Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Findet während der Heizperiode ein Mieterwechsel statt, so können die Heizkosten nach Wahl des Vermieters entweder auf der Basis einer Zwischenablesung oder nach der Gradtagszahlmethode zwischen den Mietern aufgeteilt werden. HeizkostenV § 12 Abs 1 Nr 4 findet keine Anwendung (So auch LG Bonn, 1986-03-17, 6 S 482/85, WuM 1988, 172; Abweichung LG München I, 1987-11-24, 32 S 11942/87, WuM 1988, 132).
Gründe
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Weiterhin machen die Beklagten geltend, daß die Abrechnung nicht den Vorschriften der HeizkostenV entspreche. Der Kläger sei verpflichtet gewesen, bei Auszug der Beklagten eine Zwischenablesung vorzunehmen; die Abrechnung nach Gradtagszahlen sei nicht zulässig.
Diese Ansicht wird auch von einem Teil der Rechtsprechung vertreten (LG München I WM 88, 132; LG Berlin GE 86, 281; AG Bochum WM 86, 143; AG Bremerhaven WM 86, 120). Zur Begründung wird ausgeführt, daß die Vorschriften der HeizkostenV zwingend eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorschreiben und daß die Ziele dieser VO nicht erreicht werden, wenn die Verteilung von Heizkosten zwischen Vormieter und Nachmieter unter Anwendung der Gradtagszahlentabelle erfolgt. Auch das AG hat sich dieser Rechtsprechung angeschlossen.
Die Kammer hält diese Ansicht nicht für zutreffend (ebenso LG Bonn WM 88, 172; AG Schöneberg GE 88, 635). Die Kammer ist der Meinung, daß die Frage der Kostenverteilung zwischen Vormieter und Nachmieter durch die HeizkostenV nicht geregelt wird. Es sind sogar Fälle denkbar, in denen eine Zwischenablesung geradezu verfehlt wäre. Erfolgt beispielsweise der Auszug des Vormieters wenige Monate nach Beginn der Abrechnungsperiode in den Sommermonaten, so ist wegen der Kaltverdunstungsvorgabe und der geringen Wärmeabnahme kein sinnvolles Meßergebnis zu erzielen.
Aber auch in anderen Fällen führt eine Verteilung der Heizkosten unter Anwendung der Gradtagszahlenmethode zu hinreichend genauen Ergebnissen. Bei dieser Methode wird den einzelnen Monaten eines Jahres ein jeweiliger Wärmeverbrauchsanteil zugeordnet. Die Wärmeverbrauchsanteile werden aus Gradtagszahlen abgeleitet, wobei die Gradtagszahl für die Heizperiode die Summe der Differenzen zwischen der mittleren Raumtemperatur von 20 Grad C und den Tagesmitteln der Außenlufttemperatur über die betreffenden Heiztage darstellt. Richtig ist zwar, daß das Heizverhalten der jeweiligen Mieter nicht in allen Einzelheiten erfaßt wird. Dieser Umstand kann allerdings vernachlässigt werden. Zum einen ist zu vermuten, daß sich die Heizgewohnheiten der einzelnen Mieter nicht allzu sehr unterscheiden; zum anderen ist zu bedenken, daß die Verbrauchserfassung nach dem Verdunstungsprinzip ein Meßhilfsverfahren ist, durch das lediglich die relative Verteilung des Wärmeverbrauchs dargestellt werden kann, so daß die von den Mietern benötigte Wärmemenge nicht physikalisch genau gemessen wird. Wenn das LG Hamburg in diesem Zusammenhang feststellt, daß die Ungenauigkeit dieses Systems modernen Meßmethoden ebenso hinterherhinke wie eine Sonnenuhr einer Quarzuhr (vgl. LG Hamburg DWW 83, 203 und DWW 84, 169 (= WM 1984, 136)), so ist diese Kritik möglicherweise überzogen (OLG Köln DWW 86, 147); dennoch können an die Genauigkeit der Kostenverteilung keine übertriebenen Anforderungen gestellt werden.
Bei dieser Sachlage muß es dem Vermieter freistehen, ob er sich für das kostengünstige Schätzverfahren nach der Gradtagszahlmethode oder für die kostenintensivere Zwischenablesung entscheidet (wie hier: LG Bonn WM 88, 172; AG Schöneberg GE 88, 635; AG Wuppertal DWW 86, 20; AG Hamburg NJW 86, 1021 (Fundstellenangabe fehlerhaft, Red.); AG Neuss und LG Düsseldorf DWW 87, 298; AG Coesfeld DWW 87, 238).
Die Ziele der HeizkostenV werden durch die Schätzung nach der Gradtagszahlmethode nicht tangiert. Hinter der HeizkostenV steht die Erwägung, daß die verbrauchsabhängige Abrechnung zu einer Verhaltensänderung der Wohnungsnutzer führe und daß hierdurch im allgemein wirtschaftlichen Interesse einer kostengünstigen Energieversorgung ein beachtliches Maß an Energieeinsparung erzielt werden könne (vgl. Peruzzo, Heizkostenabrechnung nach Verbrauch, 3. Aufl. - Einleitung). Ob die relativ wenigen Fälle des Wohnungswechsels nach der Gradtagszahlmethode oder durch Zwischenablesung abgerechnet werden, ist im Hinblick auf die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen der HeizkostenV ohne Belang. Davon abgesehen kann nicht davon ausgegangen werden, daß ein Mieter nur deshalb verschwenderisch heizt, weil er weiß, daß sein Nachfolger einen Teil seiner Heizkosten mitzutragen hat.
Fundstellen