Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietvertragsrecht: Nachforderung aus einer Betriebskostenabrechnung bei nicht spezifizierten Betriebskostenarten im Mietvertrag einer preisgebundenen Neubauwohnung
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
1. Soweit in dem Mietvertrag über die preisgebundene Neubauwohnung die einzelnen Betriebskostenarten und die jeweils auf diese entfallenden Vorauszahlungen nicht spezifiziert worden sind, ist eine Nachforderung aus der Betriebskostenabrechnung ausgeschlossen, solange der Vermieter keine Erhöhungserklärung abgegeben hat.
(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
2. Zitierung: Abgrenzung OLG Stuttgart, 1992-08-10, 8 REMiet 6/91, WuM 1992, 272.
Gründe
1. Gegenstand der Klage sind restliche Betriebskosten für den Betrieb des Personenaufzuges, für Sachversicherungen, für die Gartenpflege, für die Gehwegreinigung und Hofreinigung, für die Antennenanlagen, für die Hausreinigung, für den Hauswart und für die Grundsteuer betreffend die Jahre 1987 bis 1990 in Höhe von insgesamt 2.473,03 DM. Hiervon bringt die Klägerin ein der Beklagten zustehendes Guthaben von 578,30 DM in Abzug; den Rest in Höhe von 1.894,73 DM macht sie mit der Klage geltend.
a) Der Anspruch der Klägerin ergibt sich dem Grunde nach aus § 3 Abs. 3 und Abs. 6 des Mietvertrages v. 16.11.1987. Danach hat die Beklagte die Betriebskosten i.S. der Anlage 3 zu § 27 der II. BV zu tragen. Die Vorauszahlungen auf die Betriebskosten sind in § 3 Abs. 3 des Mietvertrages wie folgt festgelegt:
(1) Für Wasser, Abwasser, Müllabfuhr und Allgemeinstrom DM 66,65.
(2) Für Zentralheizung und Warmwasser DM 111,65.
(3) Für die sonstigen unter den Ziff. (1) und (2) nicht erfaßten Betriebskosten i.S. der Anlage 3 zu § 27 II. BV DM 19,65. Dies entspricht einem qm-Betrag von 0,25 DM.
Insgesamt sind nach dem Mietvertrag also 197,95 DM an Vorauszahlungen zu leisten.
b) Zwischen den Parteien ist unstreitig, daß die für die Gruppe (3) veranschlagte Vorauszahlung bei weitem nicht ausreicht. Die Beklagte macht in diesem Zusammenhang geltend, sie habe darauf vertraut, daß der Vorauszahlungsbetrag zur Deckung der Betriebskosten ausreiche. Deshalb sei die Klägerin an der Nachforderung weiterer Beträge gehindert.
2. Diese Ansicht hält die Kammer nur bezüglich der Betriebskosten für 1987 und 1988, nicht dagegen bezüglich der Kosten für 1989 für zutreffend. Die Betriebskosten für 1990 sind nicht Gegenstand des Grund-Urteils.
a) Bei den vermieteten Räumlichkeiten handelt es sich um eine öffentlich geförderte Wohnung. Bei diesen Wohnungen können die Betriebskosten i.S. von § 27 II. BV auf den Mieter umgelegt werden (§ 20 Abs. 1 NMV). Nach § 20 Abs. 1 S. 3 NMV sind die Betriebskosten "nach Art und Höhe dem Mieter bei Überlassung der Wohnung bekanntzugeben".
b) In dem vorliegenden Fall sind unter der Bezeichnung "allgemeine Betriebskosten" (s. oben 1 a) Ziff. (3) insgesamt 14 Kostengruppen zusammengefaßt; hierfür ist eine zu erwartende Belastung von 19,65 DM pro Monat ausgewiesen. Diese Form der Bekanntgabe genügt den Anforderungen des § 20 Abs. 1 S. 3 NMV nicht. Diese Vorschrift setzt nämlich voraus, daß für jede einzelne Betriebskostenposition die zu erwartende Belastung ersichtlich ist (Sternel, Mietrecht, III 380). Die genannte Vorschrift ist als Ausprägung des in § 8 Abs. 4 WoBindG enthaltenen Grundsatzes anzusehen, wonach der Vermieter Auskunft über die Ermittlung und Zusammensetzung der Miete zu geben hat. Zu der Miete gehören auch die Umlagen nach § 20 NMV, die nach der durch § 27 II. BV vorgegebenen Gliederung darzulegen sind. Auf diese Weise soll der Mieter eine Information über die Zusammensetzung der Betriebskosten erhalten. Eine solche Information ist gerade für den Mieter einer öffentlich geförderten Wohnung nützlich, weil diese Personengruppe oft in beengten finanziellen Verhältnissen lebt. Deshalb muß sich der Mieter einer Sozialwohnung durchaus überlegen, ob er sich eine Wohnung mit Aufzug, Breitbandkabelanschluß, Hausmeister-, Hausreinigung- und Gartenpflegediensten leisten kann. Eine solche Entscheidung kann der Mieter nur treffen, wenn er weiß, über welche Komforteinrichtungen das Haus verfügt, welche Serviceleistungen erbracht werden und welche Kosten hierdurch im einzelnen entstehen. Gerade der hier vorliegende Fall zeigt deutlich, daß diese Form der Bekanntmachung der Betriebskostenbelastung von wesentlicher Bedeutung sein kann: Die Beklagte hat eine 78,57 qm große Wohnung. Die Betriebskosten für den Aufzug betragen alleine 597,38 DM pro Jahr oder 49,78 DM pro Monat. Solche Beträge sind für einen Sozialmieter keine Kleinigkeit. Deshalb hat er ein berechtigtes Interesse vor Vertragsabschluß zu erfahren, welche Belastung durch eine solche Einrichtung entsteht.
Für den Vermieter ist eine Auskunft über die Zusammensetzung der Betriebskosten im allgemeinen ohne weiteres zumutbar, weil ihm die entsprechenden Kenntnisse aufgrund der vorangegangenen Abrechnungen zur Verfügung stehen. Bei einer Erstvermietung kann der Verm...