn nach der innerhalb eines Monats erfolgten Aufnahme in die Genossenschaft und der Einräumung des Ferienwohnrechts noch insgesamt 99 Jahre lang (Beitrags-)Leistungen zu erbringen sind.
Allein der Genossenschaftsbeitritt und die Gewährung des Ferienwohnrechts stellt dann noch keine vollständige Leistungserbringung im Sinne des HWiG § 2 Abs 1 S 4 dar.
Nachgehend
Tenor
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 22.357,58 DM nebst 4% Zinsen seit dem 19.09.1994 Zug um Zug gegen Rückübertragung der Mitgliedschaft in der Genossenschaft ..., und Rückgabe des Nutzungsrechtes in der Hotelanlage ..., Wohneinheit ... zu zahlen.
Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 6,1%, die Beklagte 93,9%.
Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 27.000,-- DM vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung i.H.v. 250,-- DM abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Beklagte ist eine Genossenschaft, deren satzungsmäßiger Zweck es ist, für ihre Mitglieder sogenannte "Ferienwohnrechte" zu beschaffen bzw. diese ihren Mitgliedern zu vermitteln. Der Kläger ist genossenschaftliches Mitglied der Beklagten.
Der Kläger hat am 07.12.1988 seinen Beitritt zu der Beklagten erklärt. Auf den Inhalt des zur Akte gereichten Zeichnungsscheines (Bl.49 d.A.) wird Bezug genommen. Für das ihm eingeräumte Wohnrecht in dem Hotelzimmer Hotel ... in den Wochen Nr.5 und 6 im Jahr zahlte der Kläger einen Betrag von 23.800,-- DM. Hierin waren 2.000,-- DM für den Erwerb von zwei Genossenschaftsanteilen enthalten. Die Zahlung des Betrages erfolgte auf ein Treuhandkonto. In dem von dem Kläger unterzeichneten Zeichnungsschein (Bl.49 d.A.) befindet sich ferner der Hinweis:
"Sofern der Kaufpreis finanziert werden soll, kann ich innerhalb von 7 Tagen von diesem Antrag zurücktreten."
Der Kläger finanzierte den Gesamtbetrag auf die kostenlose Vermittlung der Beklagten durch die ... Auf den Inhalt der hierzu zu den Akten gereichten Unterlagen wird Bezug genommen (Bl.24, 25, 38). Der Kläger muß ferner einen Jahresverwaltungsbeitrag i.H.v. derzeit 480,-- DM leisten. Von den ihm im Zeitraum von 1989 bis 1994 zustehenden Nutzungsrechten hat der Kläger 7 Wochen in Anspruch genommen, ein Restanspruch von 3 Wochen steht ihm noch zu. Auf die hierzu zur Akte gereichte Abrechnung wird Bezug genommen (Bl.92 d.A.).
Das dem Kläger zustehende Wohnrecht kann dieser für einen Zeitraum von längstens 99 Jahre in Anspruch nehmen. In der Satzung der Beklagten, auf deren Inhalt ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 27-30 d.A.), heißt es hierzu:
"§ 5 Abs.1: (...) Die Genossenschaft stellt den Mitgliedern an einem bestimmten Teil der jeweiligen Ferienimmobilie das in Abs.2 näher bezeichnete Ferienwohnrecht unwiderruflich für längstens 99 Jahre gegen Zahlung eines Entgeltes jährlich zur Verfügung, so lange das Mitglied in der Genossenschaft verbleibt und seinen satzungsgemäße...