Leitsatz (amtlich)

Hat der Angeschuldigte nicht innerhalb der ihm gem. § 142 Abs. 1 StPO gesetzten Frist einen Verteidiger seiner Wahl benannt und hat deshalb der Vorsitzende einen nicht benannten Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger bestellt, muss die Bestellung wieder aufgehoben werden, wenn der Angeschuldigte noch die Beiordnung eines bestimmten Rechtsanwalts beantragt, bevor der Beschluss des Vorsitzenden Außenwirkung erlangen konnte.

 

Verfahrensgang

AG Magdeburg (Entscheidung vom 24.01.2012)

 

Tenor

Auf die Beschwerde des Angeklagten durch Rechtsanwalt Jan-Robert Funck aus Braunschweig werden die Beschlüsse des Amtsgerichts Magdeburg vom 24. Januar 2012, mit denen zum Einen der Antrag des Rechtsanwalts Funck auf Beiordnung als Pflichtverteidiger zurückgewiesen und zum Anderen Rechtsanwalt D. gem. § 140 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StPO als Verteidiger des Angeklagten beigeordnet wurde, insoweit aufgehoben.

Rechtsanwalt Jan-Robert Funck wird mit Wirkung vom 1. Dezember 2011 als Pflichtverteidiger des Angeklagten beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

 

Gründe

I.

Die Staatsanwaltschaft Magdeburg erhob am 17. November 2011 Anklage zum Amtsgericht - Jugendschöffengericht - Magdeburg wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit einem fahrlässigen Verstoß gegen das Pflichtversicherungsgesetz in Tateinheit mit Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit fahrlässiger Körperverletzung, begangen am 7. August 2011 als Führer des Kraftfahrzeuges Pkw Opel Omega, Kennzeichen: XXXXXXX, auf der Bundesstraße 71 in Richtung Haldensleben.

Zudem klagte die Staatsanwaltschaft Magdeburg den Angeklagten am 10. November 2011 an, in der Zeit vom 2. bis zum 22. August 2011 in vier Fällen eine Leistungserschleichung durch Benutzung von Zügen der Deutschen Bahn AG begangen zu haben, ohne zuvor einen Fahrschein gelöst zu haben, sowie mit Anklage vom 14. November 2011, dies ebenso in der Zeit vom 23. bis 24. Juli 2011 in drei Fällen einer Leistungserschleichung getan zu haben.

Alle drei Verfahren wurden am 29. November 2011 durch das Amtsgericht Magdeburg unter Führung des Verfahrens 22 Ls 360/11 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden.

Am 1. Dezember 2011, eingegangen beim Amtsgericht Magdeburg am selben Tage, zeigte Rechtsanwalt Jan-Robert Funck aus Braunschweig die Verteidigung des Angeklagten an und beantragte, diesem als Pflichtverteidiger gem. § 140 Abs. 1 Nr, 5 StPO beigeordnet zu werden.

Ausweislich des Vollstreckungsblattes in Bd. I, BI. 21 d.A. verbüßt der Angeklagte seit dem 21. September 2011 eine sechsmonatige Jugendstrafe aufgrund des Urteils des Amtsgerichts Magdeburg vom 21. März 2011 (Az.: 24 Ls 364 Js 31455/09 - 291/10). Nach Ablauf von zwei Dritteln der Strafe am 20. März 2012 steht die Vollstreckung einer Restjugendstrafe aus dem Urteil des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. September 2010 (Az.: 22 Ls 337 Js 15180/10 - 215/10) nach dem Widerruf der Strafaussetzung zur Bewährung an, von der zwei Drittel am 30. März 2012 vollstreckt sein werden. Das Terminende ist auf den 19. August 2012 notiert. Aufgrund dessen befindet sich der Angeklagte gegenwärtig in der Jugendanstalt Raßnitz.

Am 2. Januar 2012 schlug das Amtsgericht Magdeburg Rechtsanwalt Funck drei Terminsblöcke vor - 14. und 23. Februar 2012, 21, Februar und 1. März 2012 sowie 28. Februar und 8. März 2012 - und forderte den Verteidiger auf, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens mitzuteilen, ob er an einem Termin von jeweils zwei Tagen eines vorgeschlagenen Blockes an der Verhandlung teilnehmen könne. Sollte dies nicht möglich sein, so das Amtsgericht, werde der Verteidiger gebeten, zusammen mit dem Mandanten einen anderen Verteidiger zu benennen, der seinerseits einen Terminsblock wahrnehmen könne. Für den Fall, dass dies nicht fristgemäß geschehe, werde das Gericht dem Angeklagten einen Verteidiger bestimmen.

Dieses Anschreiben des Gerichts wurde dem Verteidiger - ausweislich der Zustellungsurkunde im Bd. III, BI. 104 d. A - am 6. Januar 2012 zugestellt, sodass die gesetzte zweiwöchige Frist am 20. Januar 2012 ablief. Am 24, Januar 2012 wies das Amtsgericht Magdeburg, nachdem innerhalb der gesetzten Frist keinerlei Reaktion des Angeklagten oder des Rechtsanwalts Funck erfolgt war, seinen Antrag auf Beiordnung als Pflichtverteidiger zurück. Zur Begründung wurde auf die Aufforderung des Gerichts vom 2. Januar 2012 sowie die gesetzte Frist, die fruchtlos verstrichen sei, Bezug genommen.

Am. 24. Januar 2012 ließ das Amtsgericht zudem die drei Anklagen der Staatsanwaltschaft Magdeburg zur Hauptverhandlung zu und eröffnete das Hauptverfahren vor dem Jugendschöffengericht. Zugleich ordnete es dem Angeklagten Rechtsanwalt Dr. D aus Magdeburg gem. § 140 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 StPO als Pflichtverteidiger bei. Hauptverhandlungstermine wurden auf den 21 Februar und den 1. März 2012 bestimmt.

Am. 25. Januar 2012 teilte Rechtsanwalt Funck dem Amtsgericht mit, ...

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