Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur Darlegung des Eigenbedarfs
Orientierungssatz
Die Konkretisierung der Eigenbedarfsgründe im Kündigungsschreiben ist ausnahmsweise dann entbehrlich, wenn dem Mieter vor der Abgabe der Kündigungserklärung die dafür maßgebenden Gründe mündlich mitgeteilt worden sind und darauf offensichtlich in der schriftlichen Erklärung Bezug genommen wird (Ergänzung LG Mannheim, 1975-11-21, 4 T 273/75, MDR 1976, 403).*Z
Tatbestand
Die Beklagte wohnt mit ihren 3 Kindern im Alter von 10, 12 und 14 Jahren aufgrund des Mietvertrags vom 20. März 1972 (I 13ff) zu einem Mietzins von DM 570,-- in der Eigentumswohnung der Klägerin in M., W.-Str..
Durch Schreiben vom 30. April 1975 (I 20) kündigte die Klägerin den Mietvertrag zum 31. Juli 1975 und gab als Kündigungsgrund "Eigenbedarf" an. Da die Beklagte nicht auszog, reichte die Klägerin im August 1975 Räumungsklage ein. Darin führte sie aus, daß sie aufgrund ihrer ehelichen Verhältnisse gezwungen sei, die ihr gehörende Eigentumswohnung in Besitz zu nehmen.
Sie hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, die in M., W.-Str., gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Bad, 1 Küche, 1 WC, 1 Diele, 1 Kellerraum an die Klägerin herauszugeben und zu räumen.
Die Beklagte hat
Klagabweisung, hilfsweise Fortsetzung des Mietverhältnisses auf angemessene Zeit,
hilfsweise die Gewährung einer Räumungsfrist
beantragt.
Der Eigenbedarf sei weder in der Kündigung noch in der Klageschrift näher erläutert, so daß die Klage unschlüssig sei.
Im übrigen bedeute die Kündigung für sie eine nicht zu rechtfertigende Härte. Ein Umzug in einen anderen Stadtteil, der in Ermangelung vergleichbarer Wohnungen im L. notwendig würde, bringe erhebliche Umschulungsprobleme für ihrer drei Kinder mit sich. Auch sei es für sie als alleinstehende Frau, die seit längerem krank sei, (Attest I 22) und finanziell schlecht stehe, schwierig, mit 3 Kindern eine Wohnung zu finden. Ihre bisherigen Bemühungen seien erfolglos gewesen. Hinzu komme, daß ihr beim Einzug vom Ehemann der Klägerin zugesichert worden sei, die Wohnung sei als Kapitalanlage und nicht zum eigenen Gebrauch gedacht.
Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 7. November 1975 (I 32ff) die Klage abgewiesen, da die Kündigung mangels näherer Angabe der Eigenbedarfsgründe unwirksam sei.
Gegen das am 25. November 1975 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10. Dezember 1975 Berufung eingelegt, die sie zugleich begründet hat.
Sie ist der Meinung, daß bei einem Sachverhalt wie dem vorliegenden, wo es um persönliche Dinge geht, zur Darlegung des Kündigungsgrunds die Erklärung genügen müsse, die Wohnung in Besitz nehmen zu wollen. Die ehelichen Verhältnisse gingen den Mieter nichts an. Im übrigen habe die Beklagte aufgrund zweier Gespräche vor und nach der Kündigung genau Bescheid gewußt, daß sie - die Klägerin - wegen ihrer zerrütteten Ehe aus der Ehewohnung ausziehen müsse, und habe hierfür Verständnis gezeigt, was sich mittelbar auch aus ihren beiden Schreiben vom 14. Mai und 25. Juli 1975 (II 4) ergebe.
Sie beantragt daher:
1.
Das Urteil des Amtsgerichts Mannheim vom 7.11.1975 wird aufgehoben.
2.
Die Beklagte wird verurteilt, die in M., W.-Str, gelegene Wohnung, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Bad, 1 Küche, 1 WC, 1 Diele und 1 Kellerraum zu räumen und an die Klägerin herauszugeben.
Die Beklagte beantragt unter Wiederholung ihres erstinstanzlichen Vortrags, die Berufung zurückzuweisen,
hilfsweise das Mietverhältnis fortzusetzen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Vernehmung der Beklagten als Partei (Protokoll II 23).
Entscheidungsgründe
Die gemäß den §§ 511f ZPO zulässige Berufung ist begründet, da der Mietvertrag zwischen den Parteien beendet ist und die Beklagte nicht dessen Fortsetzung verlangen kann.
1. Der Mietvertrag wurde zwar nicht aufgrund der Kündigung vom 30. April 1975 beendet. Denn diese Kündigung war, wie das Amtsgericht zu Recht erkannt hat, bereits aus formalen Gründen unwirksam, da keinerlei Tatsachen für den behaupteten Eigenbedarf angegeben waren, wie das Gesetz es vorschreibt (§ 564b Abs III BGB; vgl auch Schmidt-Futterer, Wohnraumschutzgesetze, 2. Aufl, Rdn B 546, 547 mN). Von diesem Erfordernis kann auch nicht deshalb abgesehen werden, weil hierbei die ehelichen Verhältnisse offenbart werden müssen. Der Schutzzweck des Begründungszwangs erfordert diese Angaben auch in einem solchen Fall, damit dem Mieter eine sachliche Nachprüfung und ein Ausrichten seiner Maßnahmen zur Rechtswahrung auf die angegebenen Gründe möglich ist (vgl Schmidt-Futterer aaO). Die bloße Angabe "Eigenbedarf" war im vorliegenden Fall auch nicht deshalb ausreichend, weil die Klägerin der Beklagten - wie die Beweisaufnahme erbracht hat - bei Übergabe des Kündigungsschreibens die dem Eigenbedarf zugrundeliegenden Tatsachen mündlich mitgeteilt hat. Denn das Gesetz verlangt in den §§ 564a Abs 1 und 564b Abs III BGB ausdrücklich die schriftliche Mitteilung der erforderlichen Angaben.
2. Die Beendigung des Mietvertrags trat aber aufgrund der als nochmalige ...