Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigungserklärung durch Bevollmächtigten. Kündigungsfrist bei Wohnraumvermietung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Weist der Mieter eine Kündigungserklärung unverzüglich zurück, weil dieser eine Kündigungsvollmacht für den Bevollmächtigten nicht beilag, so kann die nachfolgende Aufforderung zur Einsichtnahme in die bei dem Bevollmächtigten vorliegende Vollmachtsurkunde der Kündigung nicht zur Wirksamkeit verhelfen.

2. Die vom Vermieter von Wohnraum zwingende einzuhaltende Kündigungsfrist bemißt sich auch dann nach der tatsächlichen Wohndauer des Mieters in demselben Haus, wenn er die Wohnung gewechselt hat, wobei der dafür maßgebende Anlaß grundsätzlich unerheblich ist.

 

Normenkette

BGB §§ 564b, 565, 556

 

Tatbestand

I.

Die Beklagten, die unstreitig ab 1963 zunächst aufgrund eines mündlichen, ab 5.10.1967 eines schriftlichen Mietvertrages im Hause des Klägers und jetzigen Eigentümers eine Wohnung innehatten, sind zu einem späteren Zeitpunkt vom 2. in das 1. Obergeschoß umgezogen. Der Kläger hat durch seinen Bevollmächtigten P. S. das Mietverhältnis mit Schreiben vom 17.2.1975 zum 30.6.1975 kündigen lassen (Bl 19). Die Beklagten rügten durch Schreiben vom 24.2.1975, daß der Kündigung eine Kündigungsvollmacht nicht beigelegen habe (Bl 20). Durch Schreiben des Hauseigentümer-Vereins, Grundeigentümer-Vereins und Wohnungseigentümer-Vereins vom 7.4.1975 wiederholte der Kläger unter Bezugnahme auf die den Beklagten mittlerweile bekannten Vollmachtsurkunden die Kündigung zum nächstzulässigen gesetzlichen Termin (Bl 67).

Da die Beklagten nicht bereit waren, zum 30.6.1975 auszuziehen, erhob der Kläger am 16.6.1975 Räumungsklage, die die Parteien nach erfolgter Räumung im Termin vom 17.9.1975 unter Stellung wechselseitiger Kostenanträge übereinstimmend für erledigt erklärten (Bl 49).

Durch Beschluss vom 31.10.1975, auf dessen Gründe Bezug genommen wird, erlegte das Amtsgericht dem Kläger gemäss § 91a ZPO die Kosten des Rechtsstreits auf.

Gegen diesen Beschluss legte der Kläger am 18.11.1975 sofortige Beschwerde ein. Er ist der Ansicht, daß die Beklagten die Verfahrenskosten tragen müssen, weil das Mietverhältnis wenigstens aufgrund der Kündigung vom 7.4.1975 bei einer Kündigungsfrist von 3 Monaten im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung wirksam beendet gewesen sei.

Die Beklagten sind der sofortigen Beschwerde entgegengetreten.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die sofortige Beschwerde des Klägers ist zulässig gemäß den §§ 91a Abs II, 567ff, 577 ZPO. Sie ist aber unbegründet, weil das Mietverhältnis zwischen den Parteien im Zeitpunkt der Erledigung noch nicht beendet war und die Räumungsklage daher ohne die Erledigungserklärungen als unbegründet hätte abgewiesen werden müssen.

Nach Erledigung der Hauptsache ist über die Verfahrenskosten gemäß § 91a Abs I ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstandes und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei entspricht es der Billigkeit, der bei einer streitigen Entscheidung voraussichtlich unterliegenden Partei die Verfahrenskosten aufzuerlegen. Dies wäre in vorliegendem Fall der Kläger gewesen, da weder die Kündigung vom 17.2.1975 noch die vom 7.4.1975 das Mietverhältnis bis zum Verhandlungstermin vom 17.9.1975 beendet hatte und die Klage auf sofortige Räumung gerichtet war.

1. Die Kündigung vom 11.2.1974 war hierzu schon deshalb nicht ausreichend, weil ihr keine Vollmachtsurkunde beilag und dies von den Beklagten unverzüglich gerügt worden ist (§ 174 BGB). In Übereinstimmung mit den insofern zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Beschluß ist die Kammer aufgrund des Inhalts des Schreibens vom 28.2.1975 (Bl 22), in welchem der Bevollmächtigte des Klägers auf die Rüge der mangelnden Vollmacht lediglich die Einsichtnahme in die bei ihm vorhandene notarielle Vollmachtsurkunde angeboten hatte, der Überzeugung, daß die Vollmachtsurkunde der Kündigung selbst nicht beigelegen hat. Der bloße Hinweis auf das Vorhandensein einer Kündigungsvollmacht und die Möglichkeit der Einsichtnahme seitens des Gekündigten können daher die Beifügung der Vollmachtsurkunde zum Kündigungsschreiben (§ 564a BGB) nicht ersetzen.

2. Selbst wenn dies doch der Fall gewesen ein sollte, so wäre die Räumungsklage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vom 17.9.1975 aber dennoch unbegründet gewesen, weil die gesetzliche Kündigungsfrist des § 565 Abs II BGB von 12 Monaten hinsichtlich beider Kündigungen noch nicht abgelaufen und damit das Mietverhältnis in diesem Zeitpunkt noch nicht beendet war. Es ist unstreitig, daß die Beklagten seit 1963 Mieter im Hause des Klägers sind. Ihnen steht daher gemäß § 565 Abs II S 2 BGB eine 12-monatige Kündigungsfrist zu. Der unstreitige Umstand, daß die Beklagten innerhalb des Hauses umgezogen sind, ist auf die Berechnung der Kündigungsfrist ohne Einfluß, und zwar unabhängig davon, auf wessen Wunsch der Wohnungswechsel vorgenommen wurde (streitig, vgl Schmidt-Futterer, Wohnra...

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