Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluß der Rückzahlung einer Kaution
Orientierungssatz
Eine mietvertragliche Vereinbarung, wonach der Vermieter eine geleistete Kaution nicht zurückzahlen muß, wenn der Mieter vor dem Ablauf einer einjährigen Mietdauer auszieht, ist unwirksam.
Tatbestand
Der Kläger verlangt von dem Beklagten die Rückzahlung zuviel bezahlter Miete und einer Kaution im Gesamtbetrag von DM 832,50.
Die Parteien haben am 7. März 1974 einen Mietvertrag über eine möblierte Zwei-Zimmer-Wohnung in M., S 6.21 abgeschlossen. Die Mietzeit begann am 15. März 1974. Der Mietzins betrug DM 465 monatlich; in derselben Höhe leistete der Kläger eine Kaution, hinsichtlich derer im Mietvertrag folgendes vereinbart wurde:
Mieter zahlt eine Kaution von DM 465 (iW: Vierhundertfünfundsechzig D-Mark), diese Kaution geht bei vertragsgemäßem Auszug zurück, jedoch nicht, wenn Mieter vor 1 Jahr auszieht.
Bei Einzug stellte der Kläger das vereinzelte Auftreten von orientalischen Schaben fest. Als die Tiere vermehrt auftraten, benachrichtigte er am 10. Mai 1974 den Beklagten, der unverzüglich (Mitte Mai) von einem Schädlingsbekämpfer eine Vergasung der Wohnung durchführen ließ. Die Vergasung ist am 7. Juni 1974 wiederholt worden, nachdem der Kläger schon ausgezogen war.
Unter Berufung auf das vermehrte Auftreten der Schaben (insgesamt etwa 60 Stück) hat der Kläger am 4. Juni 1974 den Mietvertrag fristlos gekündigt und die Rückzahlung des nicht verbrauchten Teils der Juni-Miete und der Kaution verlangt.
Er hat beantragt,
den Beklagten zur Zahlung von DM 832,50 nebst 10% Zinsen seit 28.6.1974 zu verurteilen.
Der Beklagte hat
Klagabweisung
beantragt.
Ein Kündigungsgrund sei nicht gegeben gewesen, da ihn ein Verschulden an dem Vorhandensein der Schaben nicht getroffen habe. Mit Rücksicht auf die Vertragsklausel könne der Kläger auch die Kaution nicht zurückfordern.
Das Amtsgericht hat durch Urteil vom 20. Dezember 1974 der Klage bis auf den Zinssatz stattgegeben. Der Kläger habe nach § 544 BGB wegen Gesundheitsgefährdung fristlos kündigen können. Die Kautionsklausel sei wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unwirksam.
Gegen das am 25. März 1975 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 4. Februar 1975 Berufung eingelegt, die er am 3. März 1975 begründet hat.
Mit ihr macht er geltend, daß der Kläger die Schaben selbst eingeschleppt habe. Außerdem sei von den Tieren keine erhebliche Gesundheitsgefährdung im Sinne des § 544 BGB ausgegangen. Hilfsweise rechnet der Beklagte mit der Mietzinsforderung für Juli 1974 und zwei weiteren Forderungen gegen den Kautionsrückzahlungsanspruch auf. Da die Kündigung als fristlose unwirksam gewesen sei und die Wohnung erst zum 1. August 1974 wieder habe vermietet werden können, schulde der Kläger noch die Juli-Miete.
Er beantragt daher,
das Urteil des Amtsgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Das Amtsgericht hat seine Entscheidung zu Recht auf § 544 BGB gestützt. Von den angewendeten Ungeziefervertilgungsmitteln sei eine gesundheitsschädigende Wirkung ausgegangen. Außerdem sei bekannt, daß die orientalischen Schaben Krankheitsüberträger seien (Beweis: Sachverständigengutachten). Die hilfsweise Aufrechnung sei unzulässig, da sie der Prozeßverschleppung diene. Sie habe schon in der 1. Instanz geltend gemacht werden können. Hilfsweise bestreitet der Kläger, daß die Wohnung im Juli 1974 leergestanden habe.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch die Anhörung des (sachverständigen) Zeugen L.. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen (AB II 25 Raff).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die gemäß §§ 511f ZPO zulässige Berufung ist begründet. Infolge der Unwirksamkeit der Kündigung und der zulässigerweise erklärten Aufrechnung schuldet der Beklagte dem Kläger nichts. 1. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rückzahlung der nichtverbrauchten Juni-Miete, da seine fristlose Kündigung mangels Kündigungsgrunds unwirksam war.
a) Die Voraussetzungen des § 544 BGB sind entgegen der Meinung des Amtsgerichts und des Klägers nicht erfüllt. Es ist zwar richtig, daß das Auftreten von orientalischen Schaben nicht besonders hygienisch ist. § 544 BGB setzt jedoch eine erhebliche Gefährdung der Gesundheit voraus, wobei sich die Erheblichkeit sowohl auf die Gefahr als auch auf die Gesundheitsbeeinträchtigung bezieht.
Eine solche erhebliche Gesundheitsgefährdung geht nach den überzeugenden Ausführungen des Zeugen, der Schädlingsbekämpfer ist, von den orientalischen Schaben nicht aus; ihr Schädlichkeitsgrad ist vielmehr lediglich der einer Stubenfliege. Der Kläger hat zwar die Kompetenz des Zeugen bezüglich dieser Frage bestritten, ohne allerdings hierfür Tatsachen anzugeben. Das Gericht vermag dem nicht zu folgen. Aufgrund der Gesamtheit der Ausführungen, die der Zeuge bei seiner Anhörung gemacht hat, ist die Kammer von der Richtigkeit seiner z...