Verfahrensgang
AG Frankenberg (Eder) (Entscheidung vom 10.10.2010; Aktenzeichen 41 IIB 482/09) |
Tenor
Der Beschluss des Amtsgerichts Frankenberg (Eder) vom 10.10.2010 - Az. 41 IIB 482/09 und 41 IIB 483/09 - wird abgeändert.
Auf die Erinnerung des Antragstellers vom 26.02.2010 wird der Beschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Amtsgerichts Frankenberg (Eder) vom 23.02.2010 - Az. 41 IIB 482/09 und 41 IIB 483/09 - abgeändert und wie folgt neugefasst:
Die dem Antragsteller aus der Landeskasse zu gewährende anwaltliche Vergütung wird auf insgesamt 199,92 EUR (99,96 EUR + 99,96 EUR) festgesetzt.
Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei; außergerichtliche. Kosten werden nicht erstattet.
Die weitere Beschwerde wird zugelassen.
Gründe
I.
Die weiteren Beteiligten streiten um die dem Antragsteller zustehende Vergütung für seine anwaltliche Tätigkeit in einem Beratungshilfeverfahren.
Das Amtsgericht Frankenberg (Eder) hatte dem Rechtsuchenden mit Beschluss vom 29.09.2009 - Az. 41 IIB 482/09 - für die Angelegenheit "Unterhaltsfragen" und mit Beschluss vom selben Tag - Az. 41 IIB 483/09 - für die Angelegenheit "Familienrechtliche Angelegenheit (Umgangsrecht)" nachträglich Beratungshilfe bewilligt. Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat für beide Angelegenheiten die zu erstattende Vergütung auf einmalig 99,96 EUR festgesetzt, da nur eine - beide Komplexe umfassende - Angelegenheit im gebührenrechtlichen Sinne vorliege.
Die hiergegen von dem Antragsteller erhobene Erinnerung hat das Amtsgericht mit Beschluss vom 10.10.2010 zurückgewiesen.
Gegen den am 13.10.2010 zugestellten Beschluss richtet sich die am 13.10.2010 eingegangene Beschwerde des Antragstellers. Das Amtsgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
Der weitere Beteiligte zu 2) hat unter dem 18.05.2011 zu der Beschwerde Stellung genommen.
II.
1.
Die Beschwerde ist gemäß §§ 56 Abs. 2 S. 1, 33 Abs. 3 RVG zulässig, da sie in dem angefochtenen Beschluss zugelassen und fristgerecht eingelegt worden ist.
Das Landgericht Marburg ist - auch nach der ab dem 01.09.2009 geltenden Neufassung des § 119 Abs. 1 Nr. 1 lit. b GVG (vgl. OLG Köln MDR 2011, 258 m.w.N.) - in Kostenfestsetzungssachen der Beratungshilfe als Beschwerdegericht zuständig. Über eine Erinnerung gegen die Festsetzung von Beratungshilfegebühren hat das allgemein zuständige Amtsgericht nach § 4 Abs. 1 BerhG zu entscheiden und über eine gegen die Erinnerungsentscheidung eingelegte Beschwerde gemäß § 72 GVG das Landgericht als nächst höhere Instanz (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 713).
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache hat der nach § 33 Abs. 8 S. 1 RVG zunächst zur Entscheidung über die Beschwerde berufene Einzelrichter mit Beschluss vom 08.08.2011 das Verfahren der Kammer übertragen (§ 33 Abs. 8 S. 2 RVG).
2.
In der Sache hat die Beschwerde ebenfalls Erfolg.
Den Antragstellern steht eine weitere Vergütung aus der Staatskasse zu, weil sie im Rahmen der Beratungshilfe in insgesamt zwei Angelegenheiten für den Rechtsuchenden tätig geworden sind.
Der Anspruch ergibt sich aus § 44 Abs. 1 S. 1 RVG i.V.m. Nr. 2500 bis 2508 VV-RVG.
Ein Rechtsanwalt, der im Rahmen der Beratungshilfe tätig wird, erhält gemäß § 44 Abs. 1 S. 1 RVG eine Vergütung aus der Staatskasse. Die Höhe der Beratungsvergütung bestimmt sich nach Nr. 2500 bis 2508 VV-RVG. Die Gebühren sind Festgebühren. Das bedeutet, dass es neben der Erfüllung des Gebührentatbestandes auf den Umfang und die Schwierigkeit oder die Höhe des Gegenstandswerts nicht ankommt. Besteht die Tätigkeit des Anwalts ausschließlich in der Beratung, entsteht eine pauschale Beratungsgebühr in Höhe von 30,00 EUR. Wird der Anwalt über die reine Beratung hinaus tätig, beträgt die Gebühr gemäß Nr. 2503 VV-RVG 70,00 EUR. Der zu vergütende Beratungsumfang ergibt sich aus dem Beratungsschein, in dem die Angelegenheit genau zu bezeichnen ist (§ 6 Abs. 1 BerhG). Der Rechtsanwalt erhält die Festgebühr für jede Angelegenheit einmal, ohne dass im Beratungshilfegesetz näher geregelt ist, wie weit dieser Begriff zu fassen ist. Insbesondere hinsichtlich Trennungs- und Scheidungsfolgesachen ist die Grenzziehung umstritten.
Zum Teil wird vertreten, dass der bei Trennung und Scheidung auftretende Beratungs- und Regelungsbedarf in verschiedenen Bereichen gebührenrechtlich lediglich als eine einzige Angelegenheit zu bewerten sei, weil es sich um einen einheitlichen Lebensvorgang handele, welcher die hieraus resultierenden Gegenstände, zu denen eine Regelung bzw. Beratung erforderlich ist, zu einer Angelegenheit verbindet (vgl. OLG München MDR 1988, 330; OLG Nürnberg FamRZ 2005, 740 ff.).
Die gegenteilige Auffassung nimmt prinzipiell für jeden Beratungsgegenstand, welcher im Zusammenhang mit einer Scheidung oder der Trennung steht, gebührenrechtlich eine gesonderte Angelegenheit an und erkennt jeweils gesonderte Gebühren für erteilte Beratungshilfe an (vgl. OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 1244; OLG Düsseldorf FamRZ 2009, 713; OLG Frankfurt FamRZ 2010, 230; OLG Frankfurt AGS 2010, 192; OLG Dresden NJW-RR 2011...