Entscheidungsstichwort (Thema)
Mietverhältnis: Schadensersatzanspruch des Vermieters nach fristloser Kündigung wegen Zahlungsverzug
Orientierungssatz
(aus Wohnungswirtschaft und Mietrecht WuM)
1. Kündigt der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzuges gemäß BGB § 554 fristlos und zieht der Mieter aus, kann der Vermieter für die Zeit nach Auszug des Mieters den vertraglich vereinbarten Mietzins nicht als Schadensersatz verlangen.
(von der Dokumentationsstelle des Bundesgerichtshofes)
2. Zitierungen: Entgegen RG, 1911-06-13, III 272/10, RGZ 76, 367 und BGH, 1984-04-04, VIII ZR 313/82, NJW 1984, 2687.
Tatbestand
(aus Wohnungswirtschaft & Mietrecht WuM)
Der Kläger macht Mietzinsansprüche und Schadensersatzansprüche sowie Renovierungskosten aus einem Gewerberaummietverhältnis in Höhe von 26.320,81 DM geltend.
Am 27.5.1992 schlossen die Parteien einen schriftlichen Mietvertrag über die Geschäftsräume im Erdgeschoß des Hauses. Der Beklagte betrieb dort vertragsgemäß ein Kopiercenter. Der monatliche Mietzins wurde mit 2 850,- DM (Nettomiete 2 500,- DM + 15% Mehrwertsteuer) vereinbart. Das Mietverhältnis war gemäß § 2 des Mietvertrages ab Beginn, dem 1.7.1992, befristet auf fünf Jahre bis zum 30.6.1997.
Im Jahre 1993 traten vermehrt Unregelmäßigkeiten bei den Mietzinszahlungen auf. Nachdem der Beklagte die Zahlung für September und Oktober 1993 nicht leistete, erklärte der Kläger durch seine Prozeßbevollmächtigten mit Schreiben v. 7.10.1993 die fristlose Kündigung zum 15.10.1993. Der Beklagte zog zum 15.10.1993 mit dem von ihm betriebenen Kopierladen aus den Mieträumlichkeiten aus.
Neben Schadensersatz wegen Beschädigung der Mieträume und Renovierungskosten sowie Anwaltsgebühren wegen der fristlosen Kündigung und rückständigen Nebenkosten beansprucht der Kläger vom Beklagten Nutzungsentschädigung für die Zeit vom 15.10.1993 bis zum 30.4.1994 in Höhe von 6,5 Nettomieten, d.h. 16 250,- DM. Dazu behauptet er, es sei bis zu diesem Zeitpunkt eine Weitervermietung des Mietobjektes trotz intensiver Bemühungen nicht gelungen.
Für die Zeit von Mai bis Juli 1994 begehrt der Kläger 2 021,73 DM als Differenzschaden, der dadurch entstanden sei, daß er das Mietobjekt nur zu einem geringeren Mietzins habe weitervermieten können, als er die Räume zuvor an den Beklagten vermietet hatte. Es habe sich insofern kein Mieter gefunden. Er kündigt an, er werde diesen Differenzschaden auch in Zukunft bis zum Ablauf der vertraglich vereinbarten Mietzeit beanspruchen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet, soweit der Kläger vom Beklagten Nutzungsentschädigung für den Zeitraum vom 15.10.1993 bis zum 30.4.1994 in Höhe von 16 250,- DM sowie Schadensersatz in Höhe von 2.021,73 DM - die Differenz zwischen dem vom neuen Mieter und früher vom Beklagten gezahlten Mietzins - für die Monate Mai bis Juli 1994 begehrt. Zunächst ist festzustellen, daß es sich bei dem vom Kläger als Nutzungsentschädigung bezeichneten Begehren um die Geltendmachung eines Schadensersatzanspruchs wegen Leerstehens der Mieträume und nicht wegen Nutzung derselben durch den Beklagten nach Mietvertragsende handelt, denn der Beklagte ist am 15.10.1993 aus den Mieträumen ausgezogen.
Der Kläger hat das zwischen den Parteien bestehende Mietvertragsverhältnis durch die am 7.10.1993 ausgesprochene außerordentliche Kündigung zum 15.10.1993 gekündigt. Durch diese Kündigung ist das Vertragsverhältnis erloschen. Dem Vermieter verbleiben unbestritten die Schadensersatzansprüche, die er bei Vornahme der außerordentlichen Kündigung bereits erworben hatte, er kann aber nicht Ersatz desjenigen Schadens verlangen, der ihm durch die vorzeitige Kündigung selbst entsteht. Für einen Ersatzanspruch hinsichtlich des erst nach Beendigung des Vertragsverhältnisses entgangenen Mietzinses fehlt es an einer Anspruchsgrundlage. Der Vermieter hat bei Zahlungsverzug des Mieters die Möglichkeit, auf Erfüllung des Vertrages zu klagen oder den Vertrag zu kündigen. Kündigt er, verliert er den Anspruch auf Zahlung des Mietzinses. Er kann diesen nun nicht daneben als Schadensersatz wegen des ihn zur Kündigung berechtigenden Zahlungsverzuges vom Mieter verlangen. Dies würde eine vom Gesetz nicht vorgesehene Verdopplung der Rechte des Vermieters darstellen. Die außerordentliche Kündigung ist immer eine Sache des freien Willens des Vermieters. Wer aber den Vertrag aufgelöst wissen will, kann nicht auch die Herstellung der Lage verlangen, auf die er nur aufgrund des bestehenden Vertragsverhältnisses Anspruch haben würde.
Die Kammer tritt insofern der vom Reichsgericht begründeten herrschenden Meinung entgegen, zu der es bei Palandt/Putzo (54. Aufl., § 554 Rz. 4) heißt, der Schadensersatzanspruch folge "wohl aus pVV", es folgt der Hinweis auf u.a. BGH NJW 1984, 2687 und OLG Frankfurt ZMR 1993, 64 (= WM 1992, 436) (allg. M.).
Das OLG Frankfurt hat in ZMR 1993, 64, 65 (= WM 1992, 436) zur Begründung des Schadensersatzanspruchs allein auf BGH a.a.O. und Bub/Treier Kap. III, Rn. 1163, verwiesen.
Bei Bub/Treier/v.Martius, 2...