Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenumzug als Härtegrund
Orientierungssatz
Zur Kostenentscheidung nach ZPO § 91a, wenn die an sich begründete Eigenbedarfskündigung deshalb nicht durchgreift, weil dem Mieter der Schutz der Sozialklausel infolge eines nicht zumutbaren Zwischenumzugs zuzubilligen ist.
Gründe
I.
Die Beklagten waren aufgrund Mietvertrages vom 9.12.1973 (Bl I 7ff) ab 1.3.1974 Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung im Erdgeschoß des Hauses der Kläger in B., A.-Str.; der Mietzins betrug 385,-- DM einschließlich Nebenkostenvorauszahlung. Unter dem 7.11.1974 (Bl I 13) kündigten die Kläger das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.3.1975, weil sie die Wohnung der Beklagten für den Kläger Ziff 1 benötigen würden. Die Beklagten widersprachen der Kündigung durch Schreiben vom 15.11.1974 (Bl I 16); sie verlangten die Fortsetzung des Mietverhältnisses im wesentlichen mit der Begründung, daß sie auf eine lange Mietdauer hätten vertrauen dürfen und dementsprechend hohe Investitionen gemacht hätten. Außerdem bringe ein doppelter Umzug innerhalb kurzer Zeit erhebliche Unkosten mit sich.
Das Amtsgericht Schwetzingen verurteilte auf die unter dem 10.3.1975 erhobene Räumungsklage die Beklagten nach Vernehmung des Zeugen R. N. (vgl Protokoll vom 20.6.1975, Bl I 54ff) durch Urteil vom 18.8.1975 antragsgemäß zur Räumung und Herausgabe; eine Räumungsfrist wurde den Beklagten nicht bewilligt. Wegen der Begründung sowie des Vorbringens der Parteien vor dem Amtsgericht und der dort gestellten Anträge wird auf Tatbestand und Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen (Bl I 70ff).
Gegen das am 1.10.1975 zugestellte Urteil legten die Beklagten, soweit ihnen eine Räumungsfrist versagt worden ist, am 10.10.1975 sofortige Beschwerde ein. Am 31.10.1975 kam die Berufung der Beklagten gegen obiges Urteil bei Gericht ein; die Berufung wurde am 14.11.1975 begründet.
Wegen des Sachvortrags der Parteien im Berufungsverfahren wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Die Beklagten hatten im Termin vom 12.2.1976 zuletzt beantragt,
das Urteil des Amtsgerichts Schwetzingen vom 18.8.1975 aufzuheben und die Klage abzuweisen, hilfsweise das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis bis 1.3.1976 fortzusetzen.
Die Kläger hatten beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Nachdem die Beklagten entsprechend ihrer Ankündigung im Termin vom 12.2.1976 zum 1.3.1976 in die angemietete Ersatzwohnung eingezogen waren und die streitbefangene Wohnung geräumt hatten, erklärten die Parteien den Rechtsstreit im Termin vom 11.3.1976 übereinstimmend für erledigt und stellten wechselseitige Kostenanträge.
II.
Nach der übereinstimmenden Erledigungserklärung der Parteien ist über die Verfahrenskosten gemäß § 91a ZPO unter Berücksichtigung des bisherigen Sachstands und Streitstands nach billigem Ermessen zu entscheiden. Hierbei entspricht es grundsätzlich der Billigkeit, die Kostenentscheidung an dem vermutlichen Ausgang des Verfahrens auszurichten. In vorliegendem Berufungsverfahren war im hierfür maßgeblichen Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses die Räumungsklage deswegen unbegründet, weil auf den Widerspruch der Beklagten hin gemäß § 556a BGB die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis 1.3.1976 auszusprechen gewesen wäre. Es erscheint daher als billig im Sinne des § 91a Abs 1 ZPO, den Klägern die Kosten des Verfahrens beider Instanzen aufzuerlegen.
An und für sich war zwar das Räumungsverlangen der Kläger wegen Eigenbedarfs gemäß § 1 Abs 2 Ziff 2 des ersten WKSchG gerechtfertigt. Wie im amtsgerichtlichen Urteil zutreffend ausgeführt ist, reicht schon die Geburt des zweiten Kindes und der durch die vermehrte Arbeitsbeanspruchung bedingte Bedarf des Ehemannes der Klägerin Ziff 2 an einem eigenen Arbeitszimmer aus, einen Eigenbedarf im Sinne der obigen Vorschrift festzustellen. Darüber hinaus haben die Kläger aber im Berufungsverfahren zusätzlich unter Beweis gestellt, daß der schlechte Gesundheitszustand der Klägerin Ziff 2 die Einstellung einer im Hause unterzubringenden Haushaltspraktikantin erfordert. Die Kammer hat daher keinen Zweifel daran, daß die Kläger darauf angewiesen waren, den Kläger Ziff 1 aus der eigenen Wohnung in die streitbefangene Wohnung der Beklagten umzuquartieren.
Dennoch wäre die Klage bei einer Entscheidung im Anschluß an den Kammertermin vom 12.2.1976 gemäß § 556a BGB abzuweisen gewesen, weil es den Beklagten, die eine Ersatzwohnung zum 1.3.1976 angemietet hatten, nicht zuzumuten gewesen wäre, einen kurzfristigen Zwischenumzug durchzuführen (Schmidt-Futterer, Wohnraumschutzgesetze, 2. Aufl, Rdnr B 187 mwN). Die ungewöhnlich hohe Belastung, die auf die Beklagten im Falle eines doppelten Umzugs innerhalb kürzester Frist zugekommen wäre, ist als Härtegrund im Sinne des § 556a Abs 1 BGB anzusehen. Dem steht nicht entgegen, daß sich die Beklagten ausweislich ihres im Beschwerdeverfahren 4 T 246/75 eingereichten Schriftsatzes vom 15.10.1975 (Bl I 88) erst nach dem Erlaß des amtsgerichtlichen Urteils um eine E...