Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzanspruch des Vermieters für Beschädigung der Mietwohnung durch den Mieter
Orientierungssatz
1. Beschädigt der Mieter anläßlich der Räumung bei der Entfernung selbstklebender Teppichfliesen mittels eines chemischen Lösungsmittels den darunter liegenden PVC-Bodenbelag, so ist er zum Schadenersatz in Höhe der Neuverlegung verpflichtet, wenn die Schäden anderweitig nicht zu beheben sind.
2. Der Vermieter muß sich einen Abzug "neu" für "alt" anrechnen lassen.
Tatbestand
Die Beklagten waren vom 1.10.1969 bis 31.8.1973 Mieter einer 3-Zimmer-Wohnung im Hause der Kläger in W., F.-Weg. Sie zogen am 11.8.1973 aus der Wohnung aus. Im Wohnzimmer hatten sie auf dem vorhandenen Pegulanfußbodenbelag selbstklebende Teppichfliesen verlegt, die sie nach Auszug wegnahmen. Die auf dem Pegulanboden zurückbleibenden Klebereste versuchten sie mittels eines chem. Lösungsmittels (Terpentinersatz) zu beseitigen.
Mit der Klage haben die Kläger Ersatz der Kosten verlangt, die ihnen durch das Verlegen eines neuen Fußbodenbelags entstanden sind.
Sie haben behauptet, daß die Beklagten bei der Beseitigung des Teppichbodens unsachgemäß vorgegangen seien. Durch eingedrungenes Lösungsmittel seien der Pegulanboden sowie der darunterliegende Estrich beschädigt worden, so daß nach Entfernung des alten Bodens eine Neuverlegung mit vollflächiger Ausspachtelung des gesamten Unterbodens notwendig gewesen sei. Der Kostenaufwand hierfür habe DM 451,10 betragen.
Sie haben beantragt,
die Beklagten zur Zahlung von DM 451,10 nebst 8% Zinsen seit 15.10.1973 sowie zu DM 5,-- außergerichtlicher Mahnkosten zu verurteilen.
Die Beklagten haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie haben behauptet, daß eine Neuverlegung des Pegulanbodens nicht notwendig gewesen sei. Sie seien bereit und fähig gewesen, den Boden durch Beseitigung der vorhandenen Kleberreste in seinen ursprünglichen Zustand zu versetzen. Sie hätten dies am 23.8.1973 erledigen wollen. An diesem Tag sei aber der Boden herausgerissen gewesen, so daß sie ihrer Verpflichtung nicht mehr hätten nachkommen können.
Das Amtsgericht Weinheim hat Beweis erhoben durch Vernehmung des Kaufmanns und Fußbodenlegers H. C.; wegen des Beweisergebnisses wird auf das Protokoll vom 18.3.1974 (Bl I, 31) verwiesen.
Durch Urteil vom 29.3.1974 hat das Amtsgericht die Beklagten zur Zahlung von DM 451,10 und 8% Zinsen seit dem 26.10.1973 verurteilt. Hinsichtlich der Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils Bezug genommen.
Gegen das am 22.5.1974 zugestellte Urteil legten die Beklagten am 19.6.1974 Berufung ein, die sie am 26.6.1974 begründeten.
Sie tragen vor, daß der von ihnen bei der Beseitigung des Teppichbodens geschaffene Zustand behebbar gewesen sei. Sie seien mit dem für den Boden unschädlichen Lösungsmittel sparsam umgegangen, so daß weder die Pegulanfliesen noch der Estrich hätten so beschädigt werden können, daß sie nicht mehr hätten verwendet werden können. Die noch erforderlichen Restarbeiten hätten sie ab 23.8.73 bis Ende des Monats erledigen können. Im übrigen seien die Platten des Pegulanbodens, der seit 1963 bei mindestens 4 Vormietern in Gebrauch gewesen sei, bei Einzug an einigen Stellen lose gewesen. Auf jeden Fall sei daher ein Abzug "neu für alt" von mindestens 50% vorzunehmen.
Die Beklagten beantragen,
das Urteil des Amtsgerichts Weinheim vom 29.3.1974 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung wiederholen sie im wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Sie behaupten weiter, daß sie den Zeugen C. zu Recht eingeschaltet hätten, daß die Beklagten ihrer Verpflichtung zur Herstellung eines ordnungsgemäßen Zustands nicht nachgekommen seien. Sie bestreiten im übrigen, daß der Pegulanboden bei Einzug nicht in Ordnung gewesen sei. Ein Abzug "neu für alt" sei nicht gerechtfertigt, weil der Wert des gebrauchten Pegulanbodens für sie - die Kläger - derselbe sei wie der eines neuen Bodens.
Die Kammer hat eine Auskunft der P.-Werke F. darüber eingeholt, ob durch eingedrungenen Terpentinersatz Substanzschäden an Pegulanplatten und Estrich hervorgerufen und hierdurch abgelöste Platten mit einem Spezialkleber wieder verklebt werden können. Auf den Inhalt der Auskunft vom 30.1.1975 (Bl 35) wird verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Berufung der Beklagten ist zulässig (§§ 511ff ZPO) und teilweise begründet, da die Kläger einen Abzug "neu für alt" in Höhe von einem Drittel ihrer Schadensersatzforderung hinnehmen müssen.
1.
Die Kläger haben gegen die Beklagten wegen der von diesen verschuldeten Beschädigung des Pegulanfußbodens einen Schadensersatzanspruch aus positiver Vertragsverletzung. Beim Versuch, die Kleberreste zu entfernen, haben die Beklagten nämlich soviel Terpentinersatz auf den Pegulanboden aufgebracht, daß das Lösungsmittel durch die Fugen der Pegulanplatten in die Plattenstöße und bis...