Tatbestand

Am 03.06.1998 entgleiste bei Eschede der ICE Wilhelm Conrad Röntgen infolge eines Bruchs eines Radreifens. Die Klägerin, deren Ehemann bei diesem Zugunglück ums Leben kam, verlangt von der Beklagten ein über gezahlte 30.000,00 DM hinausgehendes Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 30.000,00 DM sowie den Ersatz der Beträge, die sie aufwenden musste, um eine Fahrerlaubnis zu erwerben, ein Fahrzeug anzuschaffen, um zu der Gedenkstätte der Opfer dieses Zugunglücks in Eschede zu kommen und um zur Selbsthilfegruppe für Hinterbliebene des Zugunglücks zu kommen.

Der Ehemann der Klägerin, der als beamteter Lockbetriebsinspektor für die Beklagte tätig war, befand sich als Passagier auf der Rückfahrt von einem Einsatzort in dem verunglückten Zug. Er wurde am 19.06.1998 beerdigt.

Die am 13.01.1946 geborene Klägerin war mit dem Verstorbenen seit 1966 verheiratet. Ihre Berufstätigkeit als Verkäuferin gab sie auf, um die 1967 und 1968 geborenen Kinder zu erziehen.

Die Klägerin meint, dass zu prüfen sei, ob der Beklagten bedingter Vorsatz hinsichtlich der Unfallursache anzulasten sei.

Die Klägerin hält ferner das von der Beklagten gezahlte Schmerzensgeld in Höhe von 30.000,00 DM im Hinblick auf ihre durch den Tod ihres Ehemannes verursachten Leiden für nicht annähernd angemessen. Seit dem 03.06.1998 leide sie an Depressionen, die sich durch psycho-somatische Beschwerden äußerten wie häufige Migränefälle, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit, wegen derer sie in ständiger Behandlung ihres Hausarztes sei. Da sie ein sehr verschlossener Mensch sei, habe es sie viel Überwindung gekostet, an der Selbsthilfegruppe teilzunehmen. Sie sehe sich nicht in der Lage, wie von der Familie vorgeschlagen, sich etwa einem Psychotherapeuten Einzelgesprächen zu öffnen. Auf Drängen der Familie habe sie einen Führerschein gemacht. Einschließlich der Fahrtkosten von 1.500,00 DM seien ihr in dem Zusammenhang, der Höhe nach unbestritten, 8.327,05 DM Kosten entstanden. Sie habe sich ferner ein Automatikfahrzeug ( 8.700,00 DM) anschaffen müssen. Sie habe für die Besuche der regelmäßigen Treffen der Angehörigengruppe der Unfallhilfe Eschede in der Beratungsstelle 750,00 DM gezahlt. Darüber hinaus habe sie für Fahrten zu der Gedenkstätte des Zugunglückes 750,00 DM aufzuwenden gehabt.

Die Klägerin trägt weiter vor, sie sei wenige Tage nach der Beerdigung unter dem Einbruch der Geschehnisse zusammengebrochen und in das Kreiskrankenhaus zur stationären Behandlung eingeliefert worden, unter anderem wegen Unterleibsblutungen. Sie hat hierzu ein Attest der Gemeinschaftsfrauenärzte vom 24.10.2001 vorgelegt, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 154 d.A.).

Die Klägerin beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an sie über bisher geleistete 30.000,00 DM hinaus ein weiteres Schmerzensgeld in angemessener Höhe, mindestens weitere 30.000,00 DM sowie weitere 18.257,05 DM zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, sie hafte schon deswegen nicht, weil ihr das Haftungsprivileg des § 46 Abs. 2 Satz 1 BeamtVG zur Seite stehe. Darüber hinaus ist sie der Ansicht, dass der Beklagten nach den vom Bundesgerichtshof aufgestellten Grundsätzen zur Begründung eines Schmerzensgeldanspruchs in Folge des Todes eines nahen Angehörigen ein Anspruch der Beklagten gemäß den §§ 823, 847 BGB selbst dann nicht bestehe, wenn zugunsten der Klägerin deren (unsubstantiierter) Vortrag zugrunde gelegt würde. Jedenfalls rechtfertige deren Vorbringen aber kein über 30.000,00 DM hinausgehendes Schmerzensgeld.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidunqsgründe:

Die Klage ist unbegründet, denn die Klägerin hat weder einen Anspruch auf das von ihr geltend gemachte (weitere) Schmerzensgeld gemäß den §§ 823, 847 BGB noch hat sie Anspruch auf den Ersatz der von ihr vorgetragenen Aufwendungen gemäß den §§ 823, 844 Abs. 2 BGB.

Unabhängig von der Frage, ob zugunsten der Beklagten das Haftungsprivileg des § 46 Abs. 2 BeamtVG gilt, hätte die Klägerin nur dann gegen die Beklagte einen Anspruch auf Schmerzensgeld, wenn der Tod ihres Ehemannes nicht die Verwirklichung eines allgemeinen Lebensrisikos wäre und die Art und Schwere der Auswirkungen dieses Todesfalles deutlich über das hinausginge, was nahestehende Angehörige eines Getöteten erfahrungsgemäß erleiden.

Die Kammer hat schon Zweifel, ob die von der Klägerin geschilderten Beeinträchtigungen deutlich über das hinausgehen, was ein naher Angehöriger in Folge des Todes eines geliebten Menschen erleidet. Der plötzliche Verlust des Ehemannes ist ohne Frage grundsätzlich ein Ereignis, das die Hinterbliebenen in hohem Maße seelisch belastet. Daraus resultierend sind (Nerven-) Zusammenbrüche und anhaltende Depressionen einschließlich der von der Klägerin geschilderten psycho-somatischen Beschwerden wie Kopfschmerzen, Schlafstörungen und Appetitlosigkeit durchaus vielfach zu beobachtende Reaktionen des Körpers eines Hin...

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