Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnraum. Kündigung. Vermieter. Eigenbedarf. spezifizierter Kündigungsgrund
Leitsatz (amtlich)
Eine auf Eigenbedarf gestützte ordentliche Kündigung von Wohnraum durch den Vermieter bedarf entgegen BGB § 564a Abs 1 S 2 zu ihrer Wirksamkeit der Angabe des Kündigungsgrundes im Kündigungsschreiben, wobei dieser hinreichend spezifiziert werden muß. (Fortführung LG Dortmund, 1974-10-22, 1 T 82/74, WuM 1975, 148; Fortführung LG Köln, 1975-01-13, 1 S 118/74, WuM 1975, 210; Fortführung LG Mannheim, 1975-11-21, 4 T 273/75, WuM 1976, 77)*Z
Tatbestand
Durch Mietvertrag vom 24. September 1957 vermietete der zwischenzeitlich verstorbene Vater der Klägerin als deren Rechtsvorgänger die im Streit befindliche Wohnung in E., G.-Str 21, an die Beklagten. Mit Schreiben vom 11. Januar 1977 erklärte die Klägerin die Kündigung des Mietverhältnisses zum 1. Februar 1976. Das Schreiben hat folgenden, auszugsweisen Wortlaut:
"Hiermit kündige ich Ihnen das Mietverhältnis über die von Ihnen in meinem Hause ... gemietete Wohnung zum nächstzulässigen Termin, dem 1. Februar 1978.
Ich darf Sie bitten, die genannte Wohnung zu dem angegebenen Termin geräumt an mich herauszugeben. Sofern Sie dem Räumungsbegehren nicht nachkommen, werde ich zu meinem Bedauern Räumungsklage gegen Sie einreichen müssen.
Gegen diese Kündigung steht Ihnen unter den Voraussetzungen des § 556a BGB ein Widerspruchsrecht zu. Sie müssen diesen Widerspruch mir gegenüber spätestens 2 Monate vor Ablauf der Kündigungsfrist schriftlich erklären.
Die Kündigung selbst wird aus folgenden Gründen ausgesprochen:
Eigenbedarf".
Die Beklagten widersprachen dem Kündigungsschreiben nicht.
Mit der Klage vom 10. März 1978 begehrt die Klägerin die Räumung der Wohnung, nachdem eine nach dem Kündigungstermin ausgesprochene Aufforderung vom 9. Februar 1978 zum Räumen der Wohnung zum 28. Februar 1978 ebenfalls erfolglos blieb. Zur Begründung hat sie vorgetragen, daß sie die Wohnung für ihren Sohn benötige, der sich mit Heiratsabsichten trage.
Die Beklagten vertreten die Auffassung, die Kündigung sei mangels hinreichender Begründung unwirksam. Deshalb habe es ihres Widerspruches nicht bedurft.
Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung der Wohnung verurteilt und zur Begründung im wesentlichen ausgeführt:
Die Kündigung der Klägerin sei wirksam, weil sie den gesetzlichen Formerfordernissen genüge und der gesetzlichen Kündigungsfrist hinreichend Rechnung trage. Weitere Wirksamkeitsvoraussetzungen für eine Kündigung hätten die Ergänzungen des § 564a BGB durch das 3. Mietrechtsänderungsgesetz vom 21. Dezember 1967 nicht geschaffen. Die Begründung der Kündigung sei nach § 564a Abs 1 Satz 2 BGB lediglich als Obliegenheit des Vermieters ausgestaltet, deren Verletzung für ihn zwar dann nachteilige Folgen haben könne, wenn der Mieter der Kündigung widerspreche, ansonsten jedoch keinen Einfluß auf die Wirksamkeit der Kündigung habe. Das dem Eigenbedarf der Klägerin widersprechende Vorbringen der Beklagten im Räumungsprozeß könne nicht berücksichtigt werden, weil die Klägerin eine Fortsetzung des Mietverhältnisses abgelehnt habe, nachdem die Beklagten der Kündigung nicht innerhalb der gesetzlichen 2-Monats-Frist widersprochen hätten. Aus den gleichen Gründen sei auch für die Prüfung der Frage, ob die Beendigung des Mietverhältnisses für die Beklagten eine ungerechtfertigte Härte bedeutet, kein Raum.
Gegen dieses ihnen am 18. Mai 1978 zugestellte Urteil haben die Beklagten am 31. Mai 1978 Berufung eingelegt und diese mit gleichem Schriftsatz begründet. Sie sind weiterhin der Auffassung, die Kündigung sei mangels ausreichender Begründung unwirksam, und machen hierzu Rechtsausführungen.
Die Beklagten beantragen,
die Klage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die statthafte Berufung ist formgerecht und fristgerecht eingelegt und begründet worden (§§ 511, 511a, 516, 518, 519 ZPO). Sie ist auch sachlich gerechtfertigt.
Die Kündigung der Klägerin vom 11. Januar 1977 war mangels hinreichender Begründung unwirksam. Der Begründungszwang für eine Kündigung von Wohnraum ergibt sich - abgesehen von Ausnahmefällen - aus § 564b Abs 3 BGB.
Zwar spricht der Wortlaut des § 564a Abs 1 S 2 BGB grundsätzlich gegen die Notwendigkeit einer Begründung. § 564a BGB, der in seiner jetzigen Fassung aufgrund des Gesetzes zur Verbesserung des Mietrechtes und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von Ingenieurleistungen und Architektenleistungen (MRVerbG) seit dem 5. November 1971 in Kraft ist und in seinem wesentlichen Inhalt auf dem 3. MRÄndG vom 21. Dezember 1967 beruht, wird insoweit von § 564b BGB überlagert, der durch das am 28. November 1971 in Kraft getretene 1. Wohnraumkündigungsschutzgesetz eingeführt worden ist und in seiner jetzigen Fassung auf dem 2. Wohnraumkündigun...