Entscheidungsstichwort (Thema)

Verstoß gegen die Abgabenordnung

 

Verfahrensgang

AG Meiningen (Beschluss vom 30.04.2003; Aktenzeichen Gs 226/03)

 

Nachgehend

BVerfG (Beschluss vom 15.12.2005; Aktenzeichen 2 BvR 372/05)

 

Tenor

Die Beschwerde gegen den Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschluss des Amtsgerichts Meiningen vom 30.04.2003 (Az.: Gs 226/03) wird kostenpflichtig als unbegründet

verworfen.

 

Tatbestand

I.

Gegen den Beschuldigten … wird ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Hinterziehung von Einkommenssteuer für die Jahre 1995 bis 1999 bzw. 2000 geführt. Aufgrund des Durchsuchungsbeschlusses des Amtsgerichts Meiningen vom 30.04.2003 wurde am 09.07.2003 die Wohnung des Beschuldigten in der … in … sowie sein Arbeitsplatz am … in … durchsucht.

Mit Schreiben seines Verteidigers vom 21.07.2003 legte der Beschuldigte gegen den Beschluss des Amtsgerichts Meiningen Beschwerde ein. Zugleich beantragte er die Vollziehung des Beschlusses gemäß § 307 Abs. 2 StPO auszusetzen. Zur Begründung lässt er ausführen, dass sich der Antrag nach § 307 Abs. 2 StPO rechtfertige, da ein öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung der Beschlagnahme nicht bestehe, da die Akten bis zur endgültigen Entscheidung über die Beschwerde ohnehin im Gewahrsam der Steuerfahndung bleiben. Zudem sei eine Zuständigkeit der Steuerfahndung Stuttgart II zum Betreiben der Ermittlungen zu keinem Zeitpunkt gegeben gewesen. Vielmehr habe diese ohne jegliche Zuständigkeit nach Verdachtsmomenten gesucht. Die außerhalb der Zuständigkeit getroffenen Feststellungen der Steuerfahndung Stuttgart II seien daher durch § 288 AO nicht gedeckt. Die Unzuständigkeit ziehe sogleich eine Verletzung des Steuergeheimnisses nach § 30 AO nach sich. Der Beschuldigte führt weiter aus, dass die Angaben in dem Durchsuchungsbeschluss unrichtig seien. Es handele sich nicht um mehrere Darlehen in Höhe von insgesamt 280.000,00 DM. Tatsächlich sei lediglich ein Darlehen in Höhe von 200.000,00 DM von der Mutter des Beschuldigten an diesen gewährt worden. Zudem habe eine ausreichende Aufklärung des Sachverhaltes vor dem Erlass des Durchsuchungsbefehls nicht stattgefunden. Wäre dies geschehen, so hätte sich herausgestellt, dass die Mutter des Beschuldigten seit ca. 20 Jahren außerordentliche Einnahmen gehabt habe, die zu entsprechenden Ersparnissen geführt hätten. Der Beschuldige ist daher der Ansicht, dass der Durchsuchungsantrag unter dem Vorwand steuerlicher Ermittlungen lediglich der Ausforschung eines anderen Sachverhaltes diene. Insoweit sei gegen ihn zuvor ein Ermittlungsverfahren im Fall …/… geführt worden, bei dem den Beschuldigten vorgeworfen worden sei, den Fiskus mit 20 Millionen DM geschädigt zu haben. Dieses Verfahren sei zwischenzeitlich jedoch aus Rechtsgründen eingestellt worden. Das hiesige Ermittlungsverfahren diene daher ausschließlich dem Ziel, angeblich an den Beschuldigten gezahlte Bestechungsgelder aufzuspüren. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Verteidigung vom 21.07.2003, 16.07.2003 und 09.12.2003 Bezug genommen.

Mit Beschluss vom 07.10.2004 hat das Amtsgericht Meiningen der Beschwerde nicht abgeholfen und das Verfahren dem Landgericht Meiningen zur Entscheidung vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Die zulässige Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg.

Der Beschluss des Amtsgerichts Meiningen über die Durchsuchung und Beschlagnahme entspricht den gesetzlichen Anforderungen der §§ 102,105, 98, 94 StPO. Insbesondere bezeichnet der Beschluss die Straftat, deren Begehung Anlass zur Durchsuchung gab, den Zweck und das Ziel der Auffindung von Beweismitteln sowie das Ausmaß der Durchsuchung selbst.

Zum notwendigen Inhalt der Durchsuchungsanordnung gehören nach der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung Angaben über die Beweismittel, denen die Durchsuchung gilt, sowie die möglichst genaue Bezeichnung der zu durchsuchenden Räume. Durch die Bezeichnung der Beweismittel soll verhindert werden, dass sich die Maßnahme auf Gegenstände erstreckt, die vom Durchsuchungsbeschluss nicht erfaßt werden und es soll eine weitere Schutzwirkung zu Gunsten der Grundrechte des Betroffenen erreicht werden. Bereits aus dem Ermittlungscharakter eines Durchsuchungsbefehls ergibt sich jedoch, dass eine genaue Bezeichnung der Beweismittel im voraus häufig nicht möglich sein wird. Insoweit ist es ausreichend, wenn die erwarteten Beweismittel annäherungsweise – gegebenenfalls in Form beispielhafter Angaben – beschrieben werden. Diesem Erfordernis kommt der Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Meiningen ausreichend nach. Der Beschluss hat die Beweisgegenstände der Gattung nach näher bezeichnet und durch beispielhafte Aufzählung ausreichend konkretisiert.

Es lag auch der gemäß § 102 StPO erforderliche Anfangsverdacht hinsichtlich der dem Beschuldigten vorgeworfenen Straftat vor. Bei der Durchsuchung aufgrund des § 102 StPO genügt es, wenn aufgrund kriminalistischer Erfahrung die Vermutung besteht, dass eine Straftat begangen worden ist und der Verdächtig...

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