Leitsatz (amtlich)
Zu den Anforderungen an eine ordnungsgemäße Begründung einer Durchsuchungsanordnung.
Verfahrensgang
AG Mönchengladbach (Entscheidung vom 18.01.2012; Aktenzeichen 58 Gs 41/12) |
Tenor
Auf die Beschwerde vom 29.05.2012 wird der Beschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 18.01.2012, Az. 58 Gs 41/12, aufgehoben.
Zugleich wird festgestellt, dass die Durchsuchungsmaßnahme, die am 25.04.2012 in der Zeit von 09.05 Uhr bis 10.45 Uhr in der unter der Anschrift 1, gelegenen Wohnung der Beschwerdeführerin durchgeführt worden ist, rechtswidrig war.
Eine Entscheidung der Beschwerdekammer über den weitergehenden Antrag der Beschwerdeführerin vom 17.08.2012, die bei der vorgenannten Durchsuchungsmaßnahme sichergestellten Gegenstände herauszugeben, ist derzeit nicht veranlasst.
Gründe
Die Beschwerde vom 29.05.2012 gegen den Durchsuchungsbeschluss des Amtsgerichts Mönchengladbach vom 18.01.2012, Az. 58 Gs 41/12, ist zulässig und begründet. Die im Tenor bezeichnete Durchsuchungsmaßnahme war rechtswidrig.
Nach Ansicht der Kammer war am 18.01.2012 kein Anfangsverdacht gegen die Beschwerdeführerin gegeben, der den Erlass einer auf §§ 102, 105 StPO gestützten Durchsuchungsanordnung hätte rechtfertigen können.
Notwendiger und grundsätzlich auch hinreichender Anlass für eine Durchsuchung nach § 102 StPO ist der Verdacht, dass der betroffene Wohnungsinhaber eine Straftat begangen hat. Dieser Verdacht muss auf konkreten Tatsachen beruhen (vgl. BVerfG, NJVV 2005, 1707). Vage Anhaltspunkte oder bloße Vermutungen allein reichen dagegen nicht aus, um den mit jeder Wohnungsdurchsuchung nach § 102 StPO verbundenen Eingriff in die durch Art. 13 GG verbürgten Rechte des betroffenen Wohnungsinhabers zu rechtfertigen (vgl. BVerfG, NJVV 2005, 1707; NJW 2006, 976, 982; NStZ-RR 2008, 176; NJVV 2011, 291; NJVV 2011, 2275).
Nach Aktenlage waren am 18.01.2012 keine Verdachtsgründe gegen die Beschwerdeführerin gegeben, die diesen Anforderungen gerecht werden und so die angefochtene Durchsuchungsanordnung rechtfertigen konnten.
Der angefochtene Beschluss stützt sich auf die Annahme, die Beschwerdeführerin sei verdächtig, eine Straftat nach § 266 a StGB begangen zu haben. Konkret bestand nach Ansicht des Amtsgerichts Mönchengladbach am 18.01.2012 der Anfangsverdacht, dass die Beschwerdeführerin den ihr unterstellten, für die X. GmbH tätigen Arbeitnehmern über einen längeren Zeitraum hinweg lediglich einen Lohn ausgezahlt habe, dessen Höhe den seit dem 01.05.2008 für allgemeinverbindlich erklärten Tarifvertrag für das Friseurhandwerk NRW unterschritten habe, und dass die X-GmbH hierdurch zumindest bedingt vorsätzlich Sozialversicherungsbeiträge eingespart habe, die bei korrekter Entlohnung für die betroffenen Arbeitnehmer abzuführen gewesen wären.
Aufgrund welcher Verdachtsgründe genau es zu dieser Annahme gelangt ist, hat das Amtsgericht Mönchengladbach in dem angefochtenen Beschluss nicht konkretisiert. Insoweit hat es vielmehr ganz allgemein auf die bisherigen Ermittlungen verwiesen, welche die Staatsanwaltschaft Bielefeld unter dem geführt habe.
Dies stellt einen Begründungsmangel dar. Denn auch die konkreten Indiztatsachen, die den Verdacht gegen den betroffenen Wohnungsinhaber tragen sollen, sind im Hinblick auf § 34 StPO in aller Regel im Durchsuchungsbeschluss zu benennen (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 142, 143). Nur hierdurch wird dem Betroffenen nämlich eine sachgerechte, umfassende Prüfung ermöglicht, ob der Beschluss rechtmäßig ergangen ist (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 142, 143). Die Angabe der wesentlichen Verdachtsmomente darf daher nur dann unterbleiben, wenn die Bekanntgabe den Untersuchungszweck gefährden würde und so den Zwecken der Strafverfolgung abträglich wäre (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 142, 143). Ein solcher Ausnahmefall ist hier nicht gegeben.
Dieser Begründungstriangel macht die angefochtene Durchsuchungsanordnung aber nicht per se rechtswidrig (vgl. BGH, NStZ-RR 2009, 142, 143) und ist hier im Ergebnis unschädlich. Die Kammer geht nämlich davon aus, dass das Amtsgericht Mönchengladbach die Voraussetzungen der §§ 102, 105 StPO trotz des gegebenen Begründungsmangels eigenständig geprüft hat. Die Mitteilung von Verdachtsgründen ist für einen Durchsuchungsbeschluss nicht i.S. von Art. 13 GG konstitutiv und kann deshalb auch durch das Beschwerdegericht nachgeholt werden (vgl. BVerfG, NStZ 2004, 160). Etwas anderes gilt nur in dem - hier nicht gegebenen - Ausnahmefall, dass die Benennung der bestehenden Verdachtsgründe zur Begrenzung der richterlichen Durchsuchungsgestattung erforderlich ist (vgl. BVerfG, NStZ 2004, 160).
Entscheidend und schädlich ist hier aber, dass sich zureichende Verdachtsgründe gegen die Beschwerdeführerin auch nicht aus dem bisherigen Ermittlungsergebnis ableiten lassen, soweit dieses in der vorliegenden Ermittlungsakte dokumentiert ist. Dass dem Amtsgericht Mönchengladbach bis zum 18.01.2012 Verdachtsgründe gegen die Beschwerdeführerin bekannt geworden wären, die sich in der vorliegenden Ermittlungsakte nicht w...